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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 17.02.1923
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1923-02-17
- Erscheinungsdatum
- 17.02.1923
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- Deutsch
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X: 41, 17, Februar 1S23. Redaktioneller Teil Der Arbeitsvorgang in der Verlags-Auslieferung schrumpft auf einige Griffe zusammen: Ausschreiiben der Faktur, Ausschnei den des Lastzettels, Ausfetzen und Packen der Sendung, Das ist alles. Wem es Spaß macht, kann sich sogar einen Dreitakt aus den so beliebten Kunst-Kurzworten bilden: Faktur — Fak, Lastzettel (s, oben) — Bag, Packen — Pack, und dann klingt's im Ohre: Fak, bag, pack — Fak, bag, pack, Arbeitsrhythmus! Die Lastzettelbogen kommen addiert zur Buchhändlerbank, Der Gesamtbetrag ist unabänderlich, da ja Unstimmigkeiten durch Rücklastzettel ausgeglichen werden müssen; er kann also ohne weiteres als Schuldposten der Bank, sogar in Wochen- oder Monatsummen in die Hauptbuchsührung übernommen werden, genau wie die Summe des wöchentlichen oder monatlichen Bar verkaufs, Das entspräche den strengsten Anforderungen an eine doppelte Buchhaltung, Es wird in der Tat für die Verleger völlig überflüs- s i g, die Elnzelposten auf Sortimenter-Konten zu buchen, die Zahlungen dort gutzuschreiben usw,, und ebenso überflüssig für die Sortimenter, dasselbe mit den Verlegers-akturen zu tun. Bei derseits Bargeschäft, nichts weiter. Freilich — es gibt ja zunächst noch Monats-, vielleicht noch Vierteljahrs-, sogar Jahreskonten, wenn trotz Schlüsselzahlen hin und wieder bedingt geliefert wird. Ich ver mute, auch dies alles wird schnell schrumpfen. Rechne man nur einmal genau aus, was das Buchführen kostet! Die Zeile Kontobuch etwa 1 Mark, die Arbeits in i n u t e eines Konten führers (mit dem heut« schon oder doch bald bescheidenen G.ehalt von 800 Mark in der Stunde) 10 Mark! Ich fürchte: der unbarm herzige Zahn unserer harten Zeit wird auch diesen letzten Rest alter Rechnungssitten schnell zernagen, und der Lastzettel allein wird gelten, Verleger aber, die — mit Recht --aus die übliche Absatz- statistik und aus die Übersicht über den Absatz jedes einzelnen Sortiments nicht verzichten mögen, werden sich klar darüber sein, daß dies mit Buchführung nichts zu tun hat. Die Absatz- ftatistik läßt sich mit größter Genauigkeit nach den nunmehr aus nahmslos zurückbehaltenen, wie üblich mit Ausrechnung des Be trags versehenen Bestellzetteln,, im Anschluß an die Summen der der Buchhändlerbank übergebenen Lastzettelbogen ausstellen und, wenn man will, in die Hauptbuchhaltung mit übernehmen. Die Bezüge der einzelnen Sortimentsfirma lassen sich — von Fall zu Fall oder planmäßig — ebenfalls aus den geordnet auf bewahrten Bestellzetteln ersehen oder züsammenrechnen. Dazu hatte man bisher die Konten; aber es geht wirklich auch so. Also, verehrter Herr Verleger-Kollege, haben Sie dies ge lesen, erwogen, beherzigt, beschlossen, so wissen Sie, wieviel Millionen jährlich Sie sparen werden — als Genoss« per Bag, allein durch den Wegfall der Kontenführung, Oder mit anderen Worten: wieviel unproduktive Arbeit Sie künftig — durch andere Verwendung Ihrer Mitarbeiter — in werterzeugende verwandeln können. Maler als Schriftsteller. Von Julius Elias'), Das sind erst die wahren Schriftsteller, die nicht Schriftsteller von Metier sind, die von der »Plattheit des Schreiberhandwerks unberührt bleiben. Die nur die Feder ergreifen, wenn sie, aus dem Zwang ihrer Naturen, wirklich etwas zu sagen haben, das zunächst sie selber, dann aber auch die anderen angeht. Die von der Stunde gedrängt werden. Kurz, die Outsider der schrift stellerischen Kunst, Hutten war solch ein Outsider und der be rühmte Verfasser der Geschichte vom »Verfall und Untergang des römischen Weltreiches-, Gibbon, der in seinem Hauptberuf Ban kier gewesen ist. Ein weites Feld, auf dem ich hier einen kleinen Winkel ab- und umschreiten möchte, indem ich ein weniges von den bildenden Künstlern aussage, die bis zu gewissem Grade schöpferisch auch in der schriftstellerischen Kunst gewesen sind, ob- wohl sie nur gelegentlich und kunstlos sie betrieben haben. So ganz kunstlos konnte es allerdings nie sein, denn immer kam ') Mit gtltigst erteilter Erlaubnis der Verlagshandlung abgedruckt aus »Der Spiegel, Jahrbuch des Propyläen-Berlags- in Berlin, ISA, etwas von ihrer eigensten Kunst in das, was sie aufschrieben, ab gesehen von allem gegenständlichen Gehalt, der ja doch aus ihren künstlerischen und menschlichen Vorslellungs- und Jdeenkreisen hervorwuchs: ich meine die Form des sprachlichen Ausdrucks, bas Kolorit, das lebhaft und natürlich gestaltende Wesen der Beschrei bung, das Gesehene, so naiv und wahllos auch oft Wort und Satz aneinandergesügt sein mögen. Ob es nun Schriftsteller waren, die malten, oder Maler, die schrieben: ein gemeinsamer Zug zeigt sich an beiden Gruppen, wenigstens an ihren bedeutenderen Vertretern: sie schweifen nicht in die Ferne, sie beziehen ihre Inhalte aus nächster Lebensnähe: aus dem eigenen Ich, aus den Schicksalen und Formen ihres künstlerischen Berufes, aus ihrer sozialen Schicht, aus der Natur, die sie umgibt, die ihrem Herzen wertvoll ist. Sie malen oder schreiben Selbstbekenntnisse, auch dort, wo sie scheinbar objektive Dinge behandeln. Der Moment ist ihnen alles, und ein »Ver weile doch, du bist so schön- ist der Antrieb, der sie zum Griffel und Pinsel oder, auf der anderen Seite, zur Feder greifen heißt. Auf der Seit« der Dichter ist das Beispiel Goethes das schla gendst«, Wie sein ganzes Dichten sozusagen Momentaufnahme war, so ist auch seine Zeichnung ein unmittelbares Erlebnis, das sich durch Andeutungen, durch den »orsyou rspicks- festlegt. Seine Linie ist bis zu gewissem Grade beschwingt, wie die Linie eines Impressionisten, E, Th, A, Hofsmann schreibt mit dem Stift seine nächtlichen Gesichte, die traumhaften Figuren auf, die in seiner Einbildungskraft irdische Gestalt gewonnen haben, Stifter zieht aus dem heimatlichen Boden, der die menschlichen Verwick lungen, die menschliche Charakteristik, die zarte Magie seiner Er zählungen hervorbringt, die besten Kräfte für seine lieblich«, im Promenieren entstandene Landschaftsmalerei, Henrik Ibsen, den eine Sagensammlung in die Berge, zu den Fjorden treibt, übt, leise befruchtet vom großen Johann Claussen Dahl, der, wie er, einst die Heimat verlassen mutzte, um ein Künstler zu werden, eine national-romantische Landschastsmalerei; Paul Heyse frönt der edlen Manie des Zeichnens, indem er, ursprünglicher Be gabung folgend, mit ingreshafter Schönschrift die edlen Häupter seines gesellschaftlichen Kreises porträtiert. Und Gottfried Keller: in seiner Selbstbiographie möchte er zwar nicht »zu der zweifel haften Geisterschaar- gehören, »welche mit zwei Pflügen ackert und in den Nachschlagebüchern den Namen Maler und Dichter führte — indessen, diese graziöse Ablehnung entspringt nur seinem lie fen, schamhaften Gefühl für die Ausübung der bildenden Kunsß sür jene zweite Wesenheit in ihm, an der er einst, nach schweren inneren Kämpfen, vorübergegangeu war, um endgültig Dichter zu werden. Doch es steht fest: aus die Natur, die er kniend ver ehrte, reagierte er zuerst als Maler, Das Studienmaterial, das aus dieser Frühepoche verblieb, hat seinen Wert sogar entwick lungsgeschichtlich: Keller nahm ein deutsches Mv-mge Iniimo vor aus, Einige Stellen seines »Grünen Heinrich- geben dieser ge wissen malerischen Modernität dann ihre besondere Beleuchtung Nicht dadurch wird man Landschaftsmaler, »daß man merkwür dige und berühmte Orte aufsucht und nachmacht-, sondern da durch, »daß man die stille Herrlichkeit und Schönheit der Natur betrachtet und abzubilden sucht«. Hier wird auch das Kleinste groß. Solcher schwärmenden malerischen Skizzen hat er manche notiert, di« von schöpferischer Naturweihe durchwärmt sind , . . Goethe und Keller rühren an das ewige germanische Künstler schicksal, an die Zweifelsfrage: bist du zur Literatur oder zur Kunst berufen, zum Geisteswerk oder zum Sinnen- und Augm- werk? Von diesem Zweifel wird noch spät im Jahrhundert ein van Gogh gejagt, der in einem starken Korpus himmlischer Briefe seine ringende Seele öffnet. Bei Goethe und Keller, den Dichter- naturen, bei van Gogh, der Malernatur, siegte das, was gesetz mäßig über-ihnen hing, siegte vollkommen. Kein Mensch wird bei jenen mehr dem Dichter den Maler, bei diesem den Dichter (denn Vincent war in seinen Briefen Dichter) dem Maler vorziehen. In sehr vielen anderen deutschen Künstlern, zumal des neun zehnten Jahrhunderts, aber währt der innere Streit, die Un- einigkeit mit sich selbst, die Disharmonie, die Zweiteilung ein Leben hindurch. Sie fangen an und fahren fort zu schreiben aus dem Bedürfnis der Selbstergänzung, Und dies« Fälle sind Psycho logisch die interessantesten. 203
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