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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 25.05.1909
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1909-05-25
- Erscheinungsdatum
- 25.05.1909
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- Deutsch
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118, 25. Mai 1909. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt s. d. Dtschn. Buchhandel. 6283 Sinnbild der Verschwiegenheit, der Igel als Emblem der Abwehr, der Bär mit Hinweis auf geheime Sitten (auch Bärenschlaf mit Bezug auf das frühe Mittelalter). Die Schlüsselsymbole deuten auf das Propheten- und Predigertum der Albigenser (Erschließung der Heiligen Schrift). Eine starke pathetische Note spricht in den oft wiederkehrenden Zeichen mit dem Stierkopf und damit verbundenen Emblemen des Duldens, der Sehnsucht, der Auf erstehung (Kreuz der Erlösung, Krone des himmlischen Sieges, Tau der Wiedergeburt, Schlange des Heils, Rose des Paradieses, Stern von Nirwana usw.). Bezeichnend für die Albigenser ist, daß das leidvolle Buch Hiob das eigentliche Volksbuch war. Dem gleichen Jdeenkreise gehören noch an: der Schwan — er ist der Träger verborgener Tugend; die Glocke — ihre metallene Stimme tönt über alle Lande, ermahnt zum Frieden und zum Fleiß und weckt die Sehnsucht nach Gott und der Ewigkeit; der Hahn— er versinnbildlicht das echte Priestertum, verkündet den Tag, er kennt auch die Geheimnisse der Nacht und ist die Stimme des Gewissens. Das folgende Kapitel bespricht unter dem Titel »Romantische Embleme« eine lange Reihe von Wasserzeichen aus dem Vor- stellungskreise der Troubadours. Die Troubadours erwiesen sich im Kampfe gegen römische Unduldsamkeit und Korruption als die eifrigsten Helfer. Nach der Mordiade von 1209—1229 waren sie gleich den übrigen Häretikern in alle Welt gewandert, hatten als Dichter und Sänger, als Chronisten und Theologen proven^alische Kultur an die Höfe der Fürsten, in die Burgen des Adels, in die Städte, kurz überallhin gebracht. Welch ungeheuren Einfluß diese fahrenden Ritter auf das geistige Leben ihrer Zeit ausübten, ver gegenwärtigen in überzeugender Weise wiederum die Wasser zeichen der Papiermanufakturisten. Bemerkenswert ist, daß den Symbolen dieses Vorstellungskreises ein auffällig heiterer, teil weise humoristischer Grundzug anhaftet. Interesse erwe en zu nächst die Hohnbilder auf die römische Kurie, sodann die eigen tümlichen, auf die Bedeutung der Troubadours als Pilgrime der Liebe hinweisenden eigentümlichen Darstellungen der sogenann ten »mystischen Jungfrau«. Größerer Popularität erfreuten sich die Nolandshörner, in denen die Begabung der Troubadours für ritterliches Wesen und ritterliche Poesie sich ausspricht. Das mystische Rittertum, das während des ganzen Mittelalters blühte und namentlich dem 13. Jahrhundert das Gepräge verleiht, verdankt seine Entstehung und seine Verbreitung im wesentlichen diesen allmächtigen Sängern. Sie waren auch die Verbreiter jener unvergleichlich tiespnnigen, an symbolischer Bedeutung so unerschöpflich reichen epischen Dichtungen aus der Glanzzeit des Mittelalters, Artus' Tafelrunde, Nolandslied, Legende vom heiligen Gral usw., die in viele Sprachen übersetzt wie ein Lauf feuer ganz Europa durchwanderten. Auch den Emblemen des Gralskultus ist ein breiter Raum gewidmet. Wir sehen das Gralsschloß in verschiedenen Formen, desgleichen die drei an einandergereihten Halbkreise der heiligen Berge Sinai Mvsis Gesetzestafeln), Moriah (Salomos Tempel) und Calvaria (.Kreuzi gung), ferner die Taube des heiligen Geistes auf dem heiligen Gesäß (den Gral darstellend) mit Stern-, Lilien-, Kreuz- und anderen Attributen, darunter auch Gruppen von Buchstaben zu zweien und vieren. Befruchtend hat auch die Legende von der Rose, eine in mittelalterlicher Zeit wellverbreitete Dichtung, auf die Wasjerzeichensymbolik eingewirkt. Indem die Rose zur Verbildlichung von Vorstellungen wie himmlische Musik, Unsterb lichkeit, Paradies, ewiges Licht und ähnlichem diente, wurde sie zum Sinnbild des Reinsten und Erhabensten menschlichen Em pfindens und Denkens. In gleicher Weife, wie die Albigenser sich für die Lehre vom reinen, unverfälschten Ehristentum einsetzten, wirkten sie auch für die Verbreitung und Förderung der Wissenschaften. In dem festen Glauben, daß mit der Kultur schon der halbe Weg zum Himmel erreicht sei, entfalteten sie eine rührige Tätigkeit als Philosophen und Schullehrer; ihrem Wappenzeichen, dem Rad der heiligen Katharina, begegnen wir auch in der Wasjerzeichen- symbolik der Papiermacher. Das Hauptgebiet wissenschaftlicher Betätigung aber bildete die Alchymie, das Suchen nach der Ur kraft