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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 02.12.1903
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- 1903-12-02
- Erscheinungsdatum
- 02.12.1903
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- Deutsch
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279, 2. Dezember 1903. Nichtamtlicher Teil. 9977 Anthoni Koberger in Nürnberg, der Matador der Drucker-Verleger im In- und Auslande, gab 1504 den Druckereibetrieb auf, um sich noch mehr als vorher, selbst unter Verminderung seiner Verlagstätigkeit, auf den Sorti mentsbuchhandel im allergrößten Stile zu verlegen — ein besonders charakteristisches Beispiel für jene Zeit und das, was ihr not tat. Man redet von »16 offenen Cräm und Gewölber«, die er durch seine Faktoren in namhaften Städten der Christenheit habe verwalten lassen. Nach Hase hatte Koberger allerdings eine stehende Faktorei in Paris, die das größte Platzgeschäst bildete. Daneben diente ihm Lyon als Mittelpunkt für den Handel in Frankreich, wie für den Ver kehr mit den romanischen Ländern. Eine ähnliche Einrich tung hatte er in Ungarn mit der Bestimmung, als Operations basis zu dienen für den Handel im umliegenden Lande. Die übrigen »Cräm und Gewölber« mögen teilweise nur Hospitien gewesen sein, die vorübergehend von den umziehenden Dienern Kobergers zum Ausbreiten ihrer Vorräte benutzt wurden. Die direkten und regelmäßigen Geschäftsverbindungen erstrekten sich nach Hase im Westen bis Paris, im Osten bis Ungarn und wahrscheinlich auch nach Polen. Druckaufträge wurden nach Basel und dem von Deutschen stark umworbe nen Lyon vergeben. Venedig dlente zur Versorgung mit italienischer Literatur, für die Nürnberg der Hauptbezugsort wurde. Zwischen diesen Verkehrspunkten dehnte sich der deutsche Markt nach allen Richtungen aus, im Norden Lübeck, im Westen Köln, im Süden Solothurn, Villach, Bamberg, Frankfurt, Passau usw. Für all diese Länder und Städte finden sich Andeutungen eines geregelten Verkehrs, sei es in Form von festbegründeten Filialen, von wandernden Ver kaufslagern oder von Kommissionslagern in Händen von Privatleuten. So sehen wir Koberger gleichsam von einem Kranze von Filialen, stehenden und wandernden Verkaufslagern u. dergl. umgeben — als Prototyp des modernen deutschen Buchhandels. Der Mittelpunkt war sein Geschäftssitz Nürnberg. An der Frankfurter und Leip ziger Messe soll Koberger nur bescheidenen Anteil genommen haben. Die Annahme wird gestattet sein, daß den Kobergerschen Pfaden bald andre gefolgt sind, Sortimenter-Verleger oder Sortimentsbuchhändler, wie sie im Lauf der Zeit genannt wurden, obschon die Grundlage ihrer Tätigkeit der Ver lag bildete. Dieser Klaffe von Unternehmern war die Auf gabe Vorbehalten, das alte weite, politisch zersplitterte Reichsgebiet, ein prädestinierter Boden für die Organisation des Bücherverkehrs, mit einem Netz kleinerer Verkehrszentren zu überziehen, deren Bestimmung ebenfalls war, nicht bloß offene Buchläden zu bilden, sondern größere Landstriche direkt und durch den Zwischenhandel mit geistiger Nahrung zu versorgen oder sie erst dafür zu gewinnen. Die seßhaften Sortimentsbuchhandlungen hatten ihren gemeinsamen Stützpunkt an der Frankfurter und Leipziger Messe. Die Beziehungen unter sich wurden vornehmlich durch den Tauschhandel geregelt, der den Grundsatz mehr und mehr zur Geltung brachte: wer seinen eignen Verlag verwerten will, muß sich um den Verlag andrer, oder besser, um die Verbreitung der Literatur im allgemeinen kümmern. Ich bin in einem alten Tauschgeschäft, der Hallischen Waisenhausbuchhandlung, tätig gewesen, und nach den Ein drücken, die ich auf Grund allerdings sehr dürftiger und zer rissener Archioreste gewonnen habe, ist infolge des Dreißig jährigen Kriegs der Höhepunkt des Tauschhandels erst auf der Scheide des siebzehnten und achtzehnten Jahrhunderts zu suchen. Um jene Zeit war er keineswegs leicht zugänglich, auch beruhte er unverkennbar auf Kon ventionen. »Anfänglich zwar«, so berichtet der Stifter BliissiiblaU s»r den deutsche» Buchhandel. 