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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 26.03.1909
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1909-03-26
- Erscheinungsdatum
- 26.03.1909
- Sprache
- Deutsch
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3744 Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. ^ 70. 2S. März 1909. verständlich, daß irgend ein Gefühl der Zusammengehörigkeit im Beruf nicht gedeihen kann. In Deutschland wird dieses Berufsbewußtsein wesentlich ge hoben durch die zahlreichen Gehilfenvereine, und das ist auch etwas, was in Frankreich vollkommen fehlt. Bis vor wenigen Jahren gab es hier außer einem Unterstützungsverein, der »Lociote Oe secours luutuels Oes emplozees eu librairis«, der ähnliche Ziele verfolgt wie der Unterstützungsverein Deutscher Buchhändler und Buchhandlungsgehülfen. und der über ein Vermögen von etwa 430009 Fr. verfügt, nicht einen einzigen französischen Gehilfen verein. Erst kürzlich wurde ein solcher gegründet, die »Lssociu- tion umicale Oes comiuis lidruires franquis«, der wirklich einem Bedürfnis entsprochen zu haben scheint, und der in der kurzen Zeit seines Bestehens in bezug auf Fortbildung, Pflege der Kolle gialität und der Liebe zum Berus auch schon viel geleistet hat. Er gibt ein eigenes kleines Blatt heraus, ist um Stellenvermitt lung unter seinen Mitgliedern besorgt und beschränkt seine Tätig keit nicht nur auf Paris, sondern erstreckt sie auch auf das Aus land. So hat er im letzten Sommer eine dreitägige Reise nach London organisiert, die sich durch die kurz vorhergegangene An näherung zwischen Frankreich und England fast zu einer kleinen politischen Manifestation gestaltete. In liebenswürdigster Weise wurden die 160 Teilnehmer dieser Reise in London von der »Lublisllers' tlssociution ok Oreui Urituiu auck IreluoO« in ihrem Clubhaus, dem »Ltutioners' biall - empfangen und bewirtet. Ein sehr hübsch gedruckter und illustrierter Bericht über diese Reise ist kürzlich in Gestalt einer kleinen Broschüre erschienen. Aber dieser Gehilfenverein ist meines Wissens auch der einzige in ganz Frankreich, und bei allem Guten, das er leisten mag, bleibt doch vieles noch verbesserungsbedürftig, und zwar gerade bei den Ge hilfen selbst. Eigentümlich ist, wie der Franzose in vielen Fällen dazu kommt, Buchhändler zu werden. Existenzen, wie sie jede Weltstadt hervorbringt, die sich zuerst in allen möglichen Berussarten ver sucht haben, verfallen, wenn es ihnen nirgends geglückt ist, auf den Gedanken, Buchhändler zu werden, weil ja gerade dazu »keine Fachkenntnisse nötig sind» und weil das »Verkaufen» der Bücher von weitem als ein angenehmer und sorgloser Beruf erscheint, den man ohne große körperliche und geistige Anstrengungen aus üben kann. Zunächst wird ein Zeitungskiosk eröffnet, zu dem die Zeitschristenverleger schon ganz von selber den Weg finden und dem neuen »coukrere« ihre Publikationen in Kommission an bieten. Geht das Geschäft auch nur einigermaßen, so stellen sich auch schon bald die Verleger der jetzt wie Pilze aus dem Boden schießenden billigen Kollektionen u 9b cts. und darunter ein; end wird die Firma vergrößert dadurch, daß man einen kleinen Laden mietet, an den einen oder andern großen Verleger mit der Bitte um Kontoeröffnung herantritt, die unter Umständen auch gewährt wird, und das »Sortiment» ist fertig! Bald wird dem Geschäfts inhaber aber klar, daß er vom Buch- und Zeitungshandel allein doch nicht leben kann, daß zum wirklichen Buchhandel eben doch gewisse Fachkeuntnisse gehören, die er nicht hat und die er sich auch nicht mehr aneignen kann. Um sich nun über Wasser zu halten, sucht er sich durch Hinzuziehung eines oder gar mehrerer anderer Geschäftszweige zu entschädigen, — von Papeterie und ähnlichen dem Buchhandel verwandten Branchen wollen wir ganz absehen, — und es ist manchmal betrübend, zu sehen, in welcher Gesellschaft und Umgebung Bücher, die doch von allen toten Gegenständen des Menschen bester Freund sein sollen, anzutreffen sind. Auf diese Weise entstehen diese zahllosen »Buchhandlungen«, die nicht leben und nicht sterben können, die durch die Art der von ihnen vertriebenen Literatur der Allgemeinheit eher schaden als nützen, und die viel dazu beitragen, daß dem ganzen Beruf ein gewisses krämerhastes Odium anhaftet. Die Klage über ungenügend ansgebildete Gehilfen ist nicht neu und nach der vorhergegangenen Schilderung auch begreiflich. Um dem abzuhelfen, sind im Frühling des letzten Jahres unter der Ägide des Lercls Oe la llibruiris eine Anzahl von buch händlerischen Fachvorträgen gehalten worden, die recht gut be sucht waren. Diese Vorträge sollten offenbar Stimmung machen für die Gründung einer buchhändlerischen Fachschule in der Art der in Leipzig bestehenden, und laut einem kürzlich an die Mit glieder des Lercls versandten Zirkulars sollen diese Vorträge in erweiterter Form auch in diesem Jahre stattfinden. Von einer wirklichen Schule wird man zwar noch nicht reden können, da die Schulzeit sich nicht über das ganze Jahr erstreckt, sondern bis auf weiteres nur in die Monate März, April und Mai fallen soll, und auch in dieser beschränkten Zeit sollen die Unter richtsstunden nur zweimal wöchentlich, Dienstags und Donnerstags von 2—3 Uhr nachmittags stattfinden; es wird also wohl nicht viel anderes dabei herauskommen als ein Zyklus von buchhänd lerischen Fachkursen, aus dem sich dann vielleicht später einmal eine wirkliche Lehranstalt entwickeln wird, wofür ein günstiger Boden in Paris entschieden vorhanden wäre. Da in dem Zir kular nichts über ein zu entrichtendes Schulgeld bemerkt ist, so ist anzunehmen, daß die Kurse unentgeltlich sind; jedenfalls soll der ganze Zyklus für diejenigen, die sich dafür angemeldet haben, obligatorisch sein. Auch sollen nur solche Schüler ausgenommen werden, die seit wenigstens einem Jahr im Buchhandel tätig und somit über die allerersten Ansangsgründe hinaus sind. Aus fallend berührt das in Aussicht genommene sehr umfangreiche Programm, das nicht nur den ganzen Verlagsbetrieb von der Papiersabrikation bis zum fix und fertig gebundenen Buch um fassen soll, sondern auch alle Arbeiten des Sortimenters und Antiquars in ihrer ganzen Verschiedenartigkeit. Man fragt sich, wie diese Unmasse von Stoff auch bei denkbar kürzester Be handlung in dem knappen Zeitraum von nur drei Monaten bei zwei wöchentlichen Unterrichtsstunden zusammengedrängt werden kann, um so mehr als ein Teil der kurzen zur Verfügung stehen den Zeit zu Besuchen in buchgewerblichen Instituten, Papier fabriken, Buchdruckereien, Schriftgießereien usw. verwandt werden soll Betrachten wir uns nun einmal den durchschnittlichen Ent wicklungsgang eines französischen Buchhandlungsgehilfen. Eine berufs- und ordnungsgemäße Lehrzeit in unserem Sinne ist hier etwas völlig Unbekanntes, sodaß der Franzose unserer Lehrlings- srage ziemlich verständnislos gegenüberstehen würde. Große Ber- lagshäuser brauchen für gewisse Posten, z. B. sür das Zusammen suchen der Bücher aus den einzelnen Fächern einen oder mehrere junge Leute, die eben erst der Schule entwachsen sein können. Die fünfzehn- oder sechzehnjährigen Jünglinge würden also unfern Lehrlingen am nächsten kommen; aber sie werden nicht wie diese im Laufe der Zeit in alle Zweige des Geschäfts eingeführt und somit zu späteren Gehilfen und Mitarbeitern ausgebildet, sondern ihre Tätigkeit ist oft genug nur die eben erwähnte. Es bleibt ihnen somit, wie aus folgendem ersichtlich, gewissermaßen selbst über lassen, wie viel oder wie wenig sie lernen wollen, und außer den Büchertiteln der betreffenden Firma lernen sie eigentlich gar nichts. Im Gegensatz zu unfern Lehrlingen werden die französischen jedenfalls deswegen, weil sie nichts lernen und nur Handlanger dienste verrichten, auch vom ersten Tage ihres Eintrittes an be zahlt und zwar mit etwa 70—80 Frcs. im Monat. Für viele Eltern mag diese Einnahme etwas Verlockendes haben; aber die wenigsten machen sich bei ihrer Unkenntnis über die Verhältnisse im Buchhandel ein richtiges, vielleicht auch gar kein Bild darüber, was später einmal aus ihren Söhnen werden und wie ihr weiteres Fortkommen sich gestalten soll Diese selbst könnten zwar, wenn sie wollten, von selber etwas lernen und sich aus eigenem Antrieb etwas in allen Betrieben des großen Hauses umsehen; wenn dies der Fall wäre, wenn der Chef Arbeitseifer und Geschäftsinteresse bei dem Jüngsten seiner Firma bemerken würde, so wäre er der erste, um den Lehrling seinem beschränkten und einseitigen Wirkungskreise zu entziehen, ihn in derjenigen Abteilung seines Hauses, für die er sich am meisten eignet, uuter- zubringen, um ihn sich im Lause der Jahre zu einem tüchtigen
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