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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 21.06.1909
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1909-06-21
- Erscheinungsdatum
- 21.06.1909
- Sprache
- Deutsch
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- Saxonica
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.V 140 21. Juni ISO». Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. 7417 Wagner war, kann inan ein eigenes Gesetz machen. Aber es wäre unwürdig, um dieses einen Werkes, dieses einen Mannes willen allen eine allgemeine Bestimmung auf zuerlegen. Freilich, für die Verlängerung der Schutzfrist von dreißig auf fünfzig Jahre werden ja allgemeine Gründe angeführt. Aber alle diese Gründe sind von recht zweifel haftem Wert, und jedenfalls müßten sie zurllcktreten vor dem einen Gedanken, daß nicht nur ein materielles Interesse des Urhebers an seinem Werke besteht, sondern auch ein ideelles Interesse seines Volkes, der Menschheit an dem Kunstwerk, — wenn es eben ein Kunstwerk ist. Nicht aus sich heraus als einem in Zeit und Raum isolierten Wesen hat der Künstler geschaffen, er hat nur an das Licht gefördert, was Geschlechter vor ihm vorbereitet, was Mitmenschen in ihm angeregt haben. Als Glied der Entwicklung hat der Künstler etwas geleistet, und der Gesamtheit gehört auch sein Werk. Es gibt überhaupt nur ei,len einzigen Grund für die Gewährung besonderer Schutz fristen für den Autor: die Erwägung, daß der Schutz ihm die Mittel schafft, vorwiegend oder ausschließlich seiner litera rischen, künstlerischen Arbeit zu leben. Für die Kunst wäre es besser, wenn sie nicht auch zugleich Erwerb zu sein brauchte: aber alle die wären dann von ihr ausgeschlossen, die ihrer ganzen Arbeitskraft zum Erwerben bedürfen. Frei soll die künstlerische Arbeit den Künstler machen, das be zweckt sein Urheberrecht; das Schutzrecht des Schriftstellers, des Komponisten für ihre Erben hat nur mehr insofern Be rechtigung, als es jene der Sorge entheben soll, auch noch ihren Nachkommen und Angehörigen Vermögenswerte zu er werben und zu überliefern, eine Sorge, der sie sich in unserer Gesellschaftsordnung, in der das Erbrecht den Menschen verlockt, über seinen Tod hinaus Güter zu monopolisieren, kaum werden entziehen können. Aber schon das ist fraglich, ob man nicht dem Rechte der andern auf Kunstgenuß schweren Eintrag tut, indem man um der Erben des Schöpfers willen noch über seinen Tod hinaus die Preise des Kunstgenusses und hiermit diesen selbst in Regionen festhält, die der großen Menge nicht er reichbar sind. Jedenfalls aber ist die Grenze, die hier ge zogen werden muß, mit den dreißig Jahren vollauf erreicht. Der Mensch lebt nicht nur in seinen Kindern fort, sondern auch in seinen andern Werken. Es ist ein Unrecht gegen den Künstler selbst, wenn man um der materiellen Interessen der Erben willen seine Werke in der Entwicklung des vollen Lebens, zu dem sie fähig wären, beschränkt. Ge rade im Geiste der Kunst und des Künstlers ist es nicht gehandelt, denn es geschieht von einem juristischen Stand punkte aus mit Vernachlässigung, mit Verletzung des künst lerischen Empfindens. Wenn man einen Menschen, der von Schaffensdrang erfüllt ist und nicht nur um des Geldes willen arbeitet — wenn man einen solchen Menschen fragt, was ihm lieber wäre, wenn gewisse Personen so und so viele Jahre nach seinem Tode Geld erhalten, oder wenn ein Werk, das er geschaffen, in das Herz, in die Seele vieler Tausender dringt, statt ein Monopol einiger wenigen zu bleiben: ich kann mir gar nicht vorstellen, daß da seine Entscheidung einen Augenblick schwankt. Altere Leute er innern sich wohl noch ganz gut an die Zeiten des Cottaschen Privilegiums für die Werke Schillers und Goethes. Nun, man kann getrost sagen: Goethe und Schiller find ihrem Volke das, was sie ihnen heute