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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 11.03.1909
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1909-03-11
- Erscheinungsdatum
- 11.03.1909
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19090311
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^ 57, 11, März 1S0S. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt s. d. Dtschn. Buchhandel, 3013 auch sein. Die zwei Kranen, die der Angestellte mit 50 Kronen Monatsgehalt zu entrichten hat, sind für ihn schon eine schwere Last, bedeuten harte Entbehrung, und ebenso ist es mit den Angestellten der höheren Gehaltsklassen.« Dieselbe entschieden ungünstige Beurteilung erfahren die Leistungen der Versicherung, die allerdings recht knapp sind. Ein Kardinalpunkt des Gesetzes ist selbstverständlich der Umfang der Versicherungspflicht. Hierüber bestimmt tz ! l »Als Angestellte im Sinne des Gesetzes gelten alle Bediensteten mit Beamtencharakter, sowie überhaupt alle jene bediensteten Personen, die ausschließlich oder doch vorwiegend geistige Dienstleistungen zu verrichten haben.» Welch dehnbare Bestimmung! Ein rechter Kautschuk paragraph, um dessen genaue Interpretation seit zwei Jahren verschiedene kaufmännische Korporationen bemüht sind. In jüngster Zeit ist es einigen kaufmännischen Vereinen ge lungen, die Regierung zur Herausgabe eines Erlasses zu bewegen, nach dem nur jene Angestellten versicherungs pflichtig sind, die in den Bureaus des Handels und der Industrie ein Aufsichts- oder Verfügungsrecht haben, da nur diese als Beamte mit vorwiegend geistiger Dienstleistung anzusehen wären.*) Es ist eine schöne Sache um die Systematik, die namentlich beim Studium als brauchbares Hilfsmittel dient; auch in der Praxis und im Geschäftsleben sind generalisie rende Schlagworte üblich, nur muß man von Zeit zu Zeit umleruen und in der Art Nietzsches eine Umwertung der Werte vornehmen. Ein beliebtes Schlagwort ist: Ameri kanische Reklame; darunter versteht man eine schrankenlose und rücksichtslose, gigantische, brutale Reklame, die aus ge wissenhafte, ängstliche deutsche Gemüter einen unangenehmen Eindruck macht. Aber cs ist nicht lange her, daß alle poli tischen Blätter und auch das Börsenblatt in erregtem Tone die Manipulationen eines Verlegers besprachen, der durch anonyme Briefe perfiden Inhalts die Aufmerksamkeit von hunderttausend ahnungslosen Privatleuten auf sein Mach werk zog oder wenigstens ziehen wollte. Zahlreiche ängst liche, nervöse Empfänger wurden in die größte Bestürzung versetzt, Krankheitsfälle waren die Folge der Aufregung, und endlich schritten die Gerichte ein, die dem gewissenlosen Spekulanten den Prozeß machen werden. Auch amerikanische Geschäftsleute arbeiten mit Massenversendung von Briefen, wie z. B. jener Thcalerdirektor, der die Aufmerksamkeit des Publikums für seine neue Posse erregen wollte. Ein großer Kreis der hauptstädtischen Bevölkerung erhielt eines Tages folgenden Brief: »Sehr geehrter Herr! Angenommen, daß Ihr jährliches Einkommen 15 000 Dollars beträgt und daß Sie dem Grundsatz huldigen, daß Zeit Geld ist, sende ich Ihnen sür zwei Minuten Ihrer kostbaren Zeit einliegend einen Scheck aus die New Norker Staatsbank sür vier Cents, was ungesähr Ihrem Einkommen sür zwei Minuten entspricht. Dafür bitte ich Sie, die ein. liegende kurze Beschreibung der neuen Posse, die von Montag an täglich im . . . Theater ansgesührt wird, durchzulesen.