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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 15.05.1897
- Strukturtyp
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- 1897-05-15
- Erscheinungsdatum
- 15.05.1897
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- Deutsch
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111, 15. Mai 1897. Nichtamtlicher Teil. 3589 Noch schlimmer als mit dem geschichtlichen und zum Teil heimatlichen Inhalt —es muß ein gutes Volksschullesebuch in gewissen Umrissen etwas von der lokalen Heimatskunde dem Kinde in die Hand geben — stand es bei den Büchern zum großen Teile in kon fessioneller Beziehung. Die Bücher schürten geradezu in unerhörter Weise den Haß der Konfessionen gegeneinander. (Hört! hört! bei den Nationalliberalen.) Meine Herren, der Pfarrer Schulte in Erwitte hat in einer Schrift aus lutherischen Lesebüchern eine Blumenlese von derartigen Stellen gegeben. Das war vollkommen recht. Es waren ganz ungehörige Angriffe auf die katholische Kirche, die gar nicht in die Volksschule gehörten. Aber er hat nicht gewußt oder er hat verschwiegen — wahrscheinlich gar nicht gewußt —, daß genau dieselben Sachen in katholischen Lesebüchern auch Vorkommen und sich gegen die Evangelischen richteten. Nach alledem gewann die Unterrichtsverwaltung die Ueber- zeugung: so kann es nicht bleiben. Es wurde bestimmt, es solle dafür gesorgt werden, daß kein Buch ohne die Genehmigung der Unterrichtsverwaltung in Gebrauch genommen werden dürfe. Das war übrigens schon in der Regierungsinstruktion von 1817 vor geschrieben. Es wurde also nur die alte Bestimmung wieder holt eingcschärft, etwas Neues aber nicht eingeführt. Ferner sollte möglichst dahin gewirkt werden, daß gute Lesebücher her gestellt und die unbrauchbaren beseitigt würden. Es sollte, soweit es möglich wäre, für eine thunlichste Einheit in den Lesebüchern innerhalb eines größeren Bezirks — etwa im Re gierungsbezirk oder auch in einem kleineren Kreise — gesorgt werden. Und endlich sollte dem Eindringen fremder Bücher in geschlossene Bezirke thunlichst gewehrt werden. Auch das war nötig. Meine Herren, Sie glauben nicht, welche Manöver gemacht wurden, um den Lesebüchern weiteren Eingang zu verschaffen. Denn ein kleiner Mehrgewinn beim Einzelexemplar, der über das notwendige Maß dessen hinausgeht, was natürlich auch der Ver leger und der Herausgeber für ihre redliche Arbeit haben müssen, bringt bei der großen Zahl, in der diese Bücher bei ihrer Einfüh- rung in einen weiteren Bezirk gebraucht werden, dem Verleger sehr viel ein, und Sie können sich daher denken, daß auf diesem Gebiete mit allen möglichen Mitteln des lauteren und unlauteren Wett bewerbs gewirkt wird. Nun fragt Herr Abgeordneter Rickert: wo bleibt den Verfassern der Bücher gegenüber die freie Kritik? Meine Herren, ich versichere Sie, die Kritik wird im weitesten Umfange geübt. Heber ein Lesebuch, das von einem Schulrat herausgegeben war, habe ich 40 bis 60 Kritiken von Lehrern gelesen, die in den verschiedensten Zeitschriften gestanden hatten; sie wurden von dem Verleger eines anderen Lesebuches in einem Heftchen gesammelt und nun an Regierungen, Schulräte und andere geschickt — unter an deren ist auch mir eins in die Hände gekommen. Diese Kritik war freilich Sache des Verlagskonkurrenten. Er hatte den Lehrern gesagt: hier habt ihr das Lesebuch meines Konkurrenten und nun seht mal zu, was ihr dazu sagt. Natürlich lassen sich an jedem Lesebuch, auch an dem besten, einzelne Ausstellungen machen. Ein Lesebuch, das allen Anforderungen in idealer Weise entspricht, haben wir noch nicht fertig stellen können. Ich selbst habe mich um die Frage bekümmert, habe mir Bücher kommen lassen und habe sie — ich will nicht sagen, mit absoluter Gründlichkeit, aber so weit es möglich gewesen ist — studiert, und an ihnen größtenteils Freude gehabt. Wir haben wirklich ganz vorzügliche Bücher, wenn auch manche noch recht mangelhaft, recht philiströs, unnötig philiströs und prosaisch sind. Erschwert wird uns die Thätigkeit auf diesem Gebiete durch die großen materiellen Interessen, die dabei in Frage stehen. Mit dem Moment, wo ich z. B. in einer großen Stadt genehmige, daß ein neues Lesebuch eingeführt und das alte außer Kurs gesetzt wird, füge ich einerseits dem Verleger des bisherigen Buches großen Schaden zu — ich darf das also nur dann thun, wenn das Buch in der That so schlecht, so minder wertig ist, daß ich die volle Ueberzeugung habe, cs geht nicht mehr so weiter. Anderseits gebe ich dem Verleger des neuen Buches, wenigstens wenn die Regierung nicht vorher schon sehr stark aus den Preis des Buches eingewirkt hat, einen großen Gewinn in die Hand. Was nun die Arnsberger Sache anlangt, so ist sie von der Regierung in Arnsberg aus einem wirklichen Notstände heraus ein geleitet worden. Es waren dort viele Bücher, und darunter auch nicht gute, vorhanden, deren Beseitigung dringend erwünscht war. Die Regierung hat nun dem Schulrat den Auftrag erteilt, ein neues Lesebuch zusammenzustellen. Ich bemerke dabei — Herr Abgeord neter Rickert scheint sich von dem Manne eine ganz falsche Vor stellung zu machen —, es ist ein seminaristisch gebildeter, praktisch ausgezeichneter Pädagoge, und das Buch hat auch nach vielen Seiten methodisch ganz außerordentliche Vorzüge, die selbst von der Gegenseite, von Leuten, welche die einzelnen Mängel des Buches hervorgehoben haben, anerkannt werden. Nun ist weiter vorgesehen, daß der Schulrat von dem Verleger keinen Pfennig erhält; — bekommt er etwas, so bekommt er es Vicrundjechzigswr! tzahrzkng. von uns, für seine Mühe und Arbeit; aber von dem geschäftlichen Vertrieb des Buches erhielt er auch nicht den kleinsten Gewinn. — Ich will nicht sagen, daß ich überzeugt wäre, daß dies Verfahren sich zur Einführung in allen Bezirken empfehle. Aber ich möchte es denn doch in Arnsberg nicht wieder rückgängig machen. Denn, meine Herren, da hat es wenigstens den Erfolg gehabt, daß Uebel- stände beseitigt wurden, ohne daß besondere neue Uebelstände da durch hervorgetreten sind. Die generelle Regelung der Sache ist sehr schwierig. Ich will Ihnen einen Fall aus einem anderen Re gierungsbezirk anführen. Für den Bezirk wurde ein recht gutes Buch für alle städtischen Schulen eingeführt. Da kamen zwei Städte, von denen die eine auf das dringendste bat: laßt uns unser altes Buch, das von ein paar Lehrern unserer eigenen städtischen Mittel schule verfaßt ist. Ja, das Buch steht nicht ganz auf der Höhe des anderen; aber ich habe mir gesagt: wenn der Magistrat und die Stadtverordneten, die Schuldeputation sich die Sache wohl über legt haben, kann es eine Härte sein, ihnen ein neues Schulbuch gegen ihren Willen aufzudrängen. Ich habe ihnen deshalb noch einmal die Vorzüge des anderen Buches nach Maßgabe der In formationen, die ich von meinen Räten bekommen habe, sorgfältig auseinandergesetzt und gesagt: überlegt euch das; bleibt ihr aber dabei, wollt ihr durchaus euer Buch behalten, dann in Gottes Namen behaltet es. Und sie haben es behalten. Ebenso lag es bei der anderen Stadt, wo sich ebenfalls