^ 97, 29, April 1909, Künftig erscheinende Bücher, Börsenblatt s. d. Dtschn. Buchhaiftrel, 5183 Kurze Charakteristik über Julius Hart: Revolution der Ästhetik: Das umfassend und groß angelegte Werk des bekannten Kritikers führt in den Mittelpunkt der großen Geisteskämpfe unserer Zeit und neue Weltanschauungen und Lebensgestaltungen, und die tiefsten und wichtigsten Probleme von Kunst und Wissenschaft, Philosophie und Religion werden hier von einem ganz neuen und eigenartigen Gesichts punkt aus beleuchtet und untersucht. And jeder, der sich mit den grundlegenden Ideen unserer Kulturweltanschauung beschäftigt, muß zu diesem Buche Stellung nehmen. Unmittelbar und zunächst stellt der Verfasser die Forderung auf, daß unsere Ästhetik auf völlig anderer Grundlage von vornherein ganz neu ausgebaut werden muß, und er wendet sich mit scharfer Kritik gegen die gesamte bisherige Ästhetik, gegen Grund auffassung und Prinzipienlchre selber. Zum ersten Male werden hier die letzten Gründe aufgedeckt, warum der schaffende Künstler und die Wissenschaft von der Kunst bisher stets völlig verständnislos aneinander vorübergingen und warum die Ästhetik so gänzlich unfruchtbar blieb und an der Lösung ihrer Probleme stets scheitern mußte, (Das Buch führt den Nachweis, daß alles, was unsere Kunstvernunft, unsere Kunsttheorie uns bisher über die Aufgaben und Ziele der Kunst, über ihr Wesen und ihre Gesetze aussagte und aussagen wollte, auf durchaus willkürlichen und unhaltbaren Voraussetzungen beruht ) Der alten Ästhetik und ihrer Grundlehre von einem künstlerischen Einheits- Wesen stellt es eine neue Ästhetik, eine Kunstmetamorphosenlehre entgegen und gibt ein ,,novum orZanon" der Kunstbetrachtung und Kunstkritik, notwendig gerade in unserer Zeit, da in allen Kunstfragen die höchste Anarchie herrscht und die Anfruchtbarkeit der bisherigen Ästhetik zum vollkommenen Skeptizismus führte. Doch unsere Ästhetik ist nur ein Zweig am Baum unserer allgemeinen Wissen schaftslehre, und eine Erneuerung der Ästhetik kann nur auf Grund einer Erneuerung unserer gesamten wissenschaftlichen Weltauffassung zustande kommen. Nach den Aus führungen Julius Larts steht gerade diese unsere wissenschaftliche Seinsausfassung von vornherein in Widerstreit mit Erfahrung und Wirklichkeit, und unsere Wissenschaft endigt nur deshalb überall in „Welträtseln" und völlig unlösbaren Problemen, weil sie von Laus aus auf einer fundamentalen Irrlehre beruht, wonach die uns unmittel bar gegebene sinnliche Raturwelt auf eine nur hypothetisch existierende, bloß abstrakte begriffliche Vernunftwelt als auf ihre Entstehungs-und Arsachenwelt zurückgeführt werden soll. Diese „andere Welt,, unserer Wissenschaften wird von Julius Lart als eine bloß eingebildete, fiktive und erdachte Welt entlarvt, und »ach seinen Darlegungen ist es „die harte Schale der Vernunft", die unser Geist durchbrechen muß, wie einst Copernicus die feste, starre Limmelsdecke auflöste, von der früher die Menschheit die Erde über wölbt glaubte. Berlin VV. 30, Münchenerstr, 8. Coneordia Deutsche Verlags-Anstalt Hermann Ehbock