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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 20.05.1897
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1897-05-20
- Erscheinungsdatum
- 20.05.1897
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- Deutsch
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3714 Nichtamtlicher Teil. 115, 20. Mai 1897. von eine so klare Vorstellung zu geben, als mir dieses bei dem hier verfügbaren knappen Raume und unter Vermeidung technischer Detailschilderungen möglich ist. Dem freundlichen Entgegenkommen des Herrn Borchardt, Inhabers der welt bekannten Wilhelm Wöllmer'schen Schriftgießerei zu Berlin, verdanke ich die Erlaubnis, mich in diesen Schilderungen zum Teil an die Einrichtungen seines Etablissements «»schließen zu dürfen. Dieses arbeitet mit allen Errungenschaften der neuesten Technik und darf wohl als eine Art Musterinstitut angesehen werden. In rußigen Räumen mit einfachen, gemauerten Feuer herden sehen wir zunächst große Kessel, in denen das Schrift metall geschmolzen wird. Hoch aufgeschichtet liegen hier die Bleizungen, daneben Zinn und Antimon. Damit der Schriftguß in der Maschine gut fließe, scharfe Typcnbilder gebe und im Drucke doch genügende Widerstandskraft zeige, nimmt man in Deutschland in der Regel 70 Teile doppelt raffiniertes Weichblci, 23 Teile Regulus-Antimon und ca. 7 Teile Zinn, bisweilen auch im Verhältnis mehr Antimon und Zinn, auch wohl etwas Kupfer, dagegen dann weniger Blei. Das Letternmetall wird in Tafeln gegossen, die kreuz und quer- rechtwinklig tiefe Einschnitte tragen, damit man leicht kleinere Stücke abschlagen kann. Bevor wir den Letternguß betrachten, begeben wir uns in das Atelier des Stempelschneiders, um zu sehen, wie der Vater der Letter, die Patrize oder der Stempel, entsteht. An hohen Werktischen sitzen oder stehen hier die Stempelschneider. Einer von ihnen hat soeben ein viereckiges, etwa 5 cm langes Stück erweichten englischen Gußstahls in Bearbeitung, auf dessen polierte, ebene Kopfseite er einen Buchstaben verkehrt, bzw. in Spiegelschrift aufpaust, ein anderer graviert an einem Stempel, ein dritter schrägt die Umgebung eines Buchstaben bildes ab, ein vierter härtet einen fertigen Stempel durch Ausglühen in einem kleinen Ofen. Durch Probeabdrücke mit Ruh, sogenannten lluwösz, überzeugt sich der Stcmpelschneider von etwaigen Unkorrektheiten; so mancher Stempel muß zwei-, auch dreimal geschnitten werden. In einem anderen Raume werden in Prägemaschinen durch Eindrücken der Stempel in die Längsfläche von Kupfer stäbchen, die ca. 4 em lang, 1—4 om breit und 1—Iffz ow dick sind, Matrizen hcrgestellt. Diese Gußformen für die Lettern tragen das eingeprägte Bild positiv zur Schau. (Der Abguß, die Letter, enthält es wieder negativ, damit der Buchdruck es positiv heroorbringe.) Tiefe des Einschlages, Gleichmäßigkeit der Tiefe und der Stellung des Bildes in der Matrize müssen haargenau korrekt sein; daher ist das Justieren der Matrizen eine schwierige Arbeit. Im Kontor des Gießereifaktors finden wir die Wände mit Regalen besetzt, die in flachen Schubladen die Stempel und Matrizen übersichtlich geordnet enthalten. Diese Regale bergen in großen Schriftgießereien einen Wert von Hundert lausenden von Mark; sie repräsentieren weitaus das größte im ganzen Geschäfte angelegte Kapital. Gehören doch zu einem einzigen Grade einer Frakturschrift einschließlich Inter punktionszeichen, Ligaturen ic. neunzig und einige Stempel und ebensooiele Matern! Viele Schriften sind in 10—20 Graden vorhanden, und eine große Schriftgießerei verfügt über Tausende von Schriftgraden, Einfassungen rc. Die Schriftgrade oder Kegel bestimmen sich nach dem lypometrischen Punktsystem. Auf diese Maßeinheit müssen alle Schriften, Einfassungen rc. im Kegel, d. h. in dem Quer schnitt des Letternschastes, stimmen. Ein Meter ist gleich 2660 typographischen Punkten nach System Berthold, das nach langem Bestehen zahlreicher verschiedener Kegelsysteme in Deutschland nunmehr ziemlich allgemein eingeführt ist. Ein typometrischer Punkt ist also gleich 0,375 mm. Die gebräuchlichsten Schriftgrade und ihre Maße, in den betreffenden Größen gesetzt, sind folgende: 4 Punkte l'ert 5 „ Oolonel 7 „ Letit 8 „ kourgeois 9 „ Lc»-pt,8 (Oarmonä) 10 Licero 12 Mittel 14 lei'tiä io . Text --> . OoppelciLeno . Seltener kommen in Anwendung: Doppelmittel 28, kleine Kanon 32, grobe Kanon 40, kleine Missal 52, grobe Missal 64, kleine Sabon 76, grobe Sabon 84, Real 96 und Imperial 108 Punkte. Auch aller Durchschuß, alle Ncglctten werden auf System gegossen. In den Gießersälen begegnen wir den Matrizen wieder. Hier stehen in langen Reihen mehrere Dutzend Gießmaschinen, etwa 4 Fuß hoch und ungefähr so breit wie eitle Nähmaschine. Jede Gießmaschine hat ihren besonderen Schmelzkessel, aus dem das flüssige Schriftmetall mittelst Pumpwerks durch eine kleine Oeffnung in das Gießinstrument getrieben wird. Dieses besteht aus zwei Hälften, die sich bei jedem Guß einer Type schließen und öffnen. Die Matrize bildet die Basis des Gieß instrumentes; am entgegengesetzten Ende ergiebt sich ein Zapfen oder »Anguß«. Beim jedesmaligen Oeffnen des Jnstrumcntes zieht ein Häkchen den eben gegossenen Buchstaben heraus und läßt ihn in ein Behältnis fallen. Eine runde Scheibe an der Maschine zeigt jederzeit an, wieviel Typen gegossen sind. Da von jedem Schriftzeichen der Bedarf beim Satz ein anderer, durch Erfahrung erprobter ist, z. B. e und n sehr häufig, x, y dagegen selten gebraucht werden, so erhält der Gießer ein Bedarfsverzeichnis pro Centner. Diese, Gießzettel ge nannt, werden für jede Schriftgattung besonders aufgestellt, und müssen vom Gießer genau eingehalten werden. Es leuchtet ein, daß der genaue Stand der Matrize im Gieß instrument von höchster Wichtigkeit ist, damit das Bild des Buchstabens beim Guß genau an die richtige Stelle des Schaftes, bezw. Kegels, kommt. Das Zurichten der Matrizen, Kerne und Bodenstücke an der Gießmaschine ist daher eine Arbeit, die größte Genauigkeit erfordert. Nach dem Guß werden die am Fuße hastenden Angüsse von weiblichen Arbeitern abgebrochen. Andere Arbeiterinnen schleifen auf Sandsteinplatten und auf Feilen die Ränder glatt. Wieder andere reihen die Typen auf linealartige Hölzer, die sog. Winkelhaken. Diesen entnimmt sie der Fertigmacher, der sie in der Bestoßlade genau auf die richtige Höhe und in die Mitte des Fußes eine halbrunde Vertiefung hobelt, damit die Typen besser stehen. Auch beim Höhehobeln ist äußerste Ge nauigkeit erforderlich, denn ein um Haaresbreite zu niedriger Buchstabe würde schwächer drucken als der daneben stehende von richtiger Höhe, und ein um ein Atom zu hoher würde kräftiger drucken. Der Fertigmacher hat auch zu prüfen, ob der Kegel und die »Dickte«, bezw. Weite der Typen genau stimmen; hierzu dienen ihm sogenannte Typometer und »Beseh bleche«; er trägt die Verantwortung für richtiges Stimmen. Die fertigen Lettern werden von Arbeiterinnen in Setz schiffe aufgestellt, nach dem Gießzettel auf die richtige Stück zahl der einzelnen Typen ausgezählt, und in etwa handgroße, viereckige Pakete gepackt. In neuerer Zeit werden Schriften aller Art meist auf so genannten Komplettmaschinen gegossen. Diese besorgen auto-
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