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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 19.05.1909
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1909-05-19
- Erscheinungsdatum
- 19.05.1909
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
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114, IS. Mai ISO». Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt s. d. Dischn. Bnchhaiü^t 6053 Deutsche oder lateinische Druckschrift für deutsche Bücher?*) In einem »Notschrei aus Amerika» ist es »als eine internationale und urbane Pflicht eines jeden großen Verlegers, vor allem der leitenden Monatsschriften, bezeichnet worden, »endlich durchgehend mit der deutschen Type aufzuräumen», und zwar »bald, wenn anders wir nicht auf dem geistigen Weltmarkt unterliegen wollen». Es sei daher einem deutschen Verleger gestattet, auf die hiermit an seinen Stand gerichteten Vorwllrfe zu antworten. Wir sollen uns belehren lassen, es habe keinen Zweck, in deutscher Schrift gedruckte deutsche Bücher und Zeit schriften nach Amerika hinüberzuschicken. »Sie verstauben hier ungelesen, durch die Schuld derer, die sie Herstellen . . . . hilflos steht der Amerikaner, der Deutsch bis zu einem gewissen Grade kann, vor dem Produkte unseres Geistes. Er möchte wohl mit, er kann aber nicht!« So schloß wörtlich der -Notschrei». Ich traute meinen Augen nicht, als ich das las. Hat es denn etwa unserer klassischen Literatur, die bis in die jüngste Zeit doch nur in deutschen Typen gedruckt über die Welt verbreilet ist, an An erkennung und Geltung in der Weltliteratur gefehlt? Wie arm selig ist die Vorstellung, daß Geltung und Verbreitung der Geisteserzeugnisse unseres Volkes durch die Wahl einer doch nur um eine Nuance von der lateinischen Type verschiedenen nationalen Type beeinträchtigt werden, ja sogar schlechthin ab- hängen sollten! Gilt denn nicht auch deutsche Wissenschaft auf manchem Gebiete und in vielen Fällen als die führende in der Welt, obwohl oft ihre besten literarischen Erzeugnisse in deutscher Schrift gedruckt worden sind? Ich erinnere nur an die Tatsache, daß sich 1897 die Königliche Akademie der Wissenschaften in Berlin bei Beginn der heute noch nicht ab geschlossenen monumentalen Ausgabe von Kants Werken für die Drucklegung in deutschen Typen entschieden hat, gerade auf Grund von Gutachten einer Reihe angesehener aus ländischer Gelehrten, denen der Verleger der Akademie die Frage vorgelegt hatte, ob eine Beeinträchtigung des Absatzes durch die Verwendung deutscher Typen zu befürchten sein würde. Und hält man denn wirklich deutsche Verleger, wenn sie Werke, mit deren Absatz sie auf das Ausland an gewiesen sind, gleichwohl vielfach in deutscher Schrift Her stellen, für derartig gewissenlos und verrannt, daß sie nicht ernstlich immer wieder die Frage geprüft haben sollten, ob sie damit auch nicht etwa den Absatz ihrer Verlagswerke, d. h. den ihnen anvertrauten Interessen der Autoren wie ihrem eigenen Geldbeutel schaden könnten? Ich habe der Schriftfrage von Anfang an absolut vorurteilslos gegenübergestanden und schreibe nicht »aus dem Lager der Urdeutschen«, auf die der Notschreier so mit leidig von seiner internationalen Höhe herabblickt. Ich denke auch garnicht darau, mir gute Werke für meinen Ver lag entgehen zu lassen, weil etwa ihre Verfasser lateinische Schrift dafür vorziehen oder weil in dem betreffen- ') Dieser Aussatz ist eine Erwiderung aus den am 4. April I90S in den »Bremer Nachrichten« abgedruckten Artikel »Ein Notschrei aus Amerika« von A. W. Heymel, der zuerst in den »Nachrichten des Verbandes deutscher Schriftsteller in Amerika« am 15. März 1909 in New Pork veröffentlicht wurde. Sollte einer der Herren Kollegen diesen »Notschrei« auch in einer anderen Zeitung gefunden haben, so wären wir für gütige Be nachrichtigung dankbar. Red. Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 76. Jahrgang. den Spezialgebiete bei uns zurzeit die Verwendung lateinischer Typen noch vorherrscht, wie z. V. bei den Germanisten (von denen mir übrigens gleich der erste, mit dem ich bisher über die Frage sprach, einer der angesehensten Vertreter des Faches, zugab: Wir haben trotz Grimm gar keinen Grund, an der Verwendung lateinischer Schrift festzuhalten, und ich werde meine nächste Textausgabe in deutscher Schrift drucken lassen). Aber geprüft habe ich die Frage von allen Seiten, nachdem ich ein Jahrzehnt meines Lebens hindurch, nach einein längeren Studienaufenthalt im amerikanischen Buchhandel, fast mehr Antiquadruck gelesen hatte als deutschen. In einem Flugblatte »über das Kleid der deutschen Sprache» (abgedruckt im Börsenblatt 1907, Nr. 208) habe ich darüber durch Zusammenstellung des nüchternen Tatsachen materials Rechenschaft abzulegen gesucht und u. a. auch an schaulich mit Beispielen belegt, welche Erschwerung des Verständnisses, gerade auch für Ausländer, durch Ver wendung der Antiquaschrist für die deutsche Sprache ent stehen kann und welche Erschwerung des rein mechanischen Lesens deutscher Texte die Verwendung der abgeschliffenen und breiten Antiquaschrift mit ihrer für unsere deutschen Wortbilder bei deren Länge nicht genügenden Charakteristik herbeiführt.") Doch mir hatten diese Ver gleiche der Wortbilder und der Einzelbuchstaben beider Schrift arten in ihrer Bedeutung für das Wortbild allein noch nicht genügt. Ich hatte deshalb einen englischen Text in deutscher Schrift abdrucken lassen und, wie in jenem Flugblatte unter Wiedergabe berichtet ist, ihn an drei amerikanische Ge lehrte, an verschiedenen Orten wohnhaft, mit der Bitte ge schickt, ihn von des Deutschen völlig unkundigen Amerikanern der verschiedensten Bildungsschichten, Kindern wie Erwachsenen, lesen zu lassen. Alle Versuche ohne Ausnahme, die darauf hin mit Studenten, Jnstitutsdienern, Schulkindern und anderen unternommen sind, haben nicht die geringste Schwierigkeit ergeben. Sogar Schulkinder von 12—14 Jahren haben die Seite flott heruntergelesen, und einer der Herren fügte hinzu: »Die meisten schienen gar nicht zu bemerken, daß es nicht die ihnen gewohnte Druckschrift sei.» — Den gleichen Ver such habe ich in Italien dann mit italienischem Text in dieser Schrift mit demselben Erfolge gerade auch bei Kindern angestellt. Und nun vergleiche man die phantastische Behauptung jenes »Notschreies aus Amerika» mit diesen Ergebnissen: der erwachsene Amerikaner, der Deutsch gelernt hat, soll hilflos vor unfern in deutscher Schrift gedruckten Büchern stehen, während die unbefangenen amerikanischen Kinder, die noch gar kein Deutsch kannten, die deutschen Schriftzeichen doch alle ohne die geringste Schwierigkeit haben lesen können. Und das Traurigste an der Sache "> Nachdem infolge mehrfachen Abdruckes in Zeitschriften schon 5000 Exemplare dieses Flugblattes unter der Hand in den letzten beiden Jahren von mir abgegeben worden sind, ohne daß ich dem Wunsche nach Lieferung größerer Partien für Vereine usw. hätte entsprechen können, kann ich weitere Exemplare jetzt nur noch gegen Portoersatz (Bestellung durch Postkarte mit Antwort karte) abgeben. Partien nach Vereinbarung. — Inzwischen ist im Verlage des Deutschen Buchgewcrbevereins in Leipzig von Professor vr. August Kirschmann eine kritische Studie auf Grund experimentell-psychologischer Forschungen unter dem Titel »Antiqua oder Fraktur (lateinische oder deutsche Schrift)?« ver öffentlicht (Preis 1 -M>, die ich als eine umfassende und an ziehende Darstellung um so lieber empsehle, als sie nicht nur die erste ist, die aus vergleichender wissenschaftlicher Erforschung der beiden Schriftarten beruht, sondern auch meine in der Praxis gewonnenen Ergebnisse durchweg bestätigt. 786
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