70. Iahraana. des Waisenhauses, August Hermann Francke, 1704, »war man nicht imstande, andre Verlagsbücher gegen hiesige durchgeheuds einzuchangieren, sondern man mußte vieles um bar Geld erhandeln. Nunmehro aber sind alle Buchhändler in ganze Deutschland, welche changieren, gar willig, ihren Verlag herzugeben, welches nicht jedem Buchhändler widerführet. Auch haben bereits von etlichen Jahren her einige Buchhändler aus Holland gegen unfern Verlag zu changieren angefangen.« Die letztere Bemerkung deutet an, daß das Waisenhaus noch 1704 mit dem Auslande im Tauschverkehr stand. Kirchhofs (Beiträge ll, 63) setzt diesem Verkehr auf der Frank furter Messe, dem internationalen Sammelpunkt des europä ischen Buchhandels, da eine Grenze, wo die lateinische Sprache aufhörte, als Sprache der gelehrten Literatur zu dominieren, also im ersten Drittel des siebzehnten Jahrhunderts. Bei der sehr geringen Bekanntschaft der deutschen Sprache im Auslande habe nur noch Holland für den Tauschverkehr in Frage kommen können. Beim Waisenhause scheint die Sache anders zu liegen. Noch im Jahre 1794 wurde sein großes Tauschlager voll in- und ausländischer Bücherschätze öffent lich gerühmt. Von Elers, dem Gehilfen Frauckes beim Aus bau seiner literarischen Institute, heißt es: »Er benutzte die Verbindungen, die auch in fremden Ländern entstanden, um nicht bloß in Deutschland gedruckte Bücher zu erhalten.« Dies kann nur im Wege des Tauschens geschehen sein, da der Tauschhandel ganz allgemein weniger über flüssige Kapi talien, als über opulente Lager eigner Verlagsunterneh mungen zu verfügen hatte. Ich gehe auf solche Einzelheiten ein, weil hier der Scheidepunkt des deutschen und ausländischen Buchhandels liegt. Der Tauschhandel war eine deutsche Eigentümlichkeit, die weder in Frankreich und Italien, noch in Holland und England ernstlich Nachfolge gefunden hat. Eine prinzipielle Ablehnung war dies nicht, wofür obige Andeutungen über die Beteiligung des Auslands am Tauschhandel auf deutschem Boden sprechen. Um aber den Tauschhandel im eignen Land in Aufnahme zu bringen, dafür fehlten dem aus ländischen Buchhandel nicht bloß die organisatorischen Ein richtungen, sondern die notwendigen Voraussetzungen der selben, vor allem ein genügender, übers Land verbreiteter Stamm von Sortimenter-Verlegern. Gewiß hatte der Tauschhandel seine Gebrechen, aber die Vorzüge überwogen. Durch ihn wurden die Interessen des Verlags- und Sortimentsbuchhandels eng miteinander ver bunden und in ihrer Wechselwirkung der eine wie der andre immer weiter übers Land verbreitet; ein genossenschaft liches Band schlang sich allmählich um den deutschen Gesamt buchhandel, welches den Besuch der Frankfurter und Leipziger Messe, wichtige Glieder unsrer Einrichtungen, fortgesetzt steigerte, und damit kam schon im sechzehnten Jahrhundert eine Organisation zustande, der andre Länder, mochten sie durch das Aufblühen und die hervorragenden Leistungen einzelner ihrer Verlagsorte noch so sehr glänzen, nichts Ähn liches an die Seite zu stellen hatten. Zeugnis dessen ist das 1564 beginnende Erscheinen des Meßkatalogs: der direkte Ausfluß der Organisation, da mit den Meßkatalogen der Kern der neuen Erscheinungen in den ansehnlichern Städten einging, um vor den harrenden Literaturfreunden ausgebreitet und auch den kleinern Ortschaften zugänglich gemacht zu werden. Bensen, Doktor der Rechte und der Philosophie, schrieb um 1795 in einer Abhandlung: »lieber den gegenwärtigen Zustand des teutschen Buchhandels«: »Es war ein trefflicher Gedanke, den Tauschhandel einzuführen . . . Durch ihn erhielt der teutsche Buchhandel den Umfang, der ihn in dieser Rücksicht sicher zu dem einzigen in der Welt macht.« 1321
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