Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 08.12.1906
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1906-12-08
- Erscheinungsdatum
- 08.12.1906
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19061208
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-190612083
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19061208
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1906
- Monat1906-12
- Tag1906-12-08
- Monat1906-12
- Jahr1906
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Jahrhundert, das mit roter und schwarzer Tinte geschrieben ist und in seinen Figuren vollständig noch die Trachten der römischen Antike zeigt, offenbar also byzantinischen Ursprungs ist. Phantastische und zum Teil burleske Tiergestalten, Stiere, Harpyen, Adler stechen wundersam von dem heiligen Texte ab. Für dies ehrwürdige Prunkstück werden 7S00 ^ verlangt. Wir erwähnen ferner noch ein Dekretalien-Manu- skript des Papstes Gregor IX , eine auf feinstem Pergament von einem Franzosen Raimond geschriebene Handschrift in gotischen Buchstaben, um uns nun einigen Kostbarkeiten der Buchdruckerkunst zuzuwenden. Hier fesselt uns zuerst eine in Holland hergestellte große Enzyklopädie des damaligen Wissens Es ist Las Buch -Von den Proprieteyten der Dingen., verfaßt von Bartholomäus de Glanvilla und -gheprint (gedruckt) van mi meester Jacob Bellaert«, 148S, das einzige Druckwerk dieses berühmten Haarlemer Druckers, das er mit seiner Namensfirma versehen hat. Die zwölf Holzschnitte des überaus seltenen, schön erhaltenen Werks sind vielfach farbig getönt und geben überaus lebenswahre Bilder aus allen Gebieten des damaligen Wissens: anato mische Experimente, Darstellungen seltener Fische, Schlacht- und Turnicrszenen, die Belagerung einer Stadt und der gleichen, — alles in der naiven, perspcktivlosen Manier früherer Holzschnittkunst. — Zu den Erzeugnissen des Kunst gewerbes, wie wir heute sagen würden, gehört der Rest eines altdeutschen Kartenspiels, 11 Blatt, die eine besondere Be achtung beanspruchen, da sie höchst wahrscheinlich aus dem Besitz von Albrecht Dürer stammen, in dessen altem Hause zu Nürnberg sie erst vor drei Jahrzehnten, hinter einer Wandtäfelung versteckt, von vr. Weickmann gefunden worden sind. Ob sie von dem Meister selbst herrühren und ob er sie vielleicht selbst vor den Augen seines argwöhnischen Hausdrachens schnell in eine Ritze der Täfelung ver steckt hat, als er von ihr mit guten Gesellen beim Spiel überrascht wurde, — darüber verlautet in der Kunst geschichte nichts Genaueres Es ist der gleiche Karten typ, wie er noch heute in Sachsen und Altenburg, dem Urlande des edeln Skats, im Gebrauch ist; erhalten sind von diesem Dürerschsn Spiel Grün-As, Grün- Acht, Eichel-As, Eichel-Ober, Herzen-Acht und Schellen- Sieben, — also die niedrigste Karte im altdeutschen Solo- Spiel, Carreau-Sieben und die beiden höchsten: Pik-As und Treff-As. Zu den begehrtesten Seltenheiten der Liebhaber gehören die altdeutschen Volksbücher; wir finden hier das auf einer indischen Sage beruhende Märchen von Barlaam und Josaphat von Damascenus, ein herrliches breitrandiges Exemplar, ferner das Märchen von der schönen Melusine, das Goethe seinen Freundinnen zu erzählen liebte, Heidelberg, bei Cnoblochzer erschienen, mit wunderbaren Holzschnitten, und die Haymonskinder, »les gustrs llis u/mov, von Renand de Montauban-, Lyon, 1506 gedruckt, nach dessen Heldin Goethes Mutter uns als »Frau Aja- überliefert und vertraut ist Kostbarkeiten ersten Ranges sind zwei Kalender, der eine ein Folioblatt, von Kachelofen in Leipzig gedruckt, auf dem neben den Tagen allerlei Gesundheils regeln verzeichnet stehen, die Tage, die gut zum Aderlässen, zum Schröpfen sind usw. Der andre Kalender ist noch inter essanter und kann als ein früher Privatdruck gelten. Er ist um 1510 