sind, erst geworden seit dem Erlöschen dieses Privilegiums. Erst seither find sie in das Haus des kleinen Beamten, in die Hand des Arbeiters und drs Studenten gekommen. Der 9. November 18K7 war da ein Markstein. Für mich wenigstens war er es. Um diese Zeit erhielt ich einen Schiller: bis dahin hatte ich nur eine Börsenblatt für den Dmtschm BmMnd-I. 7S. Jabraam Tante mit einer Art mythischer Scheu betrachtet, weil sie die einzige Person meines Bekanntenkreises war, von der ich wußte, daß sie Schillers sämtliche Werke besaß. Für Schillers Werke wurden von Cotta im ganzen über dreihunderttausend Gulden Honorar gezahlt. Schiller hat hiervon rund vierundzwanzig- tausend Gulden erhalten. Ich glaube, das Interesse, daß seine Dichtungen viel früher Gemeingut des deutschen Volkes geworden wären, wäre viel größer gewesen als der Vorteil davon, daß seine Erben noch mehr als das Zehnfache dessen erhielten, was er selbst bezogen hatte. Dreißig Jahre über Lebenszeit als Schutzfrist für Bücher ist zu viel. Als Schutzfrist für Aufführungen ist es zum mindesten genug. Was dallber hinausginge, wäre als allgemeine Satzung entschieden vom Übel. Wie oft stehen die Personen, an die nach dreißig Jahren die Bezüge zn zahlen find, in gar keinem inneren Verhältnis mehr zum Erblasser, sind ihm Fremde dem Blute und dem Leben nach. Und in wie vielen Fällen find bis dahin alle Rechte an einen Dritten, an einen Geschäftsmann übergegangen, der den Preis, den er seinerzeit bezahlt hat, ganz ohne Rücksicht darauf, ob die Schutzfrist dreißig oder fünfzig Jahre währe, bemessen hat. Dabei soll gar nicht besonderes Gewicht darauf gelegt werden, daß die Frage, was dreißig Jahre nach dem Tode eines Menschen sein werde, doch schon recht prekärer Natur ist. Ein Werk kann aus dem Repertoire der Bühnen ganz verschwinden, eben weil es die Tantieme nicht mehr erträgt. Und es kann mit dem Erlöschen der Tantiemepflicht wieder aufleben, weil es nun einen großen Vorzug hat in den Augen eines Direktors, der seinen Voranschlag einhalten muß. Einer der ersten Lehrsätze, die ich als neuer Direktor des Wiener Burgtheaters den diskreten Andeutungen des alten Theaterdieners Lorey entnahm, bestand darin, wenn in vorgerückter Zeit die Abänderung einer angesetzten Vor stellung notwendig wurde, ein tantiemefreics Stück einzu werfen, damit man nicht auch noch Tantieme von der schlechten Einnahme zahlen müsse, die als natürliche Folge der Abänderung zu gewärtigen war. Es hat eben jedes Ding zwei Seiten, und es könnte ge schehen, daß, wo man dem Künstler und seinen Nachkommen helfen wollte, man doch nur seinem Werke und seinem Fort leben in den Eindrücken der andern geschadet hätte. Lasset es mit dreißig genug sein des nach Tantiemeziffern regulierten Wettbewerbes. Gebet lieber den Toten den Vorteil über die Lebenden, daß ihre Werke recht bald zu billigen Preisen für das Volk gegeben werden können, und daß der Direktor gerne nach ihnen greift, weil er nichts für sie zu zahlen braucht. Oder würden Schiller und Goethe in dein Maße wie heute auf unseren Bühnen gepflegt, wenn sie tantiemepflichtig wären? Und so schlecht geht es ja auch den Lebenden nicht, daß sie sich gegen die Konkurrenz der Toten schützen müßten, indem sie ihnen eine Verlängerung von Privilegien auf zwingen, die, sobald sie die Augen geschlossen haben, für ihr Werk eigentlich doch nur das find, was der Jurist Privileg» oäiosa nennt. ^alirbucli äer Scktveirer Presse 1909. Uors.,»- stLät-iseken kressvereins, äes Vereins Oenier kresse, äes Vereins ^»Lätlänäisotrer kressv unä äes Vereins Lürederkresse vonä. Orünkerx. Verlag äes Kek^viser ^rxus äer kresse (^..-6.) in Oenf. 502 8. ZO. Oebunäen 5 k'r. Dieser erste Jahrgang hat einen sehr reichhaltigen Inhalt. In erster Linie werden die Interessenten den umfangreichen 962
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