98, 30. April 1909. Künftig erscheinende Bücher. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. 5235 Albert Langen Verlag für Litteratur und Kunst München Zur Versendung bereit liegt eine hochwichtige deutsche Roman- <I Novität, die ich nur auf Bestellung versende. Hermann Gottschalk Gerhard Frickeborns Freiheit Roman Amschlagzeichnung von Walter Tiemann Preis geheftet 5 Mark 50 Pfg., in Leinen gebunden 7 Mark, in Halbfranz-Liebhabereinband 8 Mark 50 Pfg. Gerhard Frickeborn hat seine jugenliche Tatkraft an eine große politische Arbeit verschwendet, deren unfruchtbarer Ausgang sich zu derselben Zeit ankündigt, wo seine allzulange unterdrückte innerste Natur zu heftiger Befreiung drängt. Die Unerfüllbarkeit der Aufgabe, seine Mitbürger vor Unfreiheit und politischer Versumpfung zu bewahren, macht ihn an dem Wert eines Kampfes überhaupt zweifeln, in dem die größten, scheinbar durch Notwendigkeit lebens fähigsten Menschheits- und Freiheitsgedanken ohne Mühe zwischen den Rädern der Interessenkämpfe zerrieben werden. Trotz dieses Zweifels verhindert ihn die bisherige ausschließliche Hingabe an Gemeinschaftsziele, einen neuen Weg, den Weg zur eigenen Persönlichkeit, zu finden. Da packt ihn plötzlich mit ungeheurer Macht die Liebe zu einem Mädchen, das weltabgeschieden ein ungestörtes, reines Leben führt. Hier offenbart sich ihm das unerhörte Glück, Liebe und Freiheit zugleich zu finden. Doch gerade die Geliebte bringt ihm durch seltsame Schicksalsverkettung — unschuldigerweise — die lähmende Wunde bei. Er kann nicht anders, als sie — auch ohne Absicht — in betäubenden Sinnesräuschen zur Würdelosigkeit, zum Verlust ihres besseren Selbst herabzudrücken. Doch das Opfer ist über flüssig. Der Entscheidung in dem großen Wahlkampfe, der zuliebe er sich betäubte, wird er durch einen niederträchtigen Streich seiner Gegner enthoben: sie bringen ihn mit einer erkünstelten Anklage in Untersuchungshaft. Und als er aus dieser zurückkehrt, endgültig mit dem alten Leben abzurechnen, ist ihm die Geliebte verloren. Einsam und allein muß er das neue Land betreten. Die beiden Handlungen, der politische Kampf und die Selbstbefreiung durch die Liebe, treiben sich gegenseitig unauf haltsam vorwärts. Der Leser wird dabei in einem großen Kreise der verschiedensten Menschen heimisch, die sich teils um Frickeborn, teils um seinen gewalttätigen Gegner, den Großindustriellen Freiherrn von Zänger, scharen. Das Zeitbild, das den Hintergrund des Romanes gibt, ist eine ungemein lebendige Veranschaulichung des letzten Kampfes, den Bismarck gegen die Demokratie führte: die Zeit der Septennatswahl. Dies gibt dem Buche in unseren Tagen der wiedererwachenden Verfaffungskämpfe einen besonderen Wert. Schonungslos deckt es die Ursachen der Zustände auf, unter denen heute das deutsche Volk aus eigener Schuld schmachtet: Die Fäulnis, in der alles gedeiht, nur kein ehrliches, selbstloses Zusammenwirken. München, Ende April 1909.