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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 25.05.1909
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- 1909-05-25
- Erscheinungsdatum
- 25.05.1909
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- Deutsch
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6282 Börsenblatt f. d. Teichn. «uchdanbet > Nichtamtlicher Teil. ^ 118 25. Mai 1909. Kultur des südlichen Frankreichs vernichtete, das Land in eine Wüste verwandelte und den heiteren Gesang der Troubadours für immer zum Schweigen brachte. Die römische Kirche konnte auf rauchenden Trümmern und blutgetränkten Stätten ihr siegreiches Panier aufpflanzen. Aber der Erfolg war ein trügerischer, denn die Häretiker, soweit sie nicht hingeschlachtet worden waren, wälzten sich nun in das übrige Europa, unauf haltsam gehetzt und verfolgt, und entwickelten einen Bienen fleiß in der Verbreitung ihrer Lehren. Als Troubadours, Bettler, Kaufleute u. ä. zogen sie durch die Lande, von einer Provinz in die andere, von Exil zu Exil. Ihr Leben glich dem der Propheten und Märtyrer. Bedeutsam ist nun, daß sie neben ihren Lehren und ethischen Tugenden auch zugleich ihre Ge- industrie. Denn diese war in der Provence und den benach barten Distrikten mehr als irgend ein anderes Gewerbe gepflegt worden und bildete auch im Exil noch während vieler Jahrhunderte das charakteristische Gewerbe der Häretiker. Dies wird bestätigt durch die vielen in alten Büchern und Handschriften überlieferten Papiermarken. Wir erwähnten schon, daß diese Zeichen von Anfang an symbolischen Charakter hatten und daß in ihnen ein reicher Schatz religiöser, philosophischer und geschichtlicher Ideen niedergelegt sei. Mit der Interpretation dieser wortlosen Zeichen haben wir uns nun zu beschäftigen. Wir folgen dabei den Ausführungen Bayleys, der unter Benutzung zeitgenössischer Symbolisten, wie des Durandus aus der Provence und des Valerian, dessen großangelegtes Werk »3isro^l^plliooiuw« im Jahre 1624 in Leyden veröffentlicht wurde, den feinen und subtilen Stoff mit Gründlichkeit behandelt. Bezeichnend für alle primitiven Kulturepochen, aber auch für gewisse auf hoher Kulturstufe stehende Völker ist die ausgesprochene Neigung zur Allegorie. Von dem Symbolismus der Inder und Ägypter zu sprechen, ist nicht nötig, auch nicht davon, daß eine große Anzahl der bei den mittelalterlichen Papiermachern verwendeten Embleme diesen alten Quellen entnommen sind. Eine Tatsache aber, die heute noch zu wenig gewürdigt wird, ist die ungeheure Verbreitung des Symbolismus und der Allegorie im Gewerbe, in der Kunst und Literatur des mittelalterlichen Europas. Bildet sie doch den Schlüssel zum Verständnis der tiefsten Geheimnisse mittel alterlichen Lebens und mittelalterlicher Kultur, und setzt uns in den Stand, nicht nur iu das rätselhafte Dunkel mancher lite rarischen Erzeugnisse einzudringen, sondern vor allem auch den Schleier zu lüften von den langen Reihen mysteriöser Papier- einem merkwürdigen Zeichen, das als Schutzmarke dient. Eigen tümlich für die Geschichte der alten Marken ist nun, daß die gleichen Zeichen mit nur ganz geringen Abänderungen, Varia tionen und Modifikationen gleichzeitig zu Hunderten und Tausenden überall in Europa im Gebrauche waren. So erlangte beispiels weise die Darstellung des Hundskopfes während zweier Jahr hunderte enorme Verbreitung; die Marke mit dem Zeichen des Kruges erfreute sich während mehr als dreihundert Jahren großer Popularität; auf den ehrwürdigsten Stammbaum aber blickt die Lilienblüte zurück, die auch heutigentages noch zu den gebräuchlichen Zeichen gehört. Durch ihre Werktätigkeit, ihre ethischen Tugenden und sonstigen vorbildlichen Charaktereigenschaften verdienten sich die Albigenser bei ihren Zeitgenossen den Beinamen »das gute Volk«. Die Be zeichnung kehrt wieder in den Wassermarken der mittelalterlichen Duauls^sacl, vuls^arä, vuaolsAsarci, ix h. visu 1s §3.rcls (Gott hüte es). Sie sinden sich in verschiedenen Formen auf den Er zeugnissen einer kleinen Kolonie von albigensischen Papier machern, die im 17. Jahrhundert in der französischen Stadt Dieulouard wirkte. Ein besonderes Kapitel ist den religiösen Emblemen ge widmet. Der immerwährende Traum der Albigenser, der Angel punkt ihres Lebens, ihres Forschens und Denkens war die Er füllung des tausendjährigen Reiches Christi auf Erden. Das war die Quelle jenes heroischen Mutes, der sie die unaufhörlichen Ver folgungen seitens der römischen Kurie ertragen ließ. Sehen wir manufakturisten sich spiegeln. Von den etwa 30 Wasserzeichen dieser Art, die abgebildet sind, tritt als frühestes die Weltkugel mit dem Kreuze auf — eine Marke also, die auch heute noch gebräuch lich ist —, sodann die Darstellung zweier ineinander gefalteten Hände. Beide waren Sinnbilder eines das ganze Universum um spannenden Reiches der Liebe und Eintracht. Wir finden dann weiter: das Einhorn als Emblem der Reinheit und Strenge, der Tapferkeit und Unbesiegbarkeit; den Hirsch als Symbol der reli giösen Erleuchtung, teilweise auch als Symbol der Ewigkeit. Das »wahre Bildnis«, geläufiger unter der Bezeichnung Schweißtuch der heiligen Veronika, war ebenfalls ein häufig verwendetes und guten Werke, die den Tätigen hinaufführen sollten in die Regionen des Himmels. Das heilige Tau galt als Sinnbild der Seligkeit und das heilige ^ des Pythagoras als Verbildlichung von Kraft und Tugend und war überall gebräuchlich, wo Albi genser wirkten. Eine wichtige Klasse von Wasserzeichen ward repräsentiert durch das Zeichen der Hand. Diese war das Sinn bild der Arbeit, wir wissen, daß der Wahlspruch der Albigenser lautete: Vkrllorars est orars (Arbeiten ist Beten), daß sie ein immer werktätiges und arbeitsfreudiges Volk waren. Das Bild des Leuchters erinnerte an das Wort »Laßt euer Licht leuchten«, das Bild der Schere und Lichtputze an die Anschauung, daß die Flamme der göttlichen Wahrheit erst dann leuchtend sich offenbare, wenn sie vom Besätze römischer Ein weiteres Kapitel dient der Erklärung der Symbole der Gottheit. Gott war der Allwissende und Allgütige, aber nicht Allmächtige. Christus war der Erlöser der Seelen aus dem Ge fängnis des Körpers und der Höchste der Engel. Die dritte Kraft im Bunde der himmlischen Hierarchie war der heilige Geist. Die Lehre von der unbefleckten Empfängnis wurde als gegen den ge sunden Menschenverstand und gegen die Gesetze der Natur ver stoßend abgelehnt. Vielfach wurde auch die Existenz Christi als menschliche Persönlichkeit bezweifelt und angenommen, es handle sich da lediglich um eine Personifikation abstrakter Ideen. Die nämlichen Zweifler deuteten Maria als das Meer, als die un ergründliche See des Geistes. Von den Wasserzeichen, die sich mit diesem Jdeenkreise berühren, seien in erster Reihe erwähnt die verschiedenen Darstellungen der Schlange. Sie war das Sinnbild der verborgenen und unergründlichen Gottheit. Ver bunden mit der Zahl Drei repräsentierte sie das ewige (ver gangene, gegenwärtige und zukünftige) Dasein Gottes, das unbedingte »Ich bin«. Trat die Schlange in Form eines Kreises auf, hatte sie die Bedeutung von Universalität und Allgegenwart. Einzelne Darstellungen zeigen das Schlangensymbol in das Kreuzsymbvl übergeführt. Geometrische Verzierungen mit Schlangen- und Kreuzsymbolen wiesen auf den unaussprechlichen Namen Gottes, die Wage auf das ewige Gleichgewicht des Universums. Mit der Person oder dem Namen Christi wurden verknüpft zunächst der Pelikan als das Emblem der Selbstopferung (Dante nennt den Heiland »nostro vslieano«), ferner die aufsteigende Sonne mit dem Monogramm 13 8, das bedeutete (^)ssu8 I1)oiu1num (8)a1vator, endlich der gekrönte Morgenstern. Der heilige Geist wurde versinnbildlicht durch die Taube. In die verschiedensten Formen wurde die Vorstellung von der Drei einigkeit gekleidet. Häufig sehen wir sie dargestellt durch drei Kreise, durch ein Weltkugel-Dreieck, das die Dreieinigkeit und Einheit in einem Bilde ausdrückt; häufig auch umrandet mit einem flammenden Heiligenschein oder einem Olivenzweig (Friedfertigkeit). Auch durch ein Kleeblatt wurde sie verbildlicht, am häufigsten aber durch die Lilienblüte (teils mit Aureole und Krone). Es sei hier abermals erwähnt, daß alle diese Zeichen nicht nur in mittelalterlicher Zeit, sondern auch später bis in das achtzehnte Jahrhundert, teils länger noch, im Gebrauch waren. Eine Klasse für sich bilden die Embleme aus den Zeiten der Verfolgung und der Inquisition. Da finden wir die Instrumente des Märtyrertums, das Schwert, das Beil (mit dem Kreuz), die Zwickzange und andere Marterwerkzenge. Eine von einem Pfeil durchbohrte Vogelschwinge weist auf das von der römischen Kirche verworfene Evangelium hin. Die Rose wird verwendet als
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