des Lebens, dem Lebenselexier, der Universalmedizin, dem göttlichen Wasser, dem Stein der Weisen usw., wobei das Problem der Goldmacherkunst eine nicht unwesentliche Bedeutung gewann. Der Verbreitung alchymistischer Kenntnisse dienten Schriften nach Art der »Einführung in die Goldmacherkunst«, des »Führers zum himmlischen Edelstein« usw., die aber in der Mehrzahl in der Ver kleidung religiöser Essays erschienen Ein verwandter Charakterzug äußerte sich in der Vorliebe der Albigenser zu kabbalistischen Spekulationen. Bekanntlich ist die Kabbala die jüdische Geheimlehre, die just zu derselben Zeit, da die Albigenser den Kampf gegen den Formalismus und Materia lismus der römischen Kirche eröffneten, als junger Zweig den toten Systemen des in Buchstaben erstarrten Judentums entsproß und sich in der gleichen Weise wie die Lehre der Albigenser als eine Reaktion gegen die herrschenden Systeme darstellte. Indem der Kabbala eine Reihe christlicher Symbole eingegliedert wurden, ergaben sich zwischen ihr und der albigensischen Kirche neben den äußeren auch innere Berührungspunkte in solchem Maße, daß die Systeme im Laufe der Zeit (soweit als die Lehre vom heiligen Geist in Betracht kam) völlig miteinander verschmolzen. Daraus erklärt sich die große Bedeutung, die die Kabbala für das geistige Europa des dreizehnten bis sechzehnten Jahrhunderts erlangte, haben sich doch nicht nur Dante, der große Herold der Renaissance, sondern neben ihm auch eine Reihe anderer führender Geister jener Zeiten kabbalistischer Systeme bedient, so zum Beispiel Reuchlin, Picus von Mirandola und vor allem der herrliche Jakob Böhme. Bayley meldet nun, daß als Bahnbrecher auch dieser Lehren die Albigenser anzusehen seien. Unter den Geheim künsten der Kabbala war eine bekannt als notaiieon. Sie bestand in der Zusammensetzung verschiedener Initialen zu einem Worte. So beruhte beispielsweise der Name Hiram auf folgender Wort- so etwa 160, oder UIL1, oder ?Ü0, oder letzteres ausge zogen aus der Wortgruppe ?(i6tate) L(t) chustieia) ü(olno) k(st) 11(i6ro8oI>mitL.nu8). Der Buchstabe ? stand für Ulloäeä (der Heiland); O wurde als Synonym zu dem hebräischen ^oä betrachtet und bedeutete Architekt des Universums. Die tiefste Deutung aber gab man dem Buchstaben KI, der zunächst als Sinnbild der Jung frau Maria, weiter als die große Mutter, die reine See, die große Tiefe, die Welle usw. hohe Verehrung genoß. ^.OKI bedeutete die Schöpfung, Erhaltung und Entwicklung der Welt, 6 die Omni- potenz Gottes (kein Anfang und kein Ende), ^ Alpha ufw. Wir erwähnten schon, daß die in den vorliegenden Zeilen gedeuteten Wasserzeichen von ihrem ersten Erscheinen im Jahre 1282 bis in das achtzehnte Jahrhundert eine fortlaufende Kette von Symbolen bilden und daß auf diese Symbole auch die später bei den Druckern gebräuchlichen Ornamente und Ver zierungen zurückzusühren seien, da eine ähnliche Auffassung ihr Wesen kennzeichne. Diese spezielle Frage der Wirksam keit der albigensischen Lehren auch in den Zeiten des ver- vollkommneten Buchdrucks behandelt Bayley in vier besonderen Kapiteln. Nach einem interessanten Rückblick auf die Erfindung des Druckes im ersten Kapitel folgt »m zweiten eine ausführliche Würdigung der in den Vignetten und Zierleisten der Drucke des 16. bis l8. Jahrhunderts gebräuchlichen Symbole. Da finden wir immer wieder das Motto der Waldenser: »l-au» et ^loriu OlliiLti Oeo Oratio: ^.uieu« in den Formen »6uu-i Oeo«, »Loli Oeo Oiati-t.« u. a. Sehr populär war auch der Adler als Vogel des Lichts und somit gebräuchlich als Symbol des heiligen Geistes; ferner der Fuchs (Häretiker), an eurem Baum (römische Kirche) em- porfpringend, das Eichhörnchen chas kleine Tier, das sich selbst hilft) als Sinnvlld des Häretikers, der die äußere Schale des toten Buch stabens und der künstlichen Systeme nach Art der Scholastiter eine Vorstellung, wie sie auch in dem bei den Papiermachern ge bräuchlichen Bilde der Lichtputze zutage trat. Neben dem Pfau (Wachsamkeit, Kämpfen wider den Schlaf, und dem Phönix (stets sich erneuendes Leben) begegnen wir vei den Druckern auch dem Gralsmvtiv (der heiligen Va>e), ferner der heiligen Taube, der Lilienblüte, dem heiligen Tau, dem flammenden Herz u. a., wobei zu bemerken ist, daß mit diesen Darstellungen vor allen Dingen die Werke antikatholischer Autoren ^Huß, Glordano Bruno, Galilei, Vanini) geschmückt waren. In einem weiteren Kapitel weist Bayley darauf hin, daß bis zu der Erfindung der Stereotypie im Jahre 1725, ja eigentlich bis gegen Ende des achtzehnten Jahrhunderts die Zierleisten und Vignetten von einem Drucker zum andern wunderten, daß 814*
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