Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 08.12.1906
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1906-12-08
- Erscheinungsdatum
- 08.12.1906
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19061208
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-190612083
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19061208
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1906
- Monat1906-12
- Tag1906-12-08
- Monat1906-12
- Jahr1906
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
12768 Nichtamtlicher Teil. 285, 8. Dezember ISOK. da nur wenige Reden und gar keine Musik verabfolgt wurde, dagegen die versprochene Fälle literarischer Festgaben und Privatdrucke wirklich -in die Erscheinung trat«. Auf jedem Couvert lag zuoberst eine famose altdeutsche Speisekarte, in rot und schwarz auf echtem alten angebräunten Papier in Schwabacher Typen gedruckt, mit veritablen Wurmlöchern als Zeugen unbestreitbaren Alters. Nach den Vorschriften mittelalterlicher Kochbücher und in der Weise, wie bei Kaiser festen auf der Wartburg altdeutsche Speisezettel gegeben werden, hatte dieser folgenden Wortlaut: »Eyn klärltch Antzaygung vnnd Bericht wie vnd was sür Speyß vnd trachten zugericht scyn f für der Löblichen f Ersamen und Hochweysen Gesellschaft der Bibliophilorum Banckett so in der Heytigen Kayserlichen Reichs- vnd Krönungstadt Franckensurt am Mayn gehalten wird in der Herberg so man nennet Franckforter Hof am Sontag den zweyten Monatstag Decembris Im Jar unseres Herren Tausend neunhundert und sechs. Von Erbetz eyn Suppen. Ein Steinbutt gekocht, auß der Stadt Ostend kommen, in eyner guten Brüh auf Niederländisch Art mit indianisch Erdtepfsel in Saltz. Eyn Hammelrücken mit allerley fein Zugemäß. Eyn gebraten Fasan aufs Polnisch mit eyn weißen Endiuien Salat. Eyn Schüße! gefroren süß Speyß aus Maurisch mit Gebackenes. Allerley gute Käß. Allerley grün Obst. Auch dem appetitlosesten Bücherstaubfreunde mutzte der joviale dicke Koch mit seinem ehrfurchtgebietenden Bäuchlein und dem Schöpflöffel, der nach einem alten Holzschnitt mitten unter den Geräten seiner Küche vor den brodelnden Töpfen und Kesseln am Fuße des Blatts abgebildet erschien, den Wunsch nach Speise und Trank erhöhen. Alsbald wechselten Gericht und Literatur in angenehm systematischer Reihenfolge ab. Der alte würdige Antiquar I. St. Goar (Frankfurt), dem der Unterzeichnete seit seiner Marburger Studentenzeit die schönste Bereicherung seiner Bibliothek verdankt, widmete der Gesellschaft in der Goethestadt einen Faksimile-Druck der Geburtsanzeige des Dichters. Der »An hang zu denen Wöchentlichen Franckfurter Frag- und Anzeigungs-Nachrichten« berichtet in seiner »Uum. VXXl. Dienstag, den 2. September. Anno 1749« unter der Rubrik »Getauffte hierüben in Franckfurt« vom »Freitags, den 20. ditto 8. ll. Hr. Jos. Caspar Goethe, Jhro Röm. Kayserl. Majestät würck- licher Rath, einen Sohn, Joh. Wolffgang- wobei es sehr interessant ist zu bemerken, daß das Geburts datum in dem Amtsblatt durch einen groben Druckfehler entstellt ist. Bekanntlich ist Goethe am 28. August geboren. Das hübsche und interessante Blättchen wurde allgemein mit großem Dank entgegengenommen. «Einen wahren bibliophilen Enthusiasmus entfesselte ein köstliches starkes, auf feinstem Bütten splendid gedrucktes Quartheft, betitelt: »Neunundneunzig schöne weise Sprich wörter und Klugreden«, gesammelt von Joseph Baer L Co., das der gelehrte Teilhaber