Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 10.04.1909
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1909-04-10
- Erscheinungsdatum
- 10.04.1909
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19090410
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-190904102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19090410
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1909
- Monat1909-04
- Tag1909-04-10
- Monat1909-04
- Jahr1909
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
82. 10. April 1909. Nichtamtlicher Teil. BörjrnLlai 1-d. Dlschn. tzvchhaT-.drl -1369 in der Rembrandt-Jnterpretation erfährt aber noch eine weitere Steigerung in den folgenden Atzungen. In wunderbarer Art lebt der Künstler sich in den Geist und in die Maltechnik des großen Holländers hinein. Es ist erstaunlich, wie vollendet die reichen Schönheiten der Originale auf den Blättern nach »Paulus im Gemach«, »Selbstbildnis Nembrandts«, »Hendrikje Stoffels« und »Alte Frau im Lehnstuhl« neu aufleben, die sämtlich in den neunziger Jahren entstanden sind. Jedes Blatt ist ein Meister werk für sich, ein Kleinod der Radierkunst, das unübertreffbar scheint, und doch werden sie alle fast in den Schatten gestellt dnrch die bis jetzt unerreichte Glanzleistung Kühns aus dem Jahre 1904, die große Platte nach dem Brustbild des Polenfürsten aus der Petersburger Eremitage. Welch ein weiter Weg, welch eine enorme Entwicklung des Auges und der Hand liegt zwischen den Frühwerken des Radierers und diesem Hauptblatt! Die malerische Abstimmung der Farbenwerte, die vollendete Wieder gabe des prachtvollen Helldunkels und die malende Technik der Radiernadel, die mit ihren Strichen weiche, samtartige Töne hervorzaubert, sind so frappant rembrandthaft, daß man gar nicht glaubt, das nachempfundene Werk eines Reproduzenten vor sich zu haben. So hätte Rembrandt selbst sein Bild radiert. Und wenn Kühn nichts Weiler geschaffen hätte, als diese eine Meisterplatte, so müßte sein Name für alle Zeiten mit an erster Stelle der vervielfältigenden Kunst genannt werden. Nächst Rembrandt zogen den Radierer Kühn von den alten Meistern am meisten van Dyck und Tizian an. Seine Ätzkunst bietet uns immer Gaben hoher, reifer Künstlerschaft, wenn auch die höchst gesteigerte Virtuosität der Rembrandt-Ubersetzungen nicht erreicht wird. Für das große Berliner Galerie-Werk schuf der Künstler sechs feine Kabinettstücke nach den verschiedenartigsten Vorlagen und dokumentierte damit aufs beste die Schmiegsamkeit seines Geistes und die unbedingte Herrschaft über alle technischen Ausdrucksweisen. Von den größeren klassischen Blättern sei hier noch kurz das prächtige Blatt nach Anton van Dyck »Bildnis des Kupferstechers Malery« erwähnt, das im Verlage der Wiener Ge sellschaft erschienen ist. Der kräftig modellierte Kopf und die weich und rund gemalte Hand des Dargestellten heben sich als leuchtende Flecken von dem glatt behandelten Grund und Gewand überaus wirkungsvoll ab. Auch hier ist die Eigenart der Vorlage mit scharfem Blick erfaßt und in sehr dezenter Weise verständnis voll wiedergegeben. Sorgfalt und Treue zeichnen auch die Kühnschen Arbeiten nach modernen Meistern aus, unter denen besonders die Porträt radierungen nach Lenbach und Fritz August v. Kaulbach, sowie die großen Platten nach den Genrebildern von Walter Firle und Margaret I. Dicksee zu erwähnen sind. Seine hervorragende Be gabung für das Bildnisfach, das er auch als selbständiger Maler mit Vorliebe kultiviert, spricht sich ebenfalls in diesen Nach bildungen aus, in denen er sich aufs engste in Technik und Ton an die Eigenart der Originale anschließt. Eine hohe Vollendung zeigen seine großen Platten nach den lichtdurchfluteten In terieurs »Singende Mädchen« und »Frühling im Winter« von Walter Firle. Wie zart und fein diese frischen Mädchenköpfe mit spitzer Nadel auf die Platte gezaubert sind, mit welcher subtilen Akkuratesse das Nebensächliche, die Vase mit Blumen und die Beschläge und Verzierungen des Instruments, die Maserung des Holzes usw. fleißig und bestimmt in Form und Farbe durchgebildet sind, ohne dabei eine Spur von Ängstlichkeit an sich zu tragen: das sind große Vorzüge dieser schönen Blätter, Vorzüge, dio besonders hervorgehoben werden müssen, weil manche unserer neueren Übersetzungskünstler sich in der Behandlung solcher »Nebensachen« oft allzusehr gehen lassen. Noch malerischer wirken die beiden großen Blätter nach Dick see, im Format die größten Platten, die der Künstler bis jetzt geätzt hat. Der Hauptreiz besonders des Blattes »Die drei die