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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 17.07.1909
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1909-07-17
- Erscheinungsdatum
- 17.07.1909
- Sprache
- Deutsch
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- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
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8428 Börsenblatt f. d. Dtschn. BuchhanLel. Nichtamtlicher Teil. ^ 163, 17. Juli 1909 und er nie ein guter Wirtschafter war. Später erhöhte der Onkel die Rente auf 400 Franken monatlich, und außerdem erhielt Heine eine Reihe von Jahren eine Pension aus dem geheimen Fonds der französischen Regierung. Heine gab übrigens sein Einkommen Bekannten gegenüber höher an, als es in Wirklichkeit war. Einmal gestand er Saphir, daß er »mit seinen Finanzen immer brouilliert« sei. Dabei be merkte er, er erhalte von seiner Familie und von Campe jährlich je 6000 Franken, er brauche aber wenigstens 20,000. Am 7. April 1835 schrieb Heine aus Paris an Julius Campe: »Lieber Campe! »Ich eile, Ihren Brief vom 1. April so schnell als möglich zu beantworten. Hauptsächlich drängt mich dazu der Wunsch, Ihnen zu versichern, daß ich bei Mißhelligkeiten in meinen Autor geschäften immer die Verlagshandlung Hofsmann L Campe sehr scharf von der Person meines alten Freundes Julius Campe unterscheide. Aber in betreff der besagten Verlagshandlung war ich vollauf berechtig, die Geduld zu verlieren. Ich hatte an Hofsmann L Campe geschrieben, daß man mir mit der Post eine gewisse Anzahl Exemplare meines zweiten .Salons' gleich hierher schicke. Zwei Monate war das Buch heraus, und ich erhielt keine Exemplare. Ja, ich habe bis auf diese Stunde sie nicht erhalten und mußte Absicht in dieser Nichtsendung erkennen, als mir hier in dem Laden von Heideloff L Campe der gedruckte .Salon' zu Gesicht kam. Beim flüchtigsten Durchblättern sah ich überall Lücken und Auslassungen, und ich hatte nichts iligeres zu tun, als in der .Allgemeinen Zeitung' dagegen zu protestieren, wie es meine Pflicht als Schriftsteller erforderte. Ich mußte glauben, daß man mir das Buch absichtlich nicht hergeschickt, damit ich diesen Frevel nur spät erführe und alsdann aus Trägheit iede Reklamation unterließe. Es waren keine Zensurstriche zu secnm, und die unterdrückten Stellen waren mir eben die wichtigsten, sie hatten durchaus keine politische Ge fährlichkeit, und der Verleger von Börneschen Briefen durfte wahrlich nicht davor erschrecken. Einen Tag später nach der Ab sendung meiner Erklärung erhielt ich Ihren Brief, worin Sie mir meldeten, daß die Zensur so viel gestrichen. Und warum meldeten Sie dieses zwei Monate nach dem Erscheinen des Buches? Dieses ist um so tadelnswerter, da ich in der Meinung stehen mußte, daß Bücher über 20 Bogen keiner Zensur unterworfen seien. Ich hatte für den Fall, daß mein Manuskript nicht bis zu 20 Bogen ausreiche, Sie ersucht, den .Neuen Frühling' mit Ausnahme des letzten Gedichts beizudrucken und eine Verlegernotiz über diesen schon gedruckten Cyklus mitzuteilen. Statt dessen sehe ich, daß kein Wort diesen erneuten Abdruck justifiziert, und dabei fehlen noch 6 Gedichte von diesem Cyklus .... ja, es fehlt die Def lation sogar .... Ich will dieses alles noch hingehen lassen .... Aber es stoßen mir bei dieser Erscheinung gar viele widerwärtige Gedanken auf. Ich lasse mich nicht wie ein Junge, der schweigen muß, behandeln. Ich war vielleicht ein kleiner Junge, als Sie mich zuerst sahen, aber das sind jetzt zehn Jahre, und ich bin seit dem ganz erschrecklich gewachsen. Und gar in den letzten vier Jahren; Sie haben keinen Begriff davon, wie ich groß geworden bin. Ich überrage einen ganzen Kopf hoch eine Menge Schrift- steiler, denen ihre Verleger, mit welchen sie nicht einmal in Freundschaft stehen, doppelt so viel Honorar zahlen, wie Sie mir zahlen. Es ist wahr: ganz kleine Jungen von Schriftstellern er halten jetzt soviel Honorar wie ich, aber das sollte Sie doch nicht verleiten, meine reelle Größe nicht in Anschlag zu bringen, wenn es die Behandlung gilt; denn wahrlich, eben wie eine honette Köchin habe ich immer weniger auf Gehalt als vielmehr auf gute Behandlung gesehen. »Und noch auf diese Stunde habe ich meine Exemplare vom zweiten .Salon' nicht erhalten und mußte für mein armes Geld bei Heideloff ein Exemplar kaufen! »Genug, ich war zur Annonce in der .Allgemeinen Zeitung' hinreichend befugt. Die Verlagshandlung Hofsmann L Campe kann erwidern, was sie will. Ich lasse nichts darüber mehr in der .Allgemeinen Zeitung' drucken. Alles, was ich tun kann, ist, daß ich die Erwiderung dieser Verlagshandlung in meinem nächsten Buche berücksichtige und sie offen und ehrlich jeder Rüge entlaste, die sie nicht verdient. Daß Ihnen diese Geschichte verdrießlich, daