.V 129, 6. Juni 1907. Künftig erscheinende Bücher. mu-nb-and. Dtschn. Buchhandel. 5773 Dämmerseelen Novellen von Arthur Schnitzler Soeben erscheint die 6.-7. Auflage Mit einer feinen Kunst, die sich ihres Gestaltens freut, die in die Konturen wahren Lebens das Grauen mischt, die festen Linien in feine Verschwommenheit taucht und die Hinter gründe der Vorgänge des Alltags gespenstisch ins Dunkle, Anendliche rückt, hat Schnitzler hier zwei Bilder entworfen, die an E. T. A. Hoffmann und Poe gemahnen, die man in ihrer Wirkung in sich aufnehmen muß als das, was sie sind, Meisterwerke der Erzähler kunst, ohne sie aus dem Dämmer ihrer feinen Empfindung ins klare, harte Tageslicht nackter Lebenswahrheit rücken zu dürfen. Wie gewisse Gemälde ihre Beleuchtung, ihr Halbdunkel brauchen, so bedürfen diese Novellen die gedämpfte, ihrem fremdartigen, fast gespenstischen Wesen nachfühlende Stimmung. Dann wird man sie als feine Kunstwerke, als wundersame Gebilde eines echten Dichters auf sich wirken lasten. (Wiener Zeitung) Ein Buch voll rätselhafter, dunkler, unergründlicher Lebensschicksale, voll von stiller Melancholie und Skepsis, nachdenklich, ironisch, dabei lächelnd — ein Buch, wie es nur Schnitzler schreiben konnte Wo immer man das Buch aufschlägt, ist es voll solch nachdenklicher Lebensrätsel, allerlei leiser Tragik, lächelnden Verstehens, müder Grazie und melancholischer Ironie. (Pester Lloyd) Schnitzlers Streben geht dahin, die Spannungen aus eine edle Weise zu erhöhen. Zu gleich, oder eben deshalb, sehen wir ihn bemüht, menschliche Schicksale aus tiefer gelegenen Quellen hervorströmen, menschliche Charaktere aus verborgenen Wurzeln aufwachsen zu lasten. Er geht jetzt in allen seinen Werken über die gemeine Logik hinaus, strebt einer höheren, geheimnisvollen Gesetzmäßigkeit zu, die über allen Dingen ist, deren Sinn und Folge wir nur ahnen und an deren verschlossene Pforten wir nur tasten. Was diese neuen Novellen sonst noch auszeichnet, ist die schöne Strenge der Sprache. Diese voll kommen reine Form, in deren Linien sich etwas von dem persönlichen Wert Schnitzlers, von seinem tiefen, durch und durch dichterischen Atem mitzuteilen scheint. Er gehört (das ist mit diesem Novellenband wieder gezeigt) zu den ganz wenigen Künstlern, die unablässig an ihrer Entwicklung arbeiten. And er gehört, wohl deshalb, auch zu den ganz wenigen, die unablässig, mit jedem Werke, wachsen. (Die Zeit, Wien) S. Fischer, Verlag, Berlin