der Firma Herr M. Sondheim mit vielem Geschick bearbeitet hatte. Alle die aufgesührten Sprichwörter und Denksprüche beziehen sich auf das Buch als solches, bald satirisch, bald nachdenklich, bald volksmätzig komisch, bald schalkhaft, bald derb erotisch, bald philosophisch gebildet, bald neckisch, bald dämonisch ironisierend. Hier einige Proben aus diesem Vademekum für jeden in seine Bücher verliebten Buchmenschen: Bücher sind gut, aber der Ersahrens ist seiner Sache gewiß. Buchwitz ohne Ersahrung gibt keine Nahrung. Das große Buch bringt den Pfarrer um. Das kommt ganz auf den Buchbinder an, sagte der Schul meister, al« man ihn fragte, wieviel Bände Schiller geschrieben hatte. DaS sind schlechte Brillen, sagte der Bauer, der nicht lesen konnte, zum Brillenmacher, man kann dadurch nicht lesen. Die Pfarrer lassen Nichts, als Kinder und Bücher. Ein Steckenpferd frißt mehr, als zehn Ackergäule. Erfahrung regiert die Welt, nicht die Bücher. Er studiert so fleißig wie die Mönche im Kloster Septimo. (Diese sollen, als die Brücke, welche zu ihrem Kloster führte, ver fallen war, mit Folianten aus der Bibliothek einen Damm über den Graben gebaut haben.) Es sein Worte, sagte der Teufel, da kam er über ein Meßbuch. Er hält die Schrift fest, die Bibel von 52 Blättern. (Das Kartenspiel.) Je dicker das Buch, je dünner der Geist. Man liest eher ein geborgtes Buch als ein gekauftes. Sieben alte Bücher Hecken leicht ein neues aus. So kümmt Gottes Wurt in Schwung! säd de Düwel, UN smitt de Bibel oewern Tun (übern Zaun). Wer Bücher machen will und bauen an die Gaffen, der muß die Leute reden lassen. Zum Schluß noch einiges von der sanst-erotischen Buchmeisheit der alten Deutschen: Er liest gern in Büchern, wo man die Blätter mit den Knien umwendet. Er liest gern in der Mägde Fürtuch. — Do mich meyn Vater schickt zu schulen, Do lernt ich für studieren bulen In dem unnützen, irrigen Buch Zu lateyn: der megde sllrtuch. (Dies Berslein aus Murners Schelmenzunst oeranlaßte einen späteren Erklärer des schelmischen Humoristen Murner, namens Waldau, der der »Mägde Fürtuch«, d. h. die Schürze, sür ein wirk liches Buch gehalten hat, zu der erheiternden Bemerkung: »möchte doch ein bibliographischer Literator dieses Buch näher anzeigen, von dem ich aller Mühe ungeachtet Nichts habe ausfindig machen können.«) Weitere literarische Zwischengerichte zwischen den Leistun gen der Speisekarte gaben dann noch De. Otto Deneke aus Göttingen, eine komisch-ernste Untersuchung über Goethes Spottvers »Nicolai auf Werthers Grabe», und vr. Karl Schüddekopf (Weimar), der einen unbekannten Goethe-Brief mitteilte. Dieser, wie es scheint, nicht abgegangene Brief ist an den bekannten v, Heinrich Döring nach Jena gerichtet, der eine Art Fabrik von Klassiker-Biographien hatte und außer Goethe auch Schiller, Kotzebue und Musaeus geschäftsmäßig biographisch ausgeschlachtet hatte. Sehr fein macht vr. Schüdde kopf vom Weimarischen Archiv, der emsige und gelehrte Sekretär der Gesellschaft, auf die Schematisterungsmarotten des alten Goethe, die auch in dieser Epistel zu Tage treten, aufmerksam. Ein allerliebstes Humoristikum, ein Gedicht »Biblio- philen-Trost« von einem Anonymus gedichtet, machte dann den Schluß des Frankfurter Bibliophilen-Tages. Unter dem Verstecktitel: »Ein verschollenes und bisher ungcdrucktes ! Gedicht Ludwig Uhlands«, als dessen Dichter sich später der
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder