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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 05.10.1912
- Strukturtyp
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- 1912-10-05
- Erscheinungsdatum
- 05.10.1912
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- Deutsch
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283, 5, Oktober 1912, Nichtamtlicher Teil, Nichtamtlicher Teil. Neue Ausgaben älterer Literatur. Von W. Sacken, In einem Deutsch, das einem Buchhändler erlaubt sein mag ungewöhnlich zu nennen, spricht Richard Schaukal in der letzten 'Nummer des Literarischen Echos bon den Neuausgaben der Werke unserer älteren Dichter, die in der letzten Zeit auf den Markt gebracht worden sind. Es verlohnt sich Wohl, mit einigen Worten aus den Aufsatz einzugchen; der geistreiche Autor des Andreas Balthesser und Dichter einiger sehr schöner Verse ist Persönlichkeit genug, daß seine Anmerkungen und Vorschläge Beachtung finden werden, Richard Schaukal stellt fest, das; dein Wetteifer der Ver leger erfreuliche Ergebnisse an innerer Vollkommenheit und äußerlicher Vollendung zu danken sind. Er beklagt aber, daß, abgesehen vom unerfreulichen »Editionssnobismus«, der dann und wann zutage träte, die bcrlegerische Konkurrenzarbcii zwiefachen objektiven Schaden zur Folge hätte: Zersplitterung der Herausgeberkräfte und Häufung einer »sterilen bibliogra phischen Makulatur«, So ist ihm trotz der Anerkennung, die er ihr eingangs gezollt hat, die »in erster Linie ja doch vom Geschäftsinteresse diktierte« Verlegcrinitiatibe das Übel, und deshalb redet der Wiener Dichter einer profejsoralen endgülti gen Fixierung und Gestattung der für unsere Kultur wirklich in Betracht kommenden Gesamt- und Auswahlausgaben das Wort, Man könnte sich Wohl fragen, inwieweit die Vcrlegerinitia- tive, die sich heutzutage an innerlich und äußerlich vollendeter Neuausgabe unseres klassischen Literaturgutes versucht, wirk lich vom Geschäftsinteresse diktiert oder beherrscht sei, und man würde dann Wohl, denke ich, eine Antwort finden, die dem deutschen Verlegerstandc und seinem Idealismus wahrlich nicht gerade zur Schande gereichen würde, — es ist aber viel leicht zweckentsprechender, hier bon einer Beweisführung abzu sehen, die sich jeder Buchhändler leicht selbst konstruieren kann, und die Schaukalschen Vorschläge zur Besserung des Not standes, die sich in drei Sätzen präzisieren, rein materkell zu betrachten, Schaukal will die Elite der deutschen Philologen einbe rufen und dann von den Herren feststellen lassen, was erstens in unserer Literatur der Gesamt ausgabe wirk lich würdig sei, und was zweitens nur in strenger, nach künstlerischen Gesichts punkten durchgeführter Auslese dargeboten werden solle; Drittens sotten die Philologen (deren Kreis auch durch nichtzünftige Berater aus den Reihen der schaffenden Künstler ergänzt werden dürfte) »die Arbeit strengster Textdarstellung« bei den Gesamtausgaben und bei der Auswahl »an die Be rufensten aufteilen«. Die »Berufensten« legen dann den dauernden Schatz unseres klassischen Schrifttums für alle Zei ten unverrückbar nieder. Ich meine in aller Bescheidenheit, diese Vorschläge, deren gute Beweggründe man nicht verkennen darf, forderten die Kritik fast allzu deutlich heraus. Da ist zunächst der hohe Areo- Png, der Philologenkongrcß, Wer in unserer Gelehrtenrepublik auch nur einigermaßen Bescheid weiß, weiß auch, wie sehr ge rade bei den Herren Philologen die Meinungen und die Urteile auseinandergehen (auch übrigens darüber, tver füglich in den Rat der Zensoren zu berufen sei!). Selbst der Volks-Goethe des Insel-Verlags, der vor einiger Zeit unter guter Flagge und mit auserkorener Patenschaft in die Welt ging, hat in bezug auf Auswahl und Zusammenstellung allerlei grimme Anfeindung erfahren. Und wenn das am grünen Holze geschieht Wir wollen aber, um weitergehen zu können, annehmen, die Herren Philologen fänden wirklich anwendbare Normen und stellten wirklich fest, was Richard Schaukal von ihnen festgestelll wissen will. Würde sie dann die böse Nachwelt nicht einer merkwürdigen Überheblichkeit zeihen können? Die Herren Philologen sollen fixieren, was in seinem gesamten Umfange der Ehre teilhaftig werden müsse, zum dauernden Schatz unseres klassischen Schrifttums geschlagen zu werden. Das ist teils überflüssig und anderenteils un möglich, Wer von den Männern der vorgoethischen Literatur mit seiner ganzen Produktion lebendig blei ben soll, weiß man längst, das wissen auch die nach ihres gestrengen Richters Urteil »in erster Linie von ihren Geschäftsinteressen beherrschten« deutschen Verleger, Die Bewertung der späteren Literaturepochen aber ist noch zu er heblichen Schwankungen unterworfen, als daß die einzelnen Persönlichkeiten jetzt schon amtlich gewogen und gestempelt werden könnten. Scheint es nicht beispielsweise so, als sei Clemens Brentano, dem lange Vergessenen, jetzt eine Wieder geburt beschieden? Und ist Novalis nicht jetzt erst eigentlich lebendig geworden? Wir müssen damit rechnen, daß anderen im Lauf der Tage ähnliches geschieht; wir haben eben noch viel zu wenig klaren Abstand von der Produktion etwa der Romantik der Jungdeutschen oder gar des Hebbelschen Zeit alters, Wir müssen ferner noch immer damit rechnen, daß ge wichtige Funde oder grundlegende Aufklärungen das Bild vom literarischen Schaffen derer, die hier in Betracht kommen, ganz wesentlich ändern können, so daß auch die Frage, ob Gesamtausgabe oder Auswahl, nach neuen Gesichtspunkten be antwortet werden mutz. Gegen den dritten Vorschlag Schaukals, es sollten von den Berufensten (womöglich mit Staatshilse) einwandfreie Texte geschaffen werden, würden die Philologen selbst einzu- toenden haben, daß seine Verwirklichung das Spezialistentum in Reinkultur züchten würde. Jemand, der, und sei es auch im Verein mit anderen, das Gut eines Dichters zu sichten und zu säubern hat, jemand, der mit seinem Namen dafür ein steht, daß der Nation auch wirklich Einwandfreies als dauern der Besitz dargeboten wird, muß sich schlechterdings so sehr in seine Materie hineinarbeiten, daß ihm zu anderer Betäti gung die Zeit fehlt, daß er schließlich vielleicht fürs Ganze den Maßstab verliert. Davon abgesehen, richten sich die Einwände, die ich gegen die Fixierung des Literaturschatzes geltend ge macht habe, auch gegen diesen Vorschlag, der ja lediglich die praktische Konsequenz der beiden ersten Forderungen darstellt. Würde, um von einem ganz Großen zu reden, beispielsweise Kleists Gesamtausgabe in ihrem logischen Gefüge nicht eine ganz andere Struktur bekommen, wenn uns der Zufall eine möglicherweise vorhandene Abschrift des ersten Guiskard in die Hände spielte, oder wenn gar der verschollene Roman des Preutzendichters irgendwo zum Vorschein kommen sollte? All die Liebesmühe, die vorher auf die Edierung Kleists verworren sein würde, wäre dann Wohl vergebens. Mir sagt das Gefühl, daß eine Verwirklichung der Schau kalschen Vorschläge unser Schrifttum in spanische Stiefel ein schnüren würde. Ich meine, daß mit doktrinärer Bevormun dung und schematischen Formulicrungcn'dem Notstand schwer lich gesteuert werden kann, den Schaukal und mit ihm viele Buchhändler empfinden. Zweifellos fördert die Verleger konkurrenz bei den Neuausgaben allerlei Unnützes zutage und zersplittert die Herausgeberkräfte, Ich sehe das Heil nur auf dem Wege, den Hans von Weber gezeigt hat, und den er im »Zwiebelfisch« seit langem verficht; die deutschen Verleger, die überhaupt in Betracht kommen es sind ihrer nicht gar viele —, mögen sich gemeinsam über ihre Pläne besprechen 1517
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