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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 10.06.1907
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1907-06-10
- Erscheinungsdatum
- 10.06.1907
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- Deutsch
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132, 10. Juni 1S07. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt f. d, Dtschn. Buchhandel. 5899 Die Sonderausstellung von Buntpapieren im Königlichen Kunstgewerbe-Museum zu Berlin. Der Lichthof im königlichen Knnstgewerbe-Museum zu Berlin, der dem Buchgewerbe bereits so oft ein Tempel der Kunst und eine Quelle der Belehrung geworden ist, bietet gegenwärtig wieder Gelegenheit, ein interessantes Sondergebiet der Buchkunst zu Überblicken. Den weiten Raum füllen in Glaskästen, Glas schränken und an Stellwänden Buntpapiere aus fast allen Zeiten und Ländern, wo man die Herstellung dieser Papiere ausgeübt hat. Neben den in den letzten Tagen wesentlich bereicherten Beständen der eigenen Sammlung hat die nie rastende Bibliotheksdirektion es sich angelegen sein lassen, vom Leipziger Buchgewerbe - Museum die vorzügliche vormals Seeger'sche Sammlung und von der Königlichen Bibliothek in Berlin aus der Sammlung türkischer Handschriften wertvolle Blätter zu entleihen, um ein möglichst vollständiges Gesamtbild zu erzielen. Die Anordnung des umfangreichen Materials zeugt von demselben Geist und der gleichen Sorgfalt, verbunden mit feinem Geschmack, von denen die frühern buchgewerblichen und andern Ausstellungen hier ihren hohen Reiz und den bedeu tenden Belehrungswert erhalten halben. Buntpapiere sind bekanntlich auf einer oder auf beiden Seiten mit ein- oder mehrfarbigem Überzug versehene, also nicht im Stoff gefärbte Papiere. Ihre Herstellung ist erwiesen bis zum Anfang des siebzehnten Jahrhunderts. Schon damals versahen die Buchbinder die Vorsatzpapiere, die zwischen Deckel und Papier block geklebt wurden, mit Verzierungen verschiedener Art. Auch für Möbel und Papparbeiten wurden solche Papiere verwendet. Es lag nahe, daß die Buchbinder die Stempel, die sie zur Ver zierung der ledernen oder pergamentenen Buchrücken durch heißen Ausdruck benutzten, auch beim Prägen und Drucken der Vorsatz papiere zu verwenden trachteten. Man bestrich das zähe Bütten papier meist mit einer Grundfarbe und prägte die Verzierungen mit andern Farben, wohl auch mit Blattmetall, auf. Auch ganze Platten wurden in Messing zu diesem Zweck graviert, deren Kost spieligkeit allerdings bald dahin führte, größere Auflagen davon für den Handelsvertrieb herzustellen. Die einfachste Technik bestand im Aufstreichen der Grundfarbe mit Pinsel oder Bürsten. Durch ein Drahtgitter sprengte man dann in verschiedener Weise andre Farben auf, sowohl in Flächen als auch tropfen- und streifenweise. Sehr beliebt waren von alters her und sind noch heute die sogenannten marmorierten Papiere. Man würde sie besser als Tunkpapiere bezeichnen, da sie durch Eintunken hergestellt werden. Ein Becken wird nämlich mit Wasser und isländischem Moos, Tragantgummi und andern Zu sätzen gefüllt. Daraus ergibt sich eine schleimige Masse. Auf die Oberfläche derselben tropft man die Farben, die mit Ochsengalle durchsetzt sind und die sich an der Oberfläche in verschiedener Weise durcheinandertreiben lassen, ohne daß sie sich vermischen. Mit hölzernem Griffel zieht man die Deckschicht zu Marmorierungen und andern Mustern. Kämme von verschiedener Weite benutzt man in gleicher Weise zum Ziehen paralleler Streifen und andrer Formen in der Farbschicht zum sogenannten Kamm-Marmor. Schneckenmarmor erzielt man durch Drehungen, durch andre Be wegungen Pfauenfedern ähnliche Muster. Der Abdruck erfolgt, indem man einen Bogen Papier auf die Schicht glatt auslegt und schnell wieder abhebt. Nachdem die überschüssige Schicht ab getropft ist, hängt man den Vogen zum Trocknen auf. Für jeden Bogen wird die Schicht von neuem hergestellt, daher gleicht nie ein Bogen ganz dem andern. Auf diese Weise zierten die Buch binder auch Bücherschnitte. Die Technik soll aus der Türkei stammen, was den vielfach üblichen Namen »türkische» Papiere und Schnitte rechtfertigen würde. In der Tat hat man prächtige Muster dieser Art aus Einbänden und Vorsätzen türkischer Ein bände aus dem siebzehnten Jahrhundert entdeckt, von denen einige hier ausgestellt wurden; sie sind meist ohne Glanz und von schöner Harmonie der Farben. Im achtzehnten Jahrhundert wurde, wie ausgestellte Proben zeigen, die Marmorierkunst in Frankreich mit vielem Geschmack ausgeübt. Da die Herstellung der Buntpapiere in Deutschland keinem Zunftzwang unterlag, so konnte man die Kattundrucker nicht hindern, ihre Holzmodel auch zum Bedrucken von Buntpapier zu benutzen; mit ihren sogenannten Kattunpapieren versorgten sie bald den größten Teil des Marktes. Den Deutschen war es zu Anfang des 19. Jahrhunderts Vor behalten, die Buntpapier-Erzeugung, besonders in Süddeutschland, mehr und mehr fabrikmäßig auszugestalten. Alois Dessauer in Aschaffenburg begann damit bereits 1808, und er darf als der Begründer der neueren Buntpapierfabrikation gelten. Sie ist zu einer großen Industrie herangewachsen, die auf dem Weltmarkt eine erste Stelle behauptet. Die Auswahl von Buntpapieren der alten Firma, jetzigen Aktiengesellschaft, die die Ausstellung zeigt, umfaßt nur einige Stichproben, gibt aber doch einen Begriff von der großartigen Vielseitigkeit und hohen Leistungsfähigkeit des Etablissements. In neuester Zeit haben es sich hervorragende Künstler und Handwerker angelegen sein lassen, für die Tunkpapiere künstlerisch wertvolle Muster und Farbenzusammenstellungen zu schaffen, und dabei ist viel ganz Hervorragendes geleistet worden. In der Ausstellung sehen wir solches u. a. von Otto Eckmann, dem so früh verstorbenen vielseitigen Künstler, ferner von dem Kopen hagens! Buchbinder Anker Kyster, dem Berliner Paul Kersten und von dem Leipziger Buchdrucker Carl Ernst Poeschel, auch von Kolo Moser, Karl Beitel. Farbenfroh muten die ausgestellten Buntpapiere der Vereinigten Wiener Werkstätten an. In meist ernsten Farbenstimmungen von hervorragend schöner Wirkung ar beitet dagegen Andreas Haußmann in Konstanz. Eine bedeutende Kollektion phantasievoller Muster zeigt H. Ochmann in Leipzig. Die neuere Maffenerzeugung von Buntpapieren mit Ma schinen beschränkt sich begreiflicherweise schon längst nicht mehr auf Nachahmung der alten Handtechniken. Sie verarbeitet für den großen Bedarf meist endloses Rollenpapier statt des früheren ge schöpften Büttenpapiers. Man streicht, mustert und glättet es mit Maschinen, besprengt es mechanisch durch große metallene Siebtücher, verzichtet auch in der maschinellen Herstellung nicht auf Säuren und Salze und schafft, unterstützt durch die Errungen schaften der modernen Chemie, in großer Zahl immer neue, zum Teil wunderbar schöne Muster. In England gab Walter Crane treffliche Anregung, Vallance, Anning Bell und Beardsley schufen Herrliches, in Deutschland folgten Heine, Pankok, Morawe, Ciffarz, Dasio, H. Vogeler, Orlik, Weiß, Kreidolf mit überraschenden Erfolgen. Aus der Praxis der alten Buchbinder entstand echt handwerks mäßig die Herstellung der sogenannten Kleisterpapiere, die in großer Zahl ausgestellt sind. Man rührt Buchbinderkleister mit einer Farbe zusammen und bestreicht damit einen Papierbogen. In diese breiige Masse kann man mit dem Pinsel an einzelnen Stellen die Farbe bald dünner, bald dicker auftragen; man kann in sie Muster einzeichnen, auch an gewissen Stellen den Papiergrund blotzlegen, mit Kämmen, verschieden ausgezackten Brettchen wie auch mit dem Finger mannigfache Muster erzeugen, mittels Schwamm oder Hasenpfote Maserungen und Wolken dar stellen. Zahlreiche ausgestellte Proben dieser -Herrnhuter« oder Kleisterpapiere zeigen fröhliche, kräftige Farben und Muster von großem Zuge. Es ist echte Handarbeit, oft recht charaktervoll, bisweilen etwas naiv und steif. Die alte Technik ist nach langem Ruhen in letzter Zeit in Kopenhagen durch Anker Krffter von neuem zu Ehren gebracht worden. Wir sehen in der Ausstellung Muster, die von reicher Erfindungskraft Kysters und des Architekten Thorwald Bindesböll zeugen. In Deutschland hat die Gattin von Professor Peter Behrens in Düsseldorf, Frau Lilli Behrens, sich mit reicher Phantasie und feinem Farbensinn dieser Technik gewidmet. Paul Kersten, Ehr. Ferd. und Gertrud Morawe in Berlin sowie die Kunstklaffe der Berliner Buchbtnderfachschule, auch die Hand werker- und Kunstgewerbeschule in Elberfeld zeigen sich als Pfleger dieser Handwerkskunst. Selbstverständlich hat auch die maschinelle Herstellung der Kleisterpapiere mittels gravierter und geätzter Walzen nicht auf sich warten lassen. Auch der alte Modeldruck wird längst auf endlosem Papier von Maschinen ausgeübt. Von großer wirt schaftlicher Bedeutung sind auch die Maschinendrucke geworden, die Surrogate für Leder, Leinen, Seide, Holz, Steine, Elfenbein und vieles andre oft außerordentlich täuschend schaffen. Sind sie 771»
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