der Magistrat bereits für ein anderes Lesebuch schlüssig gemacht hatte und erklärte, sie würden durch eine Aenderung in die größte Ver legenheit kommen, da sie das neue Lesebuch schon bekannt gemacht hätten in der Voraussetzung, daß ich seine Einführung genehmigen würde. Die Stadt ist groß genug, eine fluktuierende Arbeiter bevölkerung ist nicht vorhanden. Ich habe deshalb auch da ge sagt: ich will lieber dem Wunsche der Stadt Rechnung tragen, als durch starres Festhalten und durch Aufoktroyierung des Lesebuches eine allgemeine Unzufriedenheit Hervorrufen. Aus allen diesen Mitteilungen werden Sie wohl erkennen, daß die Sache so einfach nicht ist, daß sie große Schwierigkeiten hat. Ich muß mir Vorbehalten, an den Zielen, die ich hier eben dar. gelegt habe, festzuhalten und sie zu erstreben, so gut ich das kann. Ich werde schwerlich dahin kommen, bei jeder Regierung ein be sonderes Lesebuch durch den Schulrat Herstellen zu lassen. Wir haben eine Menge Lesebücher, die ohne amtliche Mitwirkung her gestellt sind, und deren Einführung wir genehmigt haben, nachdem wir auf Grund sorgfältiger Prüfung gesehen haben, daß sie gut, zum Teil sogar ganz vorzüglich sind. Deren Einsührung haben wir gefördert. Aber ich muß mir Vorbehalten, die Sache weiter im Auge zu behalten. Daß ich ein Mittel wüßte, um alle Uebel stände auf diesem Gebiete jetzt schon zu beseitigen, mit Sicherheit zu beseitigen, daß muß ich einfach verneinen. Ich weiß es nicht, werde aber für jeden Rat dankbar sein und fortfahren, auf diesem Gebiete zu arbeiten. Aber wir denken gar nicht daran, einseitig eine schablonenmäßige Behandlung eintreten zu lassen. Wir wollen auch gern die Privatinteressen, die dabei konkurrieren, so viel wie irgend in unfern Kräften steht, schonen; das liegt schon in unserm eigenen Interesse. Damit darf ich wohl diesen Gegenstand ver lassen Kleine Mitteilungen. Vom Reichsgericht. Preßvergehen. — Wegen fahrlässigen Prcßvergehens (vorzeitiger Veröffentlichung eines amtlichen Schrift stückes eines Strafprozesses) ist der Buchdruckereibesitzer, Redakteur und Verleger der »Göttinger Zeitung-, Fritz Hofer, vom Land gerichte Göttingen am 10. März zu einer Geldstrafe von 5 ^ ver urteilt worden. Anfang Januar d. I. erhielt er in seiner Eigen- schaft als Druckereibesitzer von der Staatsanwaltschaft ein Schrift stück zum Druck, das als Ersuchungsschreiben an gewisse Beamte ersichtlich war. Es bezog sich auf Ermittelungen, die bezüglich eines Notzucht-, Raub- und Mordversuches angestellt werden sollten. Da Herr Hofer schon einige Tage vorher die Aussetzung einer Beloh nung für die Entdeckung des Verbrechers in seinem Blatte bekannt gemacht hatte, ohne daß es der Staatsanwaltschaft unangenehm gewesen wäre, so veröffentlichte er auch den Inhalt dieses Schriftstückes in seinem Blatte. Dadurch hatte er nach Feststellung des Gerichtes aber gegen Z 17 des Preßgesetzes verstoßen. Da ihm geglaubt wurde, daß er der Ansicht war, der Staatsanwaltschaft einen Gefallen zu thun, und ihr Einverständnis voraussetzte, so wurde nur ein Fahr- lässigkeitsdclikt nach Z 21 des Preßgesetzes (»Begründet der Inhalt einer Druckschrift den Thatbestand einer strafbaren Handlung, so sind der verantworliche Redakteur.... wegen Fahrlässigkeit .... zu bestrafen-) angenommen. — In seiner Revision gegen das erwähnte Urteil behauptete der Angeklagte, Z 21 könne hier über haupt nicht in Anwendung kommen. Das Reichsgericht verwarf indessen am 13. d. M. die Revision als unbegründet. 483
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