gedruckt und stammt aus der Zeit, als Raffael, der große Urbinat, Leiter der römischen Ausgrabungen unter dem Papst Leo X. war. Auf diesen wenigen Blättern gibt nun Raffael Bericht von den gefundenen Steininschriften, einen Bericht, der um so wertvoller ist, als die damals aus gegrabenen Steine längst wieder verloren und verschwunden sind. Die Reihe schließt hier mit einer alten zweisprachigen Bibel, die Zar Peter der Große bei seinem Aufenthalt in Holland in holländischer Sprache drucken ließ, um erst nach seiner Heimkunft in das Vaterland den Text in russischer Sprache daneben setzen zu lassen. Außer diesen Büchern aus eigenem Vorrat sind noch einige Bücher aus der altdeutschen Bibliothek des verstorbenen gelehrten Buchhändlers Salomon Hirzel ausgestellt, die in mehrfachem Sinne unser Interesse erwecken Zuvörderst das Spiessche Faustbuch, »Historia von vc. Johann Fausten, dem weitheschreyten Zauberer vnnd Schwartzkünstler», vom Jahre 1402, das zwar nicht die erste Ausgabe ist, aber doch ein besonders wertvolles Exemplar darstellt, da es ein Ge schenk von Jakob Grimm an Hirzel war und von dessen Hand eine Reihe merkwürdiger Notizen enthält Grimm hat das Büchlein während des Wiener Kongresses, am 1. Juli I81S, von einem mir unbekannten Schmidt geschenkt bekommen, der folgendes schmeichelhafte Epigramm auf Grimm auf die Innenseite des Deckels geschrieben hat: Grimm. Sagt ihr, daß der Kongreß uns noch nichts Gutes gebracht hat? Immer noch Gutes genug, — bracht er den Lieben uns doch! Grimm hat dann weiterhin Auszüge aus dem Volks buch nach der mythologischen Seite und aus dem Gebiet des altheidnischen Aberglaubens gemacht, um diese Bemer kungen für sein großes Werk »Deutsche Mythologie« zu verwenden. Da notiert er z. B. Stab mit Kräutern ge schmiert — in die Tränke fallen — Butterfaß behexen — auf dem Feld begraben und Hagel machen — den Mark stein suchen — Weise, sie nicht zu schelten, noch zu loben — offenbar alles Motive, die mit dem Hexenaberglauben des deutschen Mittelalters, bis zum heutigen Volksglauben herab, zusammenhängen. Auch zwei altdeutsche Schwankbücher überaus derben und saftigen Inhalts sind ausgelegt, das Raßbüchlein von Lindner (1558) und desselben »Katzipori«, »darinnen neue Mucken, seltzame Grillen, unerhörte Tauben, visierliche Zotten begriffen feind«. Doch ist der Inhalt dieses halb nach Gargantua (Rabelais), halb nach Boccaccio schmeckenden Büchleins mit seinen Lügen- und Freßgeschichten, seinen Späßen von Weiberlist und betrogenen Ehemännern allzu heikel in seinem altdeutschen Humor, um hier näher be schrieben zu werden. Macht doch der Verfasser, der ein ver dorbener Student und dann Korrektor in einer Druckerei war, in der Widmungsvorrede folgende entschuldigende Be merkungen über sein »Fatz-Büchlein« (Possenbuch): -dann ich auch der gutten Gesellen einer bin, die man die freyen Knaben nennt, und die nit fragen, was das Korn gelte, und Lieb haben zu guten Grillen, damit man die Zeit und Weyl vertreibe und dermalen den Wein verdeunt, wället mir das Büchlein nit verargen . . . denn bin mein Leben lang nit frölicher gewesen, dann wo ich alle Nacht mit der Lauten ging, Ooidium unter dem Arm trug und auß höltzernen Kannen trunck, sonderlich wann die Zech und die Reih an mir war, daß ich Geist haben solte. — — ein kecker Gesell voll sröhlichen alten deutschen Scholarenhumors. Ein Festmahl vereinigte nach diesen literarischen Genüssen die Teilnehmer im »Frankfurter Hof-. Gotthilf Weisstein. Frankfurter Bücher-Karneval. Frankfurt a. M., 2. Dezember. Das Festmahl, das die -Gesellschaft der Bibliophilen- nach der Arbeit mittags im »Frankfurter Hof- in einem intimen kleinen Salon vereinigte, war von etwa vierzig Teilnehmern besucht und verlief in angeregtester Heiterkeit, 1670'
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder