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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 02.06.1897
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1897-06-02
- Erscheinungsdatum
- 02.06.1897
- Sprache
- Deutsch
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125, 2. Juni 1897. Nichtamtlicher Teil. 4039 Leistungen des deutschen Gelehrtentums allein nicht aus- reichen, die höhere Leistungsfähigkeit des deutschen Verlags buchhandels zu erklären. Denn die wissenschaftliche Litte- ratur Frankreichs und Englands ist in vielen Fächern, namentlich in den exakten Wissenschaften, der unsrigen mindestens ebenbürtig, und Bücher in französischer oder englischer Sprache haben an und für sich im internationalen Verkehr den Vortritt vor den deutschen. Der Unterschied liegt in der verschiedenartigen Organi sation des Buchhandels in den drei Ländern, oder vielmehr in dem Mangel einer Organisation in Frankreich und Eng land gegenüber den trefflichen Einrichtungen des Buchhandels im deutschen Sprachgebiet, wie er im »Börsenverein der deutschen Buchhändler« verkörpert ist. In Frankreich und England sind die Verlags- und Sortimentsbuchhandlungen schon seit langer Zeit ganz getrennt und haben keinen organischen Zusammenhang, die Verleger ließen es geschehen, daß die Sortimente in der Provinz durch die hauptstädtischen Firmen erdrückt wurden. In England hat es die zügellose Konkur renz so weit gebracht, daß der Sortimenter auf den vom Ver leger festgestellten Ladenpreis 20 und 25<>/g Rabatt an das Publikum gewährt, während er selbst nur 25—30O/<, Rabatt vom Verleger erhält.*) In vielen Fällen besteht sein Gewinn nur in den Freiexemplaren, die er bei Bezug einer sogenannten Partie (7/61/, oder 13/12 Exemplare) vom Verleger erhält. Es ist klar, daß unter so drückenden Verhältnissen ein leistungsfähiger Sorti mentsbuchhandel nicht bestehen kann, daß sich der Sortimenter auf den Vertrieb derjenigen Bücher beschränken muß, die er »in Partieen« absetzen kann, daß damit die ganze wissen schaftliche Litteratur ausgeschlossen ist, und daß die Provinzial buchhandlung selbst in größeren Städten allmählich zu einem Papierladen herabgesunken ist, wo man neben Brief papier und Tinte nur noch Gebet- und Gesangbücher, Koch bücher, Briefsteller für Liebende, Bilderbücher u. dergl. antrifft. Es ist aber ebenso klar, daß der Verleger wissenschaftlicher Werke nur dann seine Verlagswerke sachgemäß verbreiten kann, wenn ihm ein tüchtiger, mit dem Verlag organisch verbundener und gleichberechtigter Sortimentsbuchhandel zur Seite steht, der wie ein feines Geäder das ganze Land durchzieht und die Fähigkeit und Unverdrossenheit hat, die wissenschaftliche Litteratur auch dem entlegensten Interessenten und namentlich den Bibliotheken zur Kenntnis zu bringen. Und deshalb ist es an und für sich ein Gebot der Selbsterhaltung für die Verleger, den Sortimenter mit allen Mitteln vor zentra listischer Unterdrückung zu schützen, damit ein möglichst dicht- maschiges Netz von Prooinzialbuchhandlungen für seinen Ver lagsbetrieb in voller Wirksamkeit erhalten bleibe, ganz ab gesehen davon, daß es mir eine Frage der Würde des Ver legers zu sein scheint, daß der von ihm angesetzte Verkaufs preis seiner Verlagswerke, die größtenteils bis zum Augen blick des Verkaufs im Buchladen sein Eigentum sind, ein gehalten werde. In England und Frankreich hat man an diesen innigen Zusammenhang zwischen Verlag und Sortiment nicht eher gedacht, bis man vor dem Trümmerfeld des Provinzialbuch handels stand. Erst jetzt fängt man allmählich an — da es vielleicht zu spät ist —, an die Errichtung einer der deutschen ähnlichen Organisation zu denken. Wie ist es zur Zeit dem englischen Verleger möglich, sein Buch ins Publikum zu bringen? Er läßt es bei den Londoner Buchhandlungen herumzcigen und darauf «subskribieren«. Man begreift das Entsetzen des Verlegers, wenn der »Subscriber« zurückkommt und kaum 25 Exem- *> Selbst die Reisehandbücher von Baedeker werden in London mit 20"/, Rabatt an den Schaufenstern angeboren, so