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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 25.02.1896
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1896-02-25
- Erscheinungsdatum
- 25.02.1896
- Sprache
- Deutsch
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1166 Nichtamtlicher Teil. 46, 25. Februar 1896. Firma Reese L Wichmann hier) das Interesse der weitesten Kreise für sich in Anspruch nehmen. Nach meiner Ueber zeugung auch für den Buchhandel, und daher möchte ich mir erlauben die scharfe Stellungnahme des Herrn Wichmann gegen die »moderne Kunst« hier kurz zu erörtern und den Versuch zu machen, den Einfluß auf das Buchgewerbe und damit auf den Buchhandel zu beleuchten. Zur Orientierung über den fraglichen Artikel möge be merkt sein, daß der hiesige Kunstverein bereits im vorigen Jahre eine Preiskonkurrenz für ein Ausstellungs-Plakat aus geschrieben und eine Arbeit mit dein Preise gekrönt hatte, die hinsichtlich Zeichnung und Farbe eine moderne Kunstleistung allerersten Ranges genannt werden darf. Auch in diesem Jahre ist eine gleiche Entscheidung ge troffen worden Damals wie heute hat diese Entscheidung die Mißbilligung, oder vielmehr den Unwillen derjenigen hiesigen Kreise hervorgerufen, die, wenngleich nicht zur Zunft gehörig, doch ein aufrichtiges Interesse für die Kunst besitzen. Tie große Mehrheit dieser Kreise hat seither nicht die Ueber- zcugung zu gewinnen vermocht, daß die immer mehr über- handnehmcndcn Farbcnklcxereien, sowie die in grotesker Manier ausgeführten Zeichnungen unserer »Modernen- einen künstlerisch veredelnden Einfluß ausüben und die Kunst auch nur um einen Schritt vorwärts bringen können. Die zahlreichen Protestartikcl aus dem Publikum haben damals ivie heute gezeigt, daß das künstlerische Gefühl und Bewußtsein im Volke sich nicht deckt mit den Leistungen der sogenannten modernen Schule Alle diese Proteste laufen zusammen in der Frage: Weshalb lassen wir uns denn eigentlich terrorisieren von einer Minorität von Künstlern und sonstigen Personen, die als Leiter von Kunstinstituten eine Richtung vertreten, welche mit souveräner Verachtung jede Tradition abschwvrt, und die eine neue Kunst der Menschheit ausdrängen wollen, welche diese aus innerster Ueberzeugung ablehnt, weil sie empfindet, daß hier nicht der Genius, sondern nur das »tia äu sidele« sich offenbart. Der Wichmann'sche Artikel beginnt mit folgenden Worten: »Gedankenarm, geschmacklos, kunstlos und vor allen Dingen unfertig und nüchtern, das scheinen die von den Künstlern einer gewissen Richtung in der Malerei seit einigen Jahren angestrebten Eigenschaft n ihrer Erzeugnisse zu sein. Dieser Gedanke muß jedem kommen, der, un beeinflußt von den krankhaften Strömungen einer irre geleiteten Schule, mit einfach gesundem Menschenverstände diesen Schöpfungen gegenübersteht an denjenigen Stellen, die ihm früher als Heiligtümer der Kunst lieb und teuer waren.« — Die Wiedergabe der weiteren Ausführungen des Ver fassers, würden über den Nahmen des mir gesteckten Zieles hinausgehen. Da sie jedoch für alle Freunde der Kunst Be achtung verdienen, so hat sich der Verfasser zu meiner Freude entschlossen, einen Separatabdruck seines Artikels Herstellen zu lassen *) Die Leistungen der modernen Schule auf dem Gesamt- gebicte unserer Kunst haben sich im vorigen Jahre innerhalb des deutschen Buch- und Kunsthandcls besonders bemerkbar gemacht durch zwei Publikationen— »Pan« und -Jugend«. Die Kunst, die hier zum Ausdruck und zur Darstellung gelangt, ist genau identisch mit derjenigen Richtung, die in dem Wichmann'schen Artikel bekämpft wird. Da diese Leistungen der Kunst bereits allgemein bekannt geworden sind und ich als Laie selbstverständlich nicht den Beruf eines Kunstkritikers für mich in Anspruch nehmen kann, so möchte ich mich, wie Wichmann es gethan hat, darauf beschränken, nur den gesunden Menschenverstand für mich zu beanspruchen. *) Ich bitte gratis zu verlangen: 1 Wichmann, die neue Richtung der Kunst. wenn ich die krankhaften Strömungen einer irre geleiteten Schule auf einem Gebiete verfolge, dem ich selbst angchöre. Vox populi, vox Om! ^TNan höre nur die Stimme des Gottlob noch nicht irregeleiteten Volkes, um zu erkennen, daß dieses durchaus kein Bedürfnis empfindet, der Segnungen einer neuen Kunst teilhaftig zu werden, sondern im Gegenteil mit vollem Bewußtsein noch den Hauch einer großen Vergangenheit in sich lebendig fühlt und tief durch drungen ist von der Ueberzeugung, daß die Zukunft unserer Kunst nicht denjenigen gehören kann, die dem Volke nicht Schönheit, sondern nur Zerrbilder und Ausgeburten eines ungesunden Zeitgeistes zu bieten vermögen. Und solche Zerrbilder sind es auch, die im »Pan«, sowie in der »Jugend« auftreten und als Beiträge des deutschen Buch- und Kunsthandels für die Verbreitung einer irregelei teten Schule — Gott sei es geklagt — gelten müssen. Das vernichtende Urteil, womit eine sachkundige Feder die Leistungen des »Pan« in den »Nachrichten aus dem Buchhandel« bereits gewürdigt hat, darf man gewiß als den Ausdruck derjenigen Stimmung betrachten, die bei uns allgemein empfunden wird. Nichtsdestoweniger erscheint es mir durchaus zweckmäßig, daß man im Buchhandel dem Treiben der modernen Kunstjünger einige Aufmerksamkeit schenke und den angedeutetcn Aus wüchsen mit Bewußtsein entgegentrete. Denn die letzteren zeigen sich nicht etiva nur in den Spalten der genannten beiden Zeitschriften, sondern z. B. auch auf den Umschlägen und Kaliko-Einbänden unserer Bücher Allerdings handelt es sich dabei bis jetzt nur um ein sporadisches Auftreten bei Werken, deren Inhalt ebenso »modern« ist wie ihr Aeußeres. Nach dem Spruche »die Flagge deckt die Ladung« kann man übrigens diesen Werken durch das ihnen umgehängte Mäntelchen auch ohne die Röntgenschen Strahlen ins Innere schauen und ihre Krankheitsstoffe erkennen. Nach meinem Dafürhalten hat der Buchhandel im eigensten Interesse gar keine Veranlassung, die Leistungen unserer modernen Kunstschule praktisch zur Geltung zu bringen Ganz abgesehen davon, daß materielle Erfolge dabei sehr problematisch erscheinen, möchte ich darauf Hinweisen, daß die tonangebenden großen Verlagsfirmen auf dem Gebiete der deutschen Kunst von jeher ihr höchstes Ziel darin erblickt haben, eine edle und vor allem n ationalc Kunst dem Volke zu übermitteln. Die Einschätzung idealer Bestrebungen kann gar nicht hoch genug bemessen werden; denn was sollte und müßte aus unserem ganzen schönen Beruf werden, wenn wir aushörc» wollten, dem Idealen nachzustreben! Auch unsere ersten und vornehmsten^unstblätter ver treten diese Anschauung, und wenn diese auch aus historischen Rücksichten genötigt sind, allen Richtungen der Kunst Beachtung zu schenken, so weiß jeder Urteilsfähige, daß die jetzige moderne Schule mit ihren häßlichen und naturuuwahren Zerrbildern wahrlich nicht um ihrer selbst willen berücksichtigt wird. Wenngleich nun der deutsche Buch- und Kunsthandel auf dem Gesamtgebiete der Kunst zur Hauptsache nicht produktiv, sondern nur reproduktiv auftrilt, so hat er doch alle Ursache, sich seiner vermittelnden Thätigkeit als einer nicht zu unter schätzenden Mission bewußt zu sein. Sein KvMLll und Ver mögen liegt in der Mithilfe — so oder so! ^Möchten daher unsere Verleger und Kunstinstitute allen Malern, die mit Schweinfurter Grün und Berliner Blau arbeiten, oder die ihren ganzen Farbenvorrat in fingerdicken Strichen auf die Leinwand klexen - sowie allen Zeichnern, die durch ihre ab stoßenden und jeder höheren Auffassung entbehrenden Ge stalten — kurzum allen Künstlern, die mit ihren ebenso ge dankenarmen wie häßlichen Leistungen dem Schönheitsgefühl, wie dein gesunden Menschenverstände ins Gesicht schlagen, die Thüre zeigen! Auf diese Weise könnte unser Kunstverlag mithelfcn, um unser Volk zu bewahren vor aller Unnatur.
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