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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 05.09.1923
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1923-09-05
- Erscheinungsdatum
- 05.09.1923
- Sprache
- Deutsch
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Redaktioneller Teil. 207, 5. September 1923. Unter den »Einrichtungen» des Börsenvereins ist die bei wei tem wichtigste das Börsenblatt. Die Abhängigkeit von ihm'ist ver schieden! dem Sortiment ist es das tägliche Brot; unter den Ver legern ist es vielen als wirksames Vertriebsmittel sehr wertvoll; nicht wenige aber machen von ihm fast gar keinen Gebrauch. Letz teren würde es nicht viel ausmachen, es ganz zu entbehren. Da aber die Zeiten der -Sekreticrung- unwiederbringlich vorbei sind, so würde auch ein gesperrter Sortimenter sich unschwer das Börsen blatt so verschaffen können, wie er es zur ungestörten Fortführung seines Betriebes braucht. Wenn aber das Börsenblatt etwa als Waffe gegen den Verlag gebraucht werden sollte, so wollen wir nicht übersehen, daß gerade der Verlag es ist, der das Börsenblatt durch seine Anzeigen wirtschaftlich stützt. Würde er mit diesen Anzeigen in erheblichem Umfang zurückhalten, so müßte das jetzt schon (wenn ich nicht irre) vorhandene Defizit eine Höhe erreichen, die den Börsenverein zwingen würde, Las Börsenblatt eingehen zu lassen. Abgesehen von der schweren Rückwirkung auf die Finanz lage des Börsenvereins würde das aber auch eine bedeutende Schä digung des Sortiments bedeuten, das dann auf zahlreiche zersplit terte Vertriebsorgan« angewiesen wäre, die es natürlich nur mit einem sehr viel größeren Zeit- und Arbeitsaufwand beherrschen kann als jetzt das Börsenblatt. Wohl niemand wird glauben, daß der Verlag auf di« Dauer eine Waffe finanzieren wird, die dazu dienen soll, ihn selbst zu knebeln. 2. Die Ohnmacht des Börsen Vereins. Wir sehen also: di« beiden einzigen Machtmittel des Börsen vereins werden in dem Augenblick zerbrechen, wo sie etwa dafür eingesetzt werden sollen, den Verlag unter das Joch des Sorti ments zu beugen. Jeder ernsthafte Versuch, sie anzuwendcn, würde nur einen Erfolg haben: die völlige Ohnmacht des Börsenvereins zu offenbaren. Hier liegt Wohl der letzt« Grund für die »Zurück haltung-, die der Vorstand in den letzten Jahren geübt hat, und es ist Gedankenlosigkeit oder Tartüsferie, wenn ihm aus dieser Zurück haltung ein Verbrechen gemacht wird, nachdem der Konflikt zwi schen Sortiment und Verlag auf die Spitz« getrieben und eben da durch der Börsenverein in den toten Punkt gestellt worden ist. Die Macht des Börsenvereins ist auf die Gilde übergcgangen. An dieser Tatsache kann man nicht vorüber. Und der Erste Vor steher der Gilde ist sich dieser Macht auch Wohl bewußt. Nachgerade wächst er sich zum Diktator des Börsenvereins aus. Schon die Art, wie vor Kantate di« Kandidaten der Gilde aufgestellt wurden, war eine Usurpierung der Rechte, die bisher dem Wahl-Ausschuß Vorbehalten waren. In derselben — fast möchte ich sagen mehr heitsprotzigen — Art wurden später die Kandidaten für den Wahl ausschuß aufgestellt. Immer zwischen den Zeilen ein sie voio, sie Mdeol In dieselbe Kerbe schlagen die verschiedenen OoosiUa absuoäi, die nacheinander dem Ersten Vorsteher, dem Syndikus und schließlich Geheimrat Or. Siegismund im Gildeblatt erteilt wurden. Auch wer, wie ich, in besonderen Fällen genötigt gewesen ist, Geheimrat Siegismund zu bekämpfen: auch wer es mit mir be dauert, daß der rechte Zeitpunkt zum Verlassen der Bretter, die für ihn die Welt bedeuten, versäumt worden ist: der wird doch nie ver gessen dürfen, daß dieser Mann viele Jahre seine außergewöhnliche Arbeitskraft, seine reiche Erfahrung und seinen sehr gesunden Buch händlerverstand in den Dienst seiner Berufsgenosscn gestellt und gerade auch für das Sortiment bedeutende Erfolge errungen hat; er wird nicht vergessen dürfen, daß dieser Mann die übernommene Ehrenpflicht mit solcher Hingabe erfüllt hat, daß ihm daraus dauernder körperlicher Schaden erwachsen ist. Wer das für das Ge meinwohl geleistet hat, der sollte wahrhaftig davor geschützt fein, in einer Weise öffentlich abgemuckt zu werden, wie das im Gildeblatt versucht worden ist. Und nebenbei soll noch der Anschein erweckt werden, als ob hier Dinge geschoben würden, von denen doch nach gerade recht viele wissen, daß sie längst im Lauf sind. Auch di« Wahl Nitschmanns in den Vorstand ist ein Ausfluß der Machtstellung der Gilde. Sie ist in jedem Falle dadurch höchst merkwürdig, daß sie nur zustande kam, indem ein großer Teil seiner Gegner für ihn gestimmt hat. Vielleicht hat sogar «in erheb licher Teil seiner Anhänger gegen ihn gestimmt. Dieses guiä pro guo beleuchtet scharf die Verworrenheit der Lage. Ob die Neuwahlen eine Lösung und Klärung gebracht haben, werden wir zunächst erörtern müssen. I2S4 c 3. Der verschämte Umsturz. Es ist lebhaft bestritten worden, daß die letzten Wahlen einen ! Systemwechsel bedeuteten. Und doch kann nichts weniger zweifel haft sein als dies. Bisher war jedes Vorstandsmitglied der Ge samtheit des Buchhandels verantwortlich und traf sein« Ent scheidung ausschließlich nach sachlichen Erwägungen. Zuge geben, daß der einzelne als Mensch notwendig in einem mehr oder weniger weiten Jnteressenkreis befangen war und deshalb nicht vollkommen objektiv entscheiden konnte. Das lag aber nicht im Prinzip der Organisation begründet, sondern nur in der Unzu länglichkeit alles Menschlichen. Jetzt aber ist dieser Gnmdsatz ganz ausdrücklich und anscheinend unter allgemeiner Zustimmung durch den Grundsatz der Parität ersetzt worden. Das heißt aber nichts anderes als: 1. nicht mehr die Gründe, sondern die Sti m m e n geben den Ausschlag. Der Gegner wird nicht mehr überzeugt, sondern überstimmt; 2. das einzeln« Mitglied ist nicht mehr der Gesamtheit verantwortlich, sondern in erster Linie der Interessen gruppe, zu deren Vertretung es in den Vorstand gewählt worden ist; 3. nicht mehr die Persönlichkeit ist für die Wahl aus schlaggebend, sondern das Programm. An dieser grundsätzlichen Änderung ist nicht zu drehen, noch zu deuteln. Sie wurde eine Zeitlang auch offen zugegeben. Nicht nur aus der ersten Bekanntmachung der Koalition klang sie heraus; auch der Geschäftsbericht der Gilde sagt ausdrücklich: »Der beabsichtigte Systemwechsel sei augensällig und müsse betont wer den-. Ich will gern annehmen, daß bei den einzelnen Vorstands mitgliedern, namentlich M den amtsülteren, nach wie vor das Bestreben besteht, nur nach Gründen und unparteiisch zu ent scheiden. Aber sie sind in ein System hineingestellt, das sein« Rück wirkung auch auf sie unfehlbar geltend machen wird. Vielleicht gibt es Optimisten, die erwarten, daß die beiden Vorsteher der Gilde jetzt, nachdem sie in den Vorstand des Börsenvereins einge- zogcn sind, nicht mehr einseitig die Interessen des Sortiments wahren, sondern mit ebensoviel Sachkunde und Tatkraft für die Interessen des Verlags eintreten werden. Ich gehöre zu diesen Optimisten nicht. Die Herren Nitschmann und Diedcrich sind a l s Vertreter des Sortiments in den Vorstand eingetreten und werden es bleiben, selbst wenn sie den besten Willen haben, »auch- den Interessen des Verlags gerecht zu werden. Man kann unmöglich von ihnen erwarten, daß sie ihren sortimenterlichen Ge dankenkreis, in den sie von Jahr zu Jahr tiefer hineingewachsen sind, nun plötzlich abstreifen wie einen alten Rock. Und wenn sie es könnten oder wollten, was wäre die Folge? Sie würden sich dem Vorwurf der Fahnenflucht aussetzen und Vertrauen und Ge folgschaft des Sortiments verlieren. Als Volkstribunen sind sie in den Vorstand eingezogen, als Volkstribunen müssen sie ihr Schicksal erfüllen. Finden aber innerhalb des Vorstandes die Sortimenterinteressen einseitige Vertretung, so werden dadurch die Verleger im Vorstand geradezu gezwungen, nun ihrerseits die Verlegecinteressen ein seitig zu vertreten. Der Systemwechsel liegt also offen zutage. Der Vorstand ist in zwei Triumvirate aufgespalten, deren jedes nicht mehr die Interessen des Buchhandels, sondern das «ine des Sorti ments, das andere des Verlags vertritt. Und das Tolle bei der Sache ist, daß die beiden Bcrufsvertretungen, die auf diese Weise den Vorstand »bilden-, ausdrücklich die.Zugehörigkeit zum Börsen verein abgelehnt haben. Das politische Spiegelbild dieses Zu standes wäre etwa, wenn Preußen und Bayern sich vom Reiche lossagten, dann aber gemeinsam allein' die Reichsregierung bilden wollten. Gewiß! Die Dinge sind noch nicht so weit getrieben, wie ich sie hier gezeichnet habe. Aber das liegt nur daran, daß das von mir aufgezeigte Prinzip noch nicht vollständig durchgesllhrt ist. Lassen wir die Entwicklung in diesem Sinne treiben, so sind wir sehr bald dahin gelangt, daß Gilde und Verlegerverein -ihre- drei Vertreter in den Vorstand des Börsenvereins »entsenden- und die »Wahl- dnrch die Hauptversammlung nur noch Theater ist, wie so vieles in
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