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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 21.04.1909
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1909-04-21
- Erscheinungsdatum
- 21.04.1909
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
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4794 Börsenblatt s. d-Dlschn-Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. ^ SO, 21. Avril 1909. teriewarengeschäft aus, weil sie dort sicher sind, Dinge zu finden, die für die verschiedensten Geschmacksrichtungen passen. Wissen sie aber, daß sie die Buchhandlungen wieder verlassen können, ohne im geringsten zum Kaufe verpflichtet zu sein, auch wenn sie sich verschiedene Bücher angesehen haben, so werden sie eine Buch handlung viel eher betreten und dann doch an irgend einem Buche hängen bleiben. Der Sortimentsbuchhandel würde also sich selbst und der deutschen Literatur nicht unerhebliche Dienste erweisen, wenn er sich zur Annahme der beiden modernen Geschästsgrundsätze ent schließen könnte: Großer Umsatz, kleiner Nutzen — und Aushebung des moralischen Kaufzwanges. Daß die Notwendigkeit des Kampfes gegen die Schund literatur in den Kreisen des Buchhandels durchaus erkannt wird, zeigt neben vielen anderen die Tatsache, daß der Vorstand des »Börsenvereins der Deutschen Buchhändler« in seinem Geschäftsbericht über das Jahr 1808 wörtlich die dankens werten Worte ausspricht: »Mit ernster Sorge erfüllt den Vorstand das Anwachsen einer Literatur, die vom sittlichen Standpunkte aus den schwersten Bedenken begegnen muß. In den deutschen Par lamenten ist vor kurzem auf die unserm Volke hieraus erwachsende Gefahr mit besonderem Nachdruck hingewiesen worden, und noch in neuester Zeit hat das verehrte Ehrenmitglied des Börsenvereins, Oberbürgermeister a. D. vr. Georgi-Leipzig, öfsentlich seine warnende und mahnende Stimme erhoben. Der Vorstand weiß sich eins mit den Mitgliedern des Börsenvereins in der Beurteilung einer Bllcherproduktion, die nur aus die Aus nutzung der niederen Instinkte der Menschen gerichtet ist, und richtet an alle Vereinsmitglieder die dringende Bitte, zur Bekämpfung derartiger Literatur tatkräftig mitzuwirken. Der Dank aller, die es mit unserem Volke, in erster Reihe mit unserer Jugend wohl meinen, wird ihnen dafür sicher sein.« Neben dem Buchhandel müßten möglichst aber auch die Kolporteure, die S t r a ß e n v e r k ä u f e r unddie Inhaber der kleinen Papierwaren-Hand lungen usw. für den Kampf gegen die Schundliteratur gewonnen werden. Auch sie sind, wenigstens zum großen Teil, für den Hinweis auf den Schaden, den die Schundliteratur hefte anrichten, empfänglich. Sie führen hauptsächlich zwei Ent schuldigungsgründe dafür ins Feld, wenn sie sich dennoch mit ihrem Vertrieb abgeben: der Verdienst an Schundliteraturheften sei größer als derjenige, der sich durch den Verkauf guter billiger Bücher erzielen lasse — und die Absatzmöglichkeit sei für letztere wesentlich geringer. Der letztgenannte Grund ist, wie schon er wähnt, zuzugeben, kann aber durch Illustrierung guter billiger Volksbücher und dadurch wettgemacht werden, daß diese Bücher vielleicht noch billiger als bisher erscheinen. Das würde allerdings erst möglich sein, sobald z. B. die Deutsche Dichter-Gedächtnis- Stiftung nicht verpflichtet wäre, aus dem Verkauf ihrer Bücher die Zinsen für das Kapital, das für deren Herstellung geliehen ist, auszutreiben und außerdem Rücklagen für die Zurückzahlung dieses Kapitals zu machen. Mit dem Augenblicke, wo für die Herstellung neuer Bücher Kapital geschenkt wird, fällt die Notwendigkeit der Verzinsung und der Amortisation fort, die Bücher könnten also noch etwas billiger als bisher in den Handel gebracht werden. Der Grund aber, daß sich an den Schundliteraturheften mehr verdienen läßt als an den Büchern der guten Literatur, ist doch wohl nicht stichhaltig. Ein bekannter Verlag z. B., dessen Schund- literaturhefte allenthalben zu sinden sind, liefert diese in der Regel mit einenr Rabatt von 40A,. Genau dieser selbe Rabattsatz wird aber, wenigstens bei größeren Bezugsmengen, auch in besonderen Ausnahmesällen, von gemeinnützigen Gesellschaften für ihre Sammlungen guter Literatur gewährt. Nur müssen diese eben aus den wiederholt erörterten Gründen den Ladenpreis für den gleichen Umsang etwas höher ansetzen als die Schundliteratur. Einen wesentlichen Fortschritt würde es bedeuten, wenn auf die Inhaber der kleinen Papierwaren- und anderen Handlungen, überhaupt aus alle Geschäfte, die sich mit dem Verkauf von Schundliteratur befassen, ein Druck dadurch ausgeübt werden könnte, daß ihnen der Boykott angedroht würde, falls sie diesen Verkauf nicht einstellen. Im Januar 1908 ist man in dieser Richtung in Göttingen vorgegangen, wo die Herren Geheimrat Professor Regelsberger, Berlagsbuchhändler vrl W. Ruprecht und Rektor Tecklenburg als engerer Ausschuß die Frage dauernd ini Auge behalten wollen. Bald daraus ist auch in Hamburg die Ver öffentlichung eines gleichen Aufrufes erfolgt, der wesentlich aus die Anregung des Herrn Justus Pape, des bekannten Buchhändlers und Vorkämpfers der Sittlichkeitsvereine, dessen Idealismus auch von seinen politischen Gegnern unbedingt anerkannt wird, zurückzu- führen ist. In Lübeck ist man schon im Sommer 1908 unter Führung des Herrn vr. Wilmanns mit der Absicht umgegangen, einen Käuferbund zur Bekämpfung der Schundliteratur zu bilden. Ein gleiches Vorgehen wäre auch in anderen Städten empfehlenswert. Nur muß auch hier wieder betont werden, daß alle politischen Wünsche und Bestrebungen aus dem Kampfe gegen die Schund literatur verbannt bleiben sollten. Er kann nur erfolgreich geführt werden, wenn alle Richtungen sich in ihm vereinigen. Und endlich noch ein letztes Mittel gegen die Schundliteratur. Möglicherweise würde es weiteren Kreisen, die gegenwärtig viel leicht noch glauben, daß man die üblen Einflüsse der Schundliteratur übertreibt, weil sie sie nicht kennen, die Augen öffnen, wenn man ihnen die nähere Bekanntschaft mit ihr ver schafft. Das ist leicht möglich durch eine Ausstellung der Schundliteratur, wie sie die Deutsche Dichter-Gedächtnis- Stiftung plant. Die Ausstellung, die nur mäßigen Umfang zu haben brauchte, müßte eine Anzahl von Beispielen der Schund literatur vorfllhren, eine Reihe von Zeitungsausschnitten über Gerichtsverhandlungen enthalten, in denen die Schundliteratur als treibende Kraft für die Entstehung', von Verbrechen nachge wiesen ist, einige Berechnungen über das,' was die Schundliteratur kostet (möglichst in graphischerForms, zur Darstellung bringen und endlich auf die Sammlungen guter billiger Bücher durch Plakate, Probehefte, Bücherverzeichnisse usw. Hinweisen. Der Gedanke, daß eine solche Ausstellung ihren Zweck zu erfüllen vermag, ist wohl nicht von der Hand zu weisen. Wird er doch auch aus anderen Gebieten angewendet. Professor Paul Schultze-Nauinburg hat durch seine photographischen Reproduktionen von »Beispiel« und »Gegenbeispiel« zur Bekämpfung von Geschmacklosigkeiten und zur Wiederbelebung schöner alter Kunstformen viel beigetragen. Und kürzlich hat das württembergische Landesgewerbe-Museum in Stuttgart ein kleines Museum abschreckender Beispiele einge richtet. Allerlei unzweckmäßige und geschmacklose Erzeugnisse des Kunstgewerbes sind hier zusammengestellt, um vor der Sucht nach dem Unechten, vor nutzlosen Spielereien, vor Stillosigkeiten und Geschmacksverirrungen aller Art zu warnen. * * -t- Unter den mannigfachen Kulturproblemcn, a» deren Lösung unsere Zeit zu arbeiten hat, ist das der Schundliteratur eines der wichtigsten. Der Erfolg, den sie errungen hat, muß uns das Blut vor Scham in die Wangen treiben. Das Unheil, das sie angerichtet hat und noch täglich anrichtet, kann unsere Herzen stocken lassen. Wir dürfen dieses Krebsübel nicht mehr dulden. Das Mittelalter kannte eine Sage von dem Magnetberge, dem sich Schiffe auch auf weite Entfernung nicht nähern durften, wollten sie nicht dem sicheren Untergange verfallen. Denn seine magnetische Kraft zog aus den hölzernen Planken der Schiffe alle eisernen Nägel, alle metallenen Berbandsteile heraus, das Schiss zerfiel, alles, was an Bord war, mußte elend ertrinken. Solch ein Magnetberg ist für die geistige und moralische Entwicklung unserer jungen Generation die Schundliteratur. Kommt die Jugend unter ihren Einfluß, so scheint es kaum eine Rettung zu geben. Und doch ist die Rettung bei einigem guten Willen und bei nimmer ermüdender Tatkraft sehr wohl zu finden. Ein Volk, das
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