das; sich der reisende Engländer baß verwundert, wenn er im Ursprungsland dieser Bücher den vollen Ladenpreis bezahlen soll und muß plare subskribiert sind. »Der Londoner Buchhandel hat keine günstige Meinung für das Buch« , so berichtet oft dieser interessanteste aller Angestellten eines Londoner Ver lagshauses. Nun ist des Verlegers einzige Rettung: die Kritik der Presse und die Annonce; denn die Provinz kommt, wie wir gesehen haben, kaum in Betracht. Er sendet also Re zensionsexemplare aus und ist gezwungen, in einem Umfang Annoncen in Zeitschriften rc. zu erlassen, wovon unsere deutschen Kollegen schwerlich einen Begriff haben. In dem Geschäfte meines seligen Oheims (Trübner L Co.), dem ich vor meiner Niederlassung in Straßburg 51/2 Jahre angehörte, wurden für Anzeigen und Prospekte einschließlich des »Oriental lute- rar^ Ksoorä« jährlich 2000—3000 Lstr. ausgegeben. Und doch ist diese kostspielige Annonce ein armseliger Notbehelf gegenüber unserer Ansichts-Versendung durch den Sortiments buchhandel Viele Bücher bleiben trotz aller Annoncen in der gesamten Auflage im Lagerhaus des Verlegers schwer wie Blei liegen und werden schon nach wenigen Jahren durch den Auktionator in Partieen von 10, 20, 50 Exemplaren für kaum mehr als den Makulaturwert »verramscht«. Was den französischen Verleger wissenschaftlicher Werke betrifft, so hat sich dieser schon seit Jahrzehnten daran ge wöhnt, die spärlichen Reste eines Sortimentsbuchhandels in der Provinz zu ignorieren und seine Geschäfte direkt mit dem Publikum zu machen. Das dies aber bei neuen Erschei nungen seine Schwierigkeiten hat und mit großen Kosten ver bunden ist, liegt auf der Hand. Unter solchen Umständen erklärt sich die Vorsicht des englischen und französischen Verlegers und die Notwendigkeit von gelehrten Gesellschaften mit Verlagsthätigkeit in dem einen Land und von staatlicher Subvention in dem andern. Es ist hinlänglich bekannt, wie ganz anders sich die Ver hältnisse in Deutschland entwickelt haben Die meisten der großen Verlagshandlungen wissenschaftlicher Richtung sind aus Sortimcntsbuchhandlungen hervorgegangen, und die Sorti menter-Traditionen sind darin noch lebendig. Produktion und Vertrieb war und ist zur Zeit noch dezentralisiert, als Ergebnis früherer politischer Zustände. Die zwanzig Universitätsstädte und die Sitze technischer Hochschulen bilden im großen und ganzen auch die Verlagsorte für die wissenschaftliche Litteratur Deutschlands. In diesen Städten haben zugleich mehrere hundert Sortimentsbuchhandlungen ihren Sitz in enger Fühlung mit dem wissenschaftlichen Verlag und auf den Vertrieb wissen schaftlicher Werke ausschließlich und meistens in ausgezeichneter Weise eingerichtet. Verleger und Sortimenter bilden eine Organisation mit gleichen Rechten und gemeinschaftlichen Ein richtungen, die nicht nur das ganze deutsche Sprachgebiet umfaßt, sondern der sich auch der niederländische, dänische, norwegische und schwedische Sortimentsbuchhandel — immer soweit es sich um wissenschaftliche Litteratur handelt — eng angeschlossen hat. Denn in diesen Ländern existiert ein ebenso hochgebildeter und leistungsfähiger Sortimenter stand wie im deutschen Sprachgebiet. Aber da, wo der Sortimentsbuchhandel aus den oben angeführten Gründen für den Vertrieb der einheimischen, wie viel mehr der fremden, wissenschaftlichen Litteratur versagt: in Frankreich, Eng land, Belgien, ferner in Italien, Rußland und den Ver einigten Staaten, haben sich deutsche Sortimentsbuchhändler, meistens aus der strengen Schulung der deutschen Universitäts buchhandlungen hervorgegangen, niedergelassen und erfüllen die überaus wichtige Mission, die wissenschaftliche Litteratur Deutsch lands in jenen Ländern einzuführen und zu verbreiten. Jeder Verleger weiß, mit welch glänzendem Erfolg viele der wackeren Pioniere diese Mission erfüllen. Es ist nicht zu viel gesagt, daß man mindestens ein Drittel des Absatzes der meisten wissenschaftlichen Werke diesen deutschen Buchhandlungen im 542'
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