„4L 57, März 1907. Fertige Bücher. Börsenblatt f, d, Dtschn. Buchhandel. 2655 Verlag Bruno Cassirer in Berlin VV. 35 Meine Ankündigung des Romans von Robert Walser, Geschwister Tanner besagte hoffnungsvoll, „das Talent Robert Walsers trage den Charaker nicht des Vortrefflichen, sondern des Außerordentlichen. Sein erstes größeres Werk enthülle eine Begabung, deren Grenze unabsehbar sei." Der „Berner Bund", dessen ausführliche Kritik ich dem Buchhandel in einem Prospekt zugängig machte, erkannte sofort die Bedeutung des Buches, das er eine „dichterische Offenbarung" nannte. Nun schreibt Paul Wertheimer in der Neuen Freien Presse: „Dieser stille Roman war mir zunächst dadurch wert, daß er nirgends überrumpelt, erregt, erhitzt; er hielt mich in ruhiger, gleichsam schwebender und heiterer Stimmung fest. Die Geschichte der „Geschwister Tanner" ist ein junges Buch, und eS blüht darin viel edle Jugend. Der schlichte, schöne Roman gehört gewiß seinem ganzen sinnvolle» Geiste nach zu den wenige» wirklich deutschen Büchern dieser letzten, kaum fruchtreiche» Jahre. Sagen wir eS mit einem Wort: dieses Werk verkündigt einen wahrhaften, des AufmerkenS werten Dichter von Traumes Gnaden. Es ist nicht bloß ein deutsches Buch, weil darin, wie auf Bildern Thomas, unsere ganze Landschaft, Wald und Wiese und Quell heimlich lebt, sondern weil hier wieder einmal die bildkräftige Sprache unserer Meister tönt." Neue Rundschau: „Es umfängt uns Morgenlicht, kühne .Herzlichkeit und ein Frohlocken voll tiefer, alle Elemente begierig trinkender Atemzüge in der suchenden Iugendgeschichte Simon Tanners, die der Schweizer Robert Walser erzählt. Gute Ahnen hat sie, Simplizius, den Eichendorffschen Taugenichts, den grünen Heinrich. Nicht als literarische Deszendenz ist das gemeint, sondern im Sinne blutsverwandter Wiederkunft. Dies Buch, in seiner Führung von der Naivität des Märchens, — „mit süßen Frauenbildern, wie die bittere Erde sie nicht trägt" ist voll Nasse, Natur und „innerer Figur". Alle Sinne werden aufgeta», und die Erde wird für den Wanderer täglich in Staunen neu geboren." Vossische Zeitung: „In diesem Büchlein atmet ein junges Weltgefühl, horchend, wartend, träumend, eine primitive, recht welt liche Religion, die da verkündet Liebe zum Leben, inniges hangen an der Erde, Freude am Moment und glückliche Verantwortungslosigkeit. Das Versprechende an dem Buch ist seine eigene Musik, der wellige Lyrismus einer klugen graziöse» Schwärmerei, das Fruchtbare ist die innere Fülle, die sprudelnde Ein- bildungskraft, das drängende Weltgefühl, das sich austönt, bevor es sich — vielleicht — zum Gestalten und Bilden beruhigt. Die Seelen sind hier dem Körper noch nicht verhaftet, sie verkehren schlimmstenfalls auch ohne seine schwerfällige Begleitung und schwingen sich in die höh', juchhe! Und so herrscht die Sprache auch noch, statt zu dienen, vergnügt mit allen leichten, glänzenden Worten, die wie Sonnenstäubchen aufschweben." Das mit einem farbigen Umschlag von Karl Walser geschmückte Buch kostet M. 4.50 ord., M. 3.35 netto, M. 3.15 bar. — Gebunden M. 6.— ord., in Leder gebunden M. 9.— ord. Berlin W. 35 Bruno Cassirer, Verlag 349»