« Es wird behauptet, daß dieser gewiß harmlose Scherz von Ei folg begleitet war. In einem amerikanischen Buchhändlerblatt fand ich die Anzeige eines neuen, humoristischen Romans, dessen Verleger zur Charakterisierung des zwerchfellerschütternden Inhalts folgenden, an ihn gerichteten Brief des Druckers ver öffentlichte: »Sehen Sie, ich wünschte, ich hätte den Druck Ihres Romans nicht übernommen, das Werk demoralisiert »> Vgl, Nr. 47 d. Bl. Red. Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 76. Jahrgang. mir das ganze Haus. Während der Hälfte der Zeit waren die Korrekturbogen verloren, weil irgend einer sie gestohlen hat, um die Geschichte zu lesen, und wenn ich an all die Zeit denke, die die Leute in der Druckerei mit dem Lesen verbracht haben, vom jüngsten Laufburschen bis zum Direktor, so will ich die Arbeit los haben.« Diesen Einsall wird wohl jedermann liebenswürdig, bei nahe graziös finden; die amerikanische Reklame ist doch nicht grundsätzlich zu verachten. Noch eine jener Ansichten, die ebenso festgewurzelt wie unrichtig sind. Bei dem Worte »Wiener« denkt jeder literarisch Gebildete an das »Volk der Phäaken» und an -das 6»pu» der Geister», während der weniger aus Büchern als aus dem Leben Schöpfende sich den Dreiklang konstruiert: Wiener Walzer, höchster Heuriger, Wiener Gemütlichkeit, und tadelnd bemerkt: Exaktheit in geschäftlichen Dingen, Genauigkeit, Sparsamkeit gibt es bei den Wienern nicht. — Mir liegt aber eine auf elegantem Memorandum-Papier geschriebene Epistel einer Wiener Buchhandlung vor: »Sie berechnen bei der Barsaktura über den End betrag mit 4L Hellern, statt richtig gerechnet 41 Heller.« Man sage noch, daß die Wiener keine guten Rechner seien! Als nicht unwichtiges Detail sei noch hinzugesügt, daß eine längere telephonische Besprechung die Grundlosigkeit der Reklamation ergab, und die Differenz von einem Heller sich in Wohlgefallen auslöste. Aller guten Dinge sind drei. Ein altes Axiom: Schuh macher tragen zerrissene Schuhe, und Buchhändler kaufen keine Bücher, insbesondere nicht solche, aus denen sie fach liche Belehrung schöpfen könnten. Aber ich bemerke mit Vergnügen, daß von dem brieflichen, von mir an dieser Stelle bereits einmal gewürdigten Werkchen: »Wie ein Buch entsteht», von Professor Unger (in der Teubnerschen Sammlung: Aus Natur und Geisteswelt) binnen Jahresfrist eine neue Auflage erschienen ist, und ich schließe daraus, daß sich doch eine recht große Anzahl von Berufskollegen diese praktische Einführung in die Lehre von der Herstellung eines Buches angeschafft haben. Ein flüchtiger Vergleich mit der ersten Auslage zeigt, daß keine nennenswerten Veränderungen angebracht wurden; offenbar find in der kurzen Zeit keine bedeutenden Fort schritte in der Technik der Vervielfältigung vorgefallen. Kürze ist des Witzes Seele — aber nicht bloß des Witzes, und das Ungersche Buch ist so gut wie kurz. Dieser Tage erzählte mir ein Sortimenter: Eine Dame rauscht herein, Seide knistert, ein Heliolrop- dust zittert durch die Luft: »Womit kann ich dienen?» »Tantris, der Narr!» Der Gehilfe überreicht das Buch mit höflicher Geste und bemerkt: Preis 3 Kronen KO. Die Straußenfedern auf dem Wagenradhut drücken ein energisches »Nein« aus. -Ich wünsche es in der Universal bibliothek.» »Da ist es nicht erschienen.« »O, sagen Sie doch aufrichtig: Sie haben es nicht. Ich gehe aus den Graben zu meinem Buchhändler, da werde ich es schon in der Universalausgabe bekommen.» Und sie rauscht hinaus. Der Sortimenter ist sprachlos. Eine der größten Goethebibliotheken, die jemals ans den Büchermarkt gekommen sind, soll jetzt zum Verkauf S9Z
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