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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 08.06.1907
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1907-06-08
- Erscheinungsdatum
- 08.06.1907
- Sprache
- Deutsch
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- Saxonica
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^ 131, 8. Juni 1S07. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt s. d. Dtschn. Buchhandel. 5849 Belgien und Italien weiter fort und verweilte längere Zeit in Venedig, wo er die alten großen Meister der Farbe studierte und seine künstlerische Ausbildung zum Abschluß brachte. Mitte der fünfziger Jahre ließ er sich, nachdem er in Leipzig nochmals Station gemacht und mehrere Porträtaufträge ausge führt hatte, in Berlin dauernd nieder und begann seine selb ständige künstlerische Tätigkeit zunächst wieder als Porträtist. Unter den um diese Zeit entstandenen Bildern ist als eins der besten das 1856 in Kreide ausgeführte Porträt des Hofbuch händlers Alexander Duncker zu nennen. Zwei Jahre später stellte er auf der akademischen Kunstausstellung zwei Gemälde aus, die seinen Ruhm begründeten, -Maria und Johannes vom Grabe Christi zurückkchrend-, ein Werk -voll ergreifender Wahrheit und Tiefe der Empfindung-, und das reizende Genrebild »Die Er wartung«, eine junge Mutter mit ihrem Kindchen auf dem Schoße vor der Hütte im Abendsonnenschein sitzend und die Heim kehr des geliebten Mannes erwartend. Die Vorzüge der Plock- horstschen Kunst sind hier schon klar zum Ausdruck gekommen: geschickte einheitliche Komposition, echt poetische Innigkeit der Auffassung und ein gefälliges, harmonisches Kolorit. Diese Vor züge sicherten dem Künstler die Gunst des Publikums und der Kritik. Er rückte in die erste Reihe der damaligen Kunstgrößen, wurde mit Aufträgen überhäuft und mußte viele seiner biblischen Bilder mehrmals malen. So wiederholte er z. B. die im Leipziger Museum befindlichen beiden Bilder -Maria und Johannes- und -Die Ehebrecherin vor Christus» für die Galerie Löwenstein in Moskau, wo sich noch andre Werke von ihm befinden. Wenige Jahre nach diesem ersten, glänzenden Erfolg, der ihm die goldene Akademie-Medaille einbrachte, entstand sein Meister werk »Der Erzengel Michael kämpft mit dem Eatan um den Leichnam Mosis- (1861—1863, Museum Wallraf-Richartz, Köln), ein Bild von solchen hervorragenden künstlerischen Qualitäten, wie Plockhorst sie weder vorher noch später erreichte. Die in ihrer einfachen Gliederung großzügige Komposition, deren Wirkung durch das in Rubensscher Pracht leuchtende Kolorit noch gesteigert wird, zeigt uns den von Engeln gen Himmel getragenen Leichnam des jüdischen Gesetzgebers unter dem Schutz der triumphierenden Gestalt des Erzengels Michael, der mit dem Schild in der Linken das Haupt Mosis beschirmt, während seine mit dem Flammenschwert bewaffnete Rechte den Angriff des Satans zurückweist. Sowohl in der abgerundeten Darstellung, als auch in der meisterhaft abgestimmten Licht- und Schattenverteilung wird der »Sieg des Lichtes über die Finster nis-, wie das an die klassischen Italiener erinnernde Bild auch benannt wird, in geradezu grandioser Weise symbolisiert. Eine gleich starke und idealistische Auffassung hat der Künstler in seinen folgenden Werken nicht mehr erreicht. Seine biblischen Gestalten werden zarter, süßer und weicher, obwohl Bewegung, Ausdruck und Kolorit sich immer auf einer gewissen Höhe halten. Die konventionelle Darstellungsart, an der viele seiner Bilder leiden, kommt aber dem Geschmack des großen Publikums so weit entgegen, daß die große Beliebtheit und starke Verbreitung der zahlreichen Nachbildungen seiner Bilder erklärlich werden. Auf dem Kunstmarkt haben seine Originalgemälde schon längst an Wert eingebüßt; so erzielte z. B. das bei seiner ersten Ausstellung so viel gefeierte Bild »Die Erwartung« vom Jahre 1858 nur zwei undzwanzig Jahre später auf einer Berliner Auktion nicht mehr als 1530 ein Beweis dafür, wie in der kurzen Zeit der Kunstgeschmack sich geändert hatte. Im Kunsthandel spielen die Reproduktionen seiner biblischen Motive noch heute eine Rolle, seit den Tagen Uhdes und Eduard von Gebhardts, die den Realismus in die religiöse Kunst hineintrugen, freilich nicht mehr so unbe stritten wie einst in den sechziger und siebziger Jahren, als noch der Idealismus herrschte, aber immerhin noch bedeutend genug. Sein jahrzehntelanger Berliner Aufenthalt wurde nur durch eine kurze Lehrtätigkeit an der neugegründeten Kunstschule in Weimar unterbrochen, wohin der Großherzog von Sachsen ihn 1866 an Stelle des nach München gegangenen Professors von Ram» berg berief. Familienrücksichten bewogen den Künstler schon im Jahre 1869, nach Berlin zurückzukehren. Vielleicht trugen auch Erwägungen künstlerischer Natur zu diesem Entschlüsse bei. Der Weimarer Boden war für seine Art scheinbar nicht günstig; die damaligen Kritiken stimmen nämlich fast alle darin überein, daß dem Meister während seines dortigen Aufenthalts die Farbe fast Börsenblatt stir den Deutschen Buchhandel. 