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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 01.02.1908
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1908-02-01
- Erscheinungsdatum
- 01.02.1908
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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Zs 20, I. Februar 1308. Fertige Bücher. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. 1291 besagen im übrigen, d. h. im wesentlichen, was jene besagen: Streit und Spiel zwischen Leidenschaft und Witz. Als besondere Beispiele dazu seien „Ewige Liebe" und „Dichterliebs" genannt. Schließlich findet man aber auch eine Reihe liederartiger, reiner, aus Gefühlstiesen entsprungener Liebesgedichte, unter denen die beiden im Ausdruck großartigen „Schick sal" betitelten, „Sonnenuntergang" als ein schlichtes Lied trauernder Sehnsucht und das kindliche „Käst du mich lieb?" hervvrgehoben seien. Aus alle diese Liebesgedichte bleibt ihr Thema indessen nicht beschränkt, und man kann schon im Zweifel sein, ob einige der genannten für eigentliche Liebesgedichte auszugeben seien. Die Ampel fühlt sich eben stets von ihrer Flamme angestrahlt, so daß sie, und das ist nun das zweite Lauptthema in diesen Gedichten, befürchtet, mit hell ausklingendem Seufzer zu zerspringen. Darum ist den Gedichten ein eigentlicher Pessi mismus jedoch nicht eigen. Den lassen die frommen Wsltgefühle, die in Gedichten wie „Ansterblichkeit", „Baum im Kerbst" und „Träumerei" ausgesprochen werden, nicht zu. Aber wenn solche Frömmigkeit auch wappnet gegen die allem Dasein innewohnende Tragik, wappnet mit Ergebung (das ist der Titel eins der schönsten Gedichte) und gar mit dem Kumor des „Salamandermärchens", so werden Tod und Weh darum doch nicht vertrieben, und Ricarda Kuchs Leben zeigt sich hier ausgesüllt von dem reizbaren, stets wachsamen Bewußtsein, wie alles eitel — Salomonis Bekenntnis, das denn auch Gegenstand eines Gedichtes ist. Den vielen Liebes gedichten lassen sich fast ebensoviele Todesgedichte gegenüberstellen. Da sitzt der ewige Mahner bald im Baum und schüttelt die Blätter ab; bald er- scheint er als ein vorüberhuschender Schatten, der dir ein Büschel Purpurbeeren vor die Füße fallen läßt, bald als ein kranzwindender Wanderer am Wegesrand, bald als Ritter, als Sämann, Schnitter, Schenk, Fischer, Schiffer. And weil dieser Dichterin Leben dem Geliebten geweiht ist, so steht der Tod wohl auch an dessen Platz im schwarzen Mantel und wartet und winkt nach trauter Art. And wie sie den Geliebten erwartet, das muß in der drama tischen Lebendigkeit des unendlich rührenden Gedichtes „Wiedersehen" selber gesagt werden; denn der Dich terin Wesensart wird symbolisiert durch dies Bild der Liebenden, die voller Todesahnungen am Wege durch die Nacht lugt: Soll ich dich Wiedersehn Nach langer Zeit, Möckt' ich dir gerne weit Entgegengehn. Doch beben meine Knie, Ich kann nicht fort; Ich weiß kein Grußeswort, So war ich nie. Ich steh' am Wegesrand, Die Nacht bricht an; Ein Wandrer dann und wann Zieht durch das Land. Sie sind es alle nicht, Die Zeit geht hin — Wie Wetterlicht: Du lägest irgendwo Im Grab verscharrt, Ilnd Stund' auf Stunde harrt' Ich einsam so. Die totenstille Nacht Umgibt mich ganz. Der Sterne ferner Glanz Äat sich entfacht. Im Morgenschein, Muß ich dem Tag allein Ins Auge sehn! Du liegst in tiefer Nuh', Nahmst mich nicht mit — — O Äinunel, welch ein Schritt? Ja, das bist du! Du dunkle Nachtgestalt, Doch so vertraut! Wie wild dein Lerz und laut An meines wallt! Das schluchzt, bevor sich's freut, Noch nach in mir. Gestorben war' ich hier, Kamst du nicht heut'! Auch in seiner besonders künstlerischen Art ist dies Gedicht gleich der „Ampel" kennzeichnend für die Mehrzahl der andern, insofern hier die Lage ausgemalt wird, deren Einwirkung die Dichterin wiedergiebt. Doch finden sich auch unmittelbare Gefühlsergüsse, in denen besondere Amstände höch stens durch Ausrufe und Anreden mitgeteilt werden, und vielleicht gehört dieser Gruppe gerade das schönste Gedicht an, das Vertonung heischende „Wander lied", worin unter der Vorstellung einer Wande rung innige, sichere Lebenskameradschaft erklingt. Andererseits tritt die Dichterin mehr und mehr und gänzlich zurück hinter einen Gegenstand, sei es als Malerin, z. B. in der „Vergangenheit, sei es als dramatische Erzählerin, die bald zu zeitlosen, sym bolischen Darstellungen wie dem „Todesengel", der „Parze", dem „Selbstmörder" ganz aus ihrer Phan tasie schöpft, bald historischen, bald mythischen Kelden sich unterstellt, bald völlig eigene Geschöpfe in ein historisches Milieu hineinstellt, bald Märchen er träumt Die Gedichte, in denen sie sich auf die Weise mit der altjüdischen Geschichte besaßt, fordern zum Vergleich mit den entsprechenden Stücken in Lord Byrons „Kebräischen Melodien" heraus. Sie halten den Vergleich aus, wie dieser Dichterin über haupt in keiner der gekennzeichneten Ausdrucksarten Vollendetes versagt scheint. Sie ist, um mit einem Gesamturteil zu schließen, ein Geist von ganz be stimmter, interessanter Eigenart, und ihr dichterisch künstlerisches Ausdrucksvermögen ist das Ergebnis höchster Kultur. iss
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