662 Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. /V 13, 17- Januar 1908. erinnere, meine Herren (Heiterkeit), als ich noch Referendar war, so muß ich Ihnen ganz offen gestehen: wenn im Sommer einmal schöne Tage kamen und gute Freunde sich einfanden, — ich märe der Versuchung vielleicht erlegen, hätte ich Gehalt bezogen und außerdem für diese Zeit noch eine Zulage obendrein bekommen. (Heiterkeit.) Also, meine Herren, nehmen wir diese Dinge nicht Folge der menschlichen Verhältnisse, die sich überall einstellen, die unter Umständen schwer den einzelnen Geschäftsinhaber treffen können, die man doch als eine Warnung berücksichtigen muß bei der Gehilfe im Falle eines Fortbleibens aus dem Geschäft an Bezügen erhalten soll. Aus allen diesen Erwägungen heraus, meine Herren, sind die die Existenz dieser wichtigen Klasse unseres Erwerbslebens nach außen hin möglichst festigt, und die ihnen nach dem G schäfts- innern hin gegenüber dem Prinzipal auch Sicherheit gegen haben. Die jetzige Stellungnahme der verbündeten Negierungen ist danach um so weniger verständlich. Es handelt sich um nichts mehr und nichts weniger als die Entziehung einer vor einem Jahrz hnt nach grundsätzlicher Prüfung gewährten gesetzlichen Wohltat. Durch die gcringsügige Verbesserung bezüglich des Ab satzes 1 können wir uns nicht veranlaßt sehen, dem zuzustimmen; auch die Handlungsgehilfen werden die Fortdauer des jetzigen Zustandis vorziehen, weil er doch über kurz und lang total un haltbar werden muß. Die Motive des Entwurfs geben allerdings zu, daß die bisherige Regelung sachlich nicht befriedigt; der frühere soziale Fortschritt soll jetzt aber rückwärts gemacht werden. Wo bleibt da der Grundsatz vom Schutze des wirt weis auf § 616 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, zu dem § 63 langten Fassung in noch verschärften Widerspruch treten würde, ver fängt deshalb nicht, weil auch nach der vorgeschlagenen Neuregelung ein solcher Widerspruch bestehen bleibt. Einer gesunden Sozialpolirik entspräche es doch, die vorhandene Ungleichheit nicht dadurch auszugleichen, daß man den einen Teil der Gehilfen herabdrückt, sondern den andern emporhebt. Man könnte geradezu von einer zu Unrecht erfolgten Bereicherung des Prinzipals und einer zu Unrecht erfolgten Benachteiligung des Angestellten sprechen, wenn der Entwurf Gesetz wird. In den meisten Fällen wird bei Er krankung des Angestellten ein Ersatz nicht geschaffen, die übrigen Angestellten arbeiten dann eben für ihren Kollegen mit. Das österreichische Gesetz ist in diesem Punkte viel mehr von sozialem Geiste durchweht. Durch die Beitragsleistung zu den Kranken kassen erwirbt doch nicht der Prinzipal, sondern der Gehilfe daS Anrecht auf Krankengeld; der letztere wird jetzt seine Beiträge weiterzahlen müssen, ohne den ihn gesetzlich gesicherten Vorteil werden. Es hätte aber doch erwiesen werden müssen, daß die 200 000 kleinen Betriebe bisher nicht die ganze Leistung gewährt hatten, und das ist nicht erwiesen, denn gerade diese Leute zahlen im Krankheitsfalle den Angestellten das volle Gehalt. Es sind gerade Großbetriebe, es sind große Warenhäuser, die in ihren Verträgen den Ausschluß der Gehaltszahlung stipulieren; das hat mittleren Betriebe bewahren vielfach noch das alte familiäre Verhältnis zwischen Prinzipal und Angestellten, das bei den kapitalistischen Großbetrieben längst geschwunden ist. Die Furcht g'ündung seines Antrags über die Abänderung des § 63 auSgeflihrt, daß diese Änderung eine Notwendigkeit sei. Durch die verschiedenartige Rechtsprechung der Kaufmannsgerichte ist ein schlechterung des jetzigen Zustands eintreten, da die meisten Arbeitgeber im Deutschen Reich den Handlungsgehilfen bei, Erkrankungen für sechs Wochen das Gehalt weiter zahlen, ohne das Krankengeld abzuziehen. Ich muß der Verwun derung Ausdruck geben, daß der Entwurf in dieser Form oorgelegt ist, da 1906 der Reichstag sich auf den Boden unsres Antrags gestellt hat und in der Kommission diesen Antrag zum Beschluß erhoben hat. Die Gründe des Staatssekretärs sind für uns nicht stichhaltig. Wir wollen zugeben, daß dem Handelsstand große Lasten auferlegt sind, aber gerade die Handlungsgehilfen sind in besonders abhängiger Lage. Dem kleinen Kaufmann sind die gesetzlichen Bestimmungen kaum so genau bekannt; aber gerade