74. Jahrgang. verloren gegangen sei und seine Bildnisse kalt ließen, weil es ihnen an Ton und Einheit fehle. Es ist anzunehmen, daß der Künstler auch selbst zu dieser Erkenntnis kam und deshalb wieder den ihm günstigeren Berliner Boden aufsuchte. Kurz zuvor erhielt er den Auftrag, zusammen mit Ferdinand Pauwels und Paul Thumann die Lutherwohnung auf der Wart burg auszumalen. Das war der äußere Anlaß zu seinen ver schiedenen Darstellungen aus dem Leben des Reformators. Auch dessen Bildnis malte er öfters. DaS letztentstandene dieser Luther bilder machte der greise Meister vor zwei Jahren gelegentlich seines achtzigsten Geburtstags dem neuen Dom in Berlin zum Geschenk. Als Porträtist ist Plockhorst vom Anfang seiner Künstler laufbahn an bis kurz vor seinem Tode tätig gewesen. Die Berliner Gesellschaft schätzte seine Bildniskunst besonders hoch. Der elegante Vortrag, die koloristischen Qualitäten und die oft genreartige Belebung verliehen seinen Damen- und Kinder bildnissen einen eigenen Reiz, der über die nicht immer er schöpfende Charakteristik der Dargestellten leicht hinwegtäuscht. In der Berliner National-Galerie hängen die beiden großen Zeremonienbildnisse -Kaiser Wilhelm I.- und -Kaiserin Augusta-, in ganzer Figur aus dem Jahre 1874, im Aufträge des Rentiers Mühlberg gemalt und von diesem der Galerie geschenkt. Der Künstler erfreute sich der besonderen Gunst der ersten Deutschen Kaiserin und hat sie mehrmals nach dem Leben porträtiert. Eins ihrer lebensvollsten und treuesten Bildnisse ist das kurz vor ihrem Hinscheiden entstandene Brustbild mit Diadem im Witwenschleier (National-Galerie, Berlin), ein drittes Bild befindet sich im kron- prinzlichcn Palais. Zu seinen besten Herrenporträts zählen -Prinz Friedrich Karl-, Franz Liszt (1878) und Ferdinand Wilhelm Mende (Museum zu Leipzig). Zum Spielschrein, den der Verein für deutsches Kunstgewerbe dem kronprinzlichen Paar als Geschenk zur silbernen Hochzeit überreichte, malte Plockhorst im Jahre 1886 ein sehr poetisch er fundenes Ölbild, einen Einsiedler in Gesellschaft seines zahmen ReheS darstellend, wie er das nach ihm benannte Spiel erfindet. Als Buchtllustrator ist Plockhorst erst spät aufgetreten, als die Höhe seines Schaffens fast hinter ihm lag. 1881 erschien im Ver lag von Gebrüder Kröner in Stuttgart das ernste Prachtwerk -Von Bethlehem nach Golgatha«, zu dem der Künstler vierzehn einfarbige Ölbilder lieferte, meist figurenreiche Kompositionen von sauberer, fleißiger Ausarbeitung. Die Bilder begleiten das Erden wallen Christi von der Geburt an bis zur Himmelfahrt; sie ver binden malerischen Effekt mit weihevoller Stimmung und zeigen selbständige Auffassung, die hier und da, wie z. B. im Bild »Gethsemane- zu einer überaus kraftvollen Originalität anwächst, die nichts gemein hat mit den unzähligen, vor ihm entstandenen Darstellungen desselben Gegenstandes. 1884 folgten die Illustrationen zur Jubel-Ausgabe von Spittas Psalter und Harfe, im Verlage von M. Heinsius, früher in Brenicn, jetzt in Leipzig. Unter den Illustrationen zu Rogges »Allzeit im Herrn-, die Plockhorst im Jahre 188? für die Verlagshandlung Ferdinand Hirt L Sohn, Leipzig, ausführte, befinden sich einige Medaillon bilder mit Kindergruppcn im Freien, das eine Mal singende Kinder auf dem Kirchweg, dann bekränzte Kinder im Erntezug und betende Kinder auf dem Felde, sämtlich von einer köstlichen Naivität und poetischen, echt deutschen Innigkeit. Die tief empfundenen und liebevoll gezeichneten Blätter erinnern an Ludwig Richter, ohne ihn jedoch irgendwie nachzuahmen. Sie bringen eine neue, erfrischende Note in das Lebenswcrk unsres Künstlers und man muß es aufrichtig bedauern, daß ihm ähnliche Aufgaben nicht häufiger gestellt worden sind. Wenn man das reiche und trotz der nicht weitgezogenen Grenzen seiner natürlichen Begabung doch vielseitige Schaffen des Verstorbenen überblickt, so erhält man den Eindruck, daß ihm sein Platz in der Kunstgeschichte des verflossenen Jahrhunderts nicht strittig gemacht werden kann. Reproduktionen nach Bernhard Plockhorst. Bei den Größenangaben ist stets die Bild höhe zuerst genannt. Zeichenerklärung: Franz Hanfstaengl, München. L. — Extra-Format. Kartongröße 126:97 ow. Bildgröße ca. 87:65 ow. 50 765
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