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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 15.05.1897
- Strukturtyp
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- Band
- 1897-05-15
- Erscheinungsdatum
- 15.05.1897
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- Deutsch
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111, 15. Mai 1897. Nichtamtlicher Test. 3585 zusammenzustellen, biete keine besondere Schwierigkeiten; dazu gehöre nur Geschick in der Auswahl der aufzunehmenden Stücke, was jedoch keine hervorragende geistige Thätigkeit erfordere. (Heiterkeit.) Das ist allerdings meine Ansicht nicht; ich stehe auf einem anderen Standpunkt. Was ich nun für schwerwiegend halte, ist die Thatsache, daß durch den Verfasser jenes monopolisierten Lesebuches zu einer Zeit, als das Konkurrenzlesebuch von Bartholomäus und Heinecke, welches sich zur Einführung gemeldet hatte, dieses Konkurrenz lesebuch zweier hervorragender und tüchtiger Schulmänner, in amtlichen Lehrerkonserenzen besprochen wurde, und zwar, wie ich gleich hinzusügen will, in anerkennendster und lobendster Weise besprochen wurde, durch eine Verfügung vom August 1894, also l'/g Jahre bevor noch das Rtemenschneidersche Lesebuch er schienen war, den Lehrern durch die Kreisschulinspektoren zur Kenntnis gebracht wurde, daß das vielgenannte Lesebuch von Bartholomäus und Heinecke im Regierungsbezirk nicht zur Ein führung gelangen, sondern daß die Königliche Regierung selbst die Herausgabe eines Lesebuchs in die Hand nehmen werde. Daß auf diese Weise die Besprechung eines Konkurrenzlesebuches in den Konferenzen vollständig unterdrückt wird, und daß ferner ein Druck auf Schulinspektoren und die ihnen unterstehenden Lehrer bezüglich solcher Lesebücher ausgeübt wird, brauche ich hier nicht näher zu erörtern, das steht alles in den Ministerialerlassen von 1880 und 1873 mit der nötigen Deutlichkeit. Nun, meine Herren, werden Sie — und ich bitte Sie, mir noch ein paar Augenblicke zu gestatten — wahrscheinlich der Mei nung sein, dieses Arnsbcrger Lesebuch sei so vortrefflich, daß dem gegenüber gar kein anderes Lesebuch mehr in Betracht kommen könne, und daß eben wegen dieser Vortrefflichkeit die Einführung im Monopolwege verfügt worden sei. Es thut mir leid, dieser Ansicht hier entgegentreten zu müssen. Ich habe das Arnsberger Lesebuch zu dem Zweck der Besprechung in diesem Hohen Hause zum Gegenstand der eingehendsten Durchsicht gemacht. Ich stehe ja überhaupt diesen Sachen nicht ganz fremd gegenüber, da ich früher 17 Jahre lang im Schulfach thätig gewesen bin. Ich habe cs insbesondere verglichen mit dem zwei Jahre früher erschienenen Konkurrenzlesebuch von Bartholomäus und Heinecke, und da kann ich nur sagen, daß das Arnsberger Lesebuch zwar einen erfreulichen Fortschritt gegen das bisher als amtlich geltende Lesebuch von Gabriel und Supprian darstellt, welches allerdings keineswegs auf der Höhe der heutigen Pädagogik steht, daß aberdiescs ArnsbccgerLescbuch nicht an das Konkurrenzlesebuch von Bartholomäus und Heinecke heran- rcicht. Ich befinde mich mit diesem Urteil in sehr guter Gesellschaft: Die hervorragendsten Pädagogen der Jetztzeit, unter ihnen viele geistliche und weltliche, Kreis- und andere Schulinspektoren haben gerade dem letzteren Buche aus freien Stücken anerkennendste Zeug nisse ausgestellt. Wenn ich mir nun das Arnsberger Lesebuch dem gegenüber ansehe, so muß ich sagen, fällt mir in manchen Lese- stücken ein widerwärtig sich aufdrängender moralischer Ton auf, bei dem man die Absicht merkt und verstimmt wird; es fällt mir namentlich auf, daß vielfach eine populär sein sollende Sprache mit Gewalt in dieses Lesebuch eingeführt ist, die völlig platt wirkt. Ich will Ihnen ein kleines Pröbchen geben, wie das Schwein in diesem Buche beschrieben wird: Es ragen aus seinem Rachen die glänzend weißen Eckzähne hervor, und aus seinem Gesichte blitzt zwischen den schmal geschlitzten Augenlidern ein kleines, aber entschlossenes Augenpaar. (Heiterkeit.) Die Bauern pflegen die lebendigen Ferkel im Sacke auf den Markt zu tragen, und ein solcher lebendiger Sack ist sehr spaßhaft. (Große Heiterkeit.) Nun, ich finde, das ist eine Platitüde eines populär sein sollenden Tones in einem Lesebuch, für die mir die westfälische Jugend viel zu gut ist. Das Buch enthält auch noch andere Sünden; sogar die Verse der -Wacht am Rhein« sind abgeändert. Die Stelle, wo es heißt: Er blickt hinauf in Himmelsauen, Wo Heldengeister niederschauen hat der Schulrat umgewandelt: Auf blickt er, wo der Himmel blaut, Wo Vater Hermann niederschaut. (Große Heiterkeit.) Ich kann das nur daraus begreifen, daß der Schulrat mit Hermann, dem Cherusker, den gleichen Vornamen hat; er heißt Or. Hermann Riemenschneider. (Große Heiterkeit.) In der für den Regierungsbezirk Düsseldorf bestimmten oder wenig stens gedruckten Ausgabe ist ferner Schillers Glocke derart ver stümmelt und nur in einzelnen Meistersprüchen wiedergegeben, daß aus denselben weder der Vorgang beim Glockenguß, noch die PicTuMechzlMtt Jahrgang. Parallele mit dem Menschenleben entnommen werden kann. Es findet sich — und das wird namentlich Herrn v. Eynern inter essieren — die Behauptung darin, daß das Wupperthal Barmen- Elberfeld und das Neanderthal im Eggegebirge gelegen liege. (Heiterkeit.) Geographie schwach! Meine Herren, das ist hier nicht der richtige Ausdruck, es muß einfach heißen: Geographie ungenügend! (Große Heiterkeit.) Ja, meine Herren, das kann man doch kein Musterlesebuch nennen, zu Gunsten dessen man das Konkurrenzlesebuch, über das sich bewährte Pädagogen in lobenswerter Weise ausgesprochen haben, einfach verbietet. Meine Herren, mit dieser Monopolisierung — und das ist für mich die Hauptsache — verhindert man jeden pädagogischen Fortschritt und man ertötet das geistige Leben in unserer Lehrerwelt, was ich für sehr bedenklich halte. Ganz dieser Meinung ist auch der srühere Minister Graf v. Zedlitz-Trützschler gewesen, der hier am 7. März 1892 aus eine Anfrage, ob er die Schullesebücher zu verstaatlichen trachte, er widert hat: -ein solcher Unsinn ist mir noch niemals in den Sinn gekommen. Aber auch meine Vorgänger, meine verehrten Herren Mitarbeiter haben niemals einen Gedanken gehegt, der das zum Ausdruck bringen könnte.- Und der Minister betonte damals be sonders, -der freien Thätigkeit auf diesem Gebiete wollen wir in keiner Weise einen Hemmschuh anlegen.- Nun hat diese Sache noch eine Seite, das ist die finanzielle, die ich — und dann bin ich zu Ende — hier kurz noch besprechen muß Man will ein einziges Lesebuch unter Umständen nicht für einen, sondern sogar für die zwei größten und volksreichsten Bezirke unserer Monarchie ein führen und einer Verlagsbuchhandlung monopolisieren. Wie ein träglich ein solches Monopol ist, meine Herrn, das geht aus den Mitteilungen der westfälischen Provinzialsynode hervor, daß das neue Prooinzialgesangbuch bei seiner Einführung in erster Auflage einen Gewinn von 227000 ^ ergeben hat und daß weiter ein solcher von 40—50000 ^ jährlich zu erwarten sei. Ein Lesebuch wird noch mehr gebraucht als ein Gesangbuch, und da können wir uns den Gewinn, den die monopolisierte Verlagsbuchhandlung daraus erhalten wird, sehr leicht berechnen. Nun hatte die Verlagsfirma des Bartholomäus- und Heinecke schen Konkurrenzlesebuchs dem Herrn Minister angeboten, mit Rücksicht auf minder bemittelte Leute alle bisher in den Händen von Schulkindern befindlichen Lesebücher kostenfrei gegen das neue Lesebuch umzutauschen, wenn eS zur Einführung gelange. Nichts destoweniger ist ihr von dem Herrn Kultusminister unterm 30. März 1897 folgender lakonischer Bescheid geworden: Ew. Wohlgeboren sende ich die Anlage der hierhin gerichteten Eingabe vom 23. Dezember vorigen Jahres beifolgend zurück, indem ich auf meine Verfügung vom 11. März u. o. Hin weise, die im Aprilheft des Centralblattes für die gesammte Unterrichtsoerwaltung in Preußen zur Veröffentlichung ge- langen wird. Diese Verfügung befindet sich ebenfalls in meinen Händen; sie lautet: Ich habe schon in meinem Erlaß vom 7. Mai 1894 daraus hingewiesen, daß die Auswahl der einzuführenden Schul bücher allein nach dem pädagogischen Wert derselben ohne Rücksicht auf finanzielle Vorteile, die Verleger oder Ver fasser aus ihrem Gewinn für wohlthätige Zwecke bestimmen, zu treffen ist. Um unzulässigen Agitationen für die Ver breitung von Schulbüchern vorzubeugen, werde ich fernerhin kein Buch für den Unterrichtsgebrauch genehmigen, wenn der Verfasser oder Verleger Leitern oder Lehrern von Schulen zu Anträgen auf Einführung des Buches in ihren Schulen durch Gewährung finanzieller Vorteile an Lehrervereine oder an Stiftungen zu Gunsten von Lehrern oder deren Hinter bliebenen Anregung geben. Meine Herren, mit dieser Verfügung des Herrn Ministers bin ich ganz und voll einverstanden. Aber gerade deshalb möchte ich an die Unterrichtsverwaltung das Ersuchen richten, eine Unter suchung darüber anzustellen, was für finanzielle Versprechungen betreffs der Einführung dieses Arnsberger Lesebuches, dessen Ver fasser sür die erste Auflage auf das Honorar verzichtet hat, an solche Vereine von Lehrern u. s. w. gemacht worden sind. Meine Herren, ich bin im Besitze des einschlägigen Materials; aber Sie werden begreifen, daß ich keine Neigung habe, ein solches Material vor dem Lande vorzubringen. Das widerstrebt meiner Eigenart. Dem Herrn Minister stehe ich aber in dieser Richtung sehr gern zur Verfügung. Ich ersuche also, um mich zu resümieren, die Unterrichtsver waltung, mir darüber Auskunst zu geben, ob die Monopolisierung des Riemenschneiderschen Lesebuches für den Regierungsbezirk Arnsberg aufrecht erhalten werden soll und ob sie eventuell für Düsseldorf in Aussicht genommen ist. Und zweitens bitte ich, um aus den Eingang meiner Ausführungen zurückzukommen, die Unter richtsverwaltung, mir daraus zu antworten, ob fernerhin in den 482
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