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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 07.04.1909
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1909-04-07
- Erscheinungsdatum
- 07.04.1909
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- Deutsch
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4276 Börsenblatt s. d. Dtschn. Buchhandel. Amtlicher Teil. ^ 80, 7. Avril 1909. Otto Wigand m. b. H. in Leipzig. 4295 -Sanders: Handwörterbuch der deutschen Sprache. 8. Aufl. Bearbeitet von Wülfing. Lieferung I. 1 Vollständig 8 ; geb. 9 ^ 50 Bruno Hechel in Leipzig. 4299 -Asträa. Taschenbuch für Freimaurer auf das Jahr 1909. Hrsg, von Fischer. 4 Nichtamtlicher Teil. Zur Lage und Neugestaltung des amerikanischen Buchhandels. Professor Münfterberg über den amerikanischen Buchhandel. Im Märzheft der weit verbreiteten amerikanischen Zeitschrift »Atlantic: Uontbl^« hat der bekannte Vermittler zwischen deutschem und amerikanischem Geistesleben Professor Hugo Münsterberg eine Abhandlung über die Lage des amerikanischen Buchhandels, insbesondere im Vergleich mit dem deutschen, veröffentlicht, die in den weitesten Kreisen des amerikanischen Buchhandels lebhaften Widerhall gefunden hat und wegen mancher interessanten Schlag lichter auch in der deutschen Buchhändlerwelt Beachtung verdient. Zunächst muß es nach Professor Münsterberg jedem, der die Verhältnisse des europäischen Büchermarkts mit den amerikanischen vergleicht, auffallen, wie wenig es dem amerikanischen Buch ge lingt, auf dem Festlande des alten Europa Eingang zu finden. Die Schuld daran liegt nach ihm zwar nicht ausschließlich, aber doch zum großen Teil an dem gerechten Arger, den die europäischen Buchhändler und Verleger wegen der bekannten unbilligen Be stimmungen des amerikanischen Urheberrechts gegen die amerika nische Verlegerwelt empfinden. Der europäische Verleger sah bisher seine Bücher so gut wie schutzlos dem amerikanischen Nach druck preisgegeben; er weiß nicht, daß ein großer Teil der ameri kanischen Schriftsteller und Verleger selbst Feinde dieses Verlags- Unrechts sind, dessen Freunde und Befürworter hauptsächlich den typographischen Gewerben angehören, und rächt sich dadurch, daß er seinerseits kein einziges amerikanisches Buch — diese Bemer kung gilt natürlich hauptsächlich für England — in Europa zum Abdruck oder zum Verkauf bringt. Das ist einer der Gründe, warum das amerikanische Buch in Europa so gut wie unbekannt ist. Weit wichtiger und auch für Amerika selbst verhängnisvoll aber ist der zweite, der in der schlechten Regelung von Angebot und Nachfrage im amerikanischen Buchhandel begründet ist und der bewirkt, daß der amerikanische Buchhandel dieser wichtigen Aufgabe gegenüber nahezu völlig versagt. Gerade in Amerika hätte nach Münsterbergs Ansicht der Buchhändler eine wichtige nationale und soziale Aufgabe zu erfüllen. Der Verflachung des geistigen Lebens, dem einseitigen Vorherrschen materieller Ge sinnung könnte dort nur durch die Verbreitung guter Bücher wirksam entgegengearbeitet werden; dieser Aufgabe zeigt sich aber der heutige amerikanische Buchhandel in keiner Weise gewachsen. In Europa sind die Buchhänderläden ein Mittelpunkt geistigen Lebens, und ihre Zahl wächst; in Amerika nimmt ihre Zahl eher ab, und von einer geistigen und erzieherischen Bedeutung der selben kann keine Rede sein; außerhalb der größten Städte sind sie überhaupt kaum vorhanden. In Deutschland ist eine Stadt von hunderttausend Einwohnern undenkbar ohne ein Dutzend ge schmackvoll eingerichteter, gut ausgestatteter Buchläden, deren Bücher dem Käufer leicht zugänglich sind und die infolge der ausgezeichneten Organisation des deutschen Buchhandels imstande sind, ein fehlendes Buch dem Käufer in kürzester Zeit zu liefern. Die Auslagen unterrichten die Leser über wichtige Neu erscheinungen, die Buchhändler liefern den Käufern, deren Inter essen sie kennen, jeweils die neuen Bücher zur Ansicht und tragen so zum stetigen Verkehr zwischen Produzenten und Abnehmern bei. In Amerika ist von alledem nichts bekannt; eine amerika nische Stadt von gleicher Größe hat wohl ein Dutzend Juwelier geschäfte, aber keinen einzigen wirklichen Buchladen. Die Bücher sind dort entweder mit Papier, Lederwaren und Kandiszucker, oder mit Badewannen und ähnlichen Dingen zusammen unter, gebracht; in vielen Fällen sind sie nur eine Zugabe, die der Kaufmann dem Erwerber eines Regenschirms oder einer Schürze entweder ganz umsonst oder zu einem Scheinpreis zur Erhaltung eines weiteren Wohlwollens spendet. Bon wirklicher literarischer Vermittlung, von einer Berücksichtigung bewußter oder unbe wußter geistiger Bedürfnisse kann bei solchem Buchhandel natür lich keine Rede sein; und daher kommt es, daß in Amerika, wenn auch manche gerade beliebten Romane davon eine Ausnahme machen, doch so wenig Verbindung zwischen den Verlegern ge diegener Bücher und den breiten Massen des Publikums besteht. Zum Ausgleich für diese fehlende Vermittlertätigkeit besteht allerdings in Amerika eine große Reklame und Ankündigungs praxis für neu erschienene Bücher in Zeitungen und Zeitschriften; aber das hat natürlich zur Folge, daß nicht etwa gute, sondern nur recht sensationell angekündigte Bücher auf kurze Zeit großen Erfolg erringen, um alsbald und ohne jede tiefere Wirkung wieder aus dem öffentlichen Interesse zu verschwinden. Auch hier zeigt sich der Zug zur Unwirtschaftlichkeit, der schon so vielen euro päischen Beobachtern amerikanischen Lebens ausgefallen ist; viel gute Arbeit wird auf diese Weise verschwendet, viel guter Same gelangt so nicht dorthin, wo er den richtigen Boden finden könnte, und man kann geradezu sagen, daß infolge dieses Zustandes seines Buch handels der größte Teil des amerikanischen Volkes an geistiger Unterernährung zu leiden hat. Dabei ist diese Art des Verkehrs zwischen Verlegern und Bücherkäufern für diese letzteren nicht einmal die billigste; denn die Summen, die die amerikanischen Verleger für Reklame in Zeitschriften und Zeitungen aufwenden müssen, um ein Buch zur Kenntnis weiterer Kreise zu bringen, sind viel erheblicher als die Gewinne, die dem Buchhändler etwa beim deutschen System der Büchervermittlung zu verbleiben pflegen. Zugleich aber ist dieser Zustand auch dem Bücherkäufer selbst nachteilig; denn diese Art der Anregung zum Bücher kauf beraubt den Käufer ganz der Möglichkeit, die Bücher, die er zu besitzen wünscht, zu prüfen und aus zuwählen, und so wird er allmählich ganz der Unterscheidung zwischen guten und schlechten Büchern entwöhnt und fällt rettungslos auf die Fallen hinein, die ihm verlockende An kündigungen und smarte Bücheragenten stellen. Um diesen Zustand zu beseitigen und die gegenwärtige zweifellos ungesunde Art der Bücherverbreitung durch eine bessere zu ersetzen, von der Verleger, Buchhändler und Bücher käufer gleichermaßen Vorteil hätten, müßte nach Professor Münster bergs Ansicht vor allen Dingen dafür gesorgt werden, daß wie in Deutschland in allen amerikanischen Städten richtige, gut aus gestattete und mit Verständnis für die wirklichen Bedürfnisse der Leser ausgestattete Buchhändlerläden vorhanden sind. Allerdings hält er den deutschen Weg zur Erreichung dieses Zieles in den Ver einigten Staaten nicht für beschreitbar, da die Bindung an einen einheitlichen Verkaufspreis innerhalb des ganzen Reiches, die die Grundlage des deutschen Sortimentsbuchhandels bildet, nach amerikanischen Rechtsanschauungen undurchführbar und unerzwing- bar ist; wohl aber könnte nach Münsterbergs Ansicht Ähnliches durch die Bereinigung der amerikanischen Verleger erreicht werden, indem diese sich zusammenschließen und durch die Gründung richtiger Buch händlerläden nach europäischem Muster im ganzen Lande eine bessere Ordnung des Bücherverkehrs anbahnen müßten. »Etwas dieser Art«, so meint er zum Schluß, »muß geschehen, oder die Buchläden werden und müssen vollständig verschwinden, und mit ihnen die Gewohnheit, ein gutes Buch aus eigenem Besitz am häuslichen Herd zu lesen die Gewohnheit des Lesens mit stetiger Aufmerksamkeit anstatt des flüchtigen Huschens durch die kleinen illustrierten Hefte . . .« Die Vorschläge, die Professor Münsterberg hier zur Be seitigung eines anerkannten Notstandes im amerikanischen Buch handelsleben macht, haben übrigens nicht den vollen Beifall der amerikanischen Buchhändler gefunden; insbesondere wird der Gedanke, daß die Verleger selbst die Gründung von Buchläden in die Hand nehmen sollten, von W. R. Browne im »kubliLtier«' V^eelrlz»« mit Gründen zurückgewiesen, die gerade auch der deutsche Buchhändler mit Interesse zur Kenntnis nehmen wird.
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