sich in den Köpfen und Gewändern der beiden Frauen kon zentrieren. Die seitwärts einfallenden Sonnenstrahlen verleihen dem engen, niedrigen Gemach eine anheimelnde Gemütlichkeit, die noch durch die reizvolle Menschengruppe erhöht wird. Die Technik ist ungemein flott, ohne nachlässig zu sein; sie hat etwas eigen artig Flüssiges an sich, das die Merkmale der Arbeit verschwinden läßt und der ungewöhnlich großen Reproduktion den angenehmen Eindruck verleiht, als sei sie aus einem Gusse entstanden. Es ist Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 76. Jahrgang. sehr zu bedauern, daß diese prächtigen Dekorationsstücke, die für den sinnigen Schmuck unserer Wohnungen wie geschaffen sind, bisher so wenig Verbreitung gefunden haben und viel zu wenig bekannt sind. Während Kühn, wie überhaupt jeder reproduzierende Künstler, in den graphischen Arbeiten nach Vorlagen anderer Meister sich stets fremdem Geist unterordnen und das eigene Ich mehr oder weniger zurückstellen mußte, konnte er in seinen Original-Radierungen und -Lithographien ganz seiner besonderen Eigenart folgen und aus der Fülle seines reichen künstlerischen Temperaments frei und willkürlich schöpfen. Hier kommt auch der feine humoristische Einschlag seines sonst ernsten Charakters zur Geltung und äußert sich in einigen kleinen Genreszenen, die er wohl in Erholungspausen zwischen größeren Arbeiten leicht und sicher auf die Kupferplatte geworfen haben mag. Sonst ist sein originales Schaffen durchaus vom Bildnis und von der Landschaft beherrscht. Die umfangreiche Reproduktions tätigkeit hat seinen Blick außerordentlich geschärft und ihm die Fähigkeit anerzogen, das Wesentliche der Erscheinung sicher zu treffen und die charakteristischen Einzelzüge zum abgerundeten Spiegelbild der Natur zusammenzufassen. Die schätzenswerte Gewohnheit fleißiger Ausführung und technischer Vollendung bleibt ihm auch hier treu. Alle diese Vorzüge verleihen den originalen Schöpfungen einen weit über dem Durchschnitt stehenden Wert. Um gerecht zu sein, muß aber doch betont werden, daß die künstlerische Bedeutung des Graphikers Kühn weniger in seinen Original-Arbeiten liegt, als vielmehr in der reproduzierenden Tätigkeit, die uns eine ganze Reihe von erst klassigen Meisterblättern beschert hat. Damit soll sein anregendes und befruchtendes Schaffen auf dem Gebiete der farbigen Stein zeichnung durchaus nicht unterschätzt werden. Scheinbar ist seine, wenn man so sagen darf »geschäftliche« Position als Leiter einer der bedeutendsten Kunstanstalten Deutsch lands, die vorwiegend den Steindruck Pflegt, die äußere Veran lassung geworden, sich in den letzten Jahren mit der mehrfarbigen Lithographie zu beschäftigen. Daß auch diese Schöpfungen sich auf einem hohen künstlerischen Niveau bewegen, ist bei dem eminent technischen Geschick und feinen Takt Kühns selbstver ständlich. Der Künstler sucht seine Motive hauptsächlich in Nürn berg selbst und in der engeren Umgebung der Stadt. Er schildert die heimische Landschaft in direkt vor der Natur entstandenen Studien und Skizzen, denen er stets eine eigene Stimmung unterzulegen weiß. Es ist modern aufgefaßte Heimatskunst, die mit den trockenen, nüchternen Ansichten der alten Nürnberger Schule nichts gemein hat. Seine starke persönliche Art leidet keine Schablone, weder in der künstlerischen Auffassung und Ge staltung, noch in den Mitteln der Technik. Er sucht überall neue Wege, und so ist es ihm auch gelungen, ein neues Steindruck verfahren herauszubilden, in dem das Prinzip des Dreifarben druckes auf manuelle Weise in Anwendung gebracht wird. Das ungemein einfache Verfahren, das sich freilich nur für den Handpressendruck eignet, hat der Künstler im neun zehnten Band Jahrgang 1903—04 der »Kunst für Alle« beschrieben und zur allgemeinen Anwendung freigegeben. Durch den Ubereinanderdruck der drei Grundfarben Gelb, Rot und Blau — die sonst übliche Zeichnungsplatte fällt bei diesem Verfahren fort — erzielt er Druckresultate, die von überraschender Wirkung sind und eine umfangreiche Farbenskala von harmonischer Weich heit zeigen. Ludwig Kühn steht im besten Mannesalter, als Künstler auf der Höhe seines Könnens, aber noch nicht am Ende seiner Entwicklung. Nach dem Schönen und Wertvollen, was er bisher geschaffen hat, dürfen wir von seinem rastlosen Fleiß und ernsten Streben nach immer höherer Vollendung noch manches Meisterwerk seiner vielseitigen Kunst erhoffen. I)«8 §k-iipUi8et»6 KuilniK Kudus. I. k^pioUuklion^n. Lehrerin. UackierunA. 1882. 22: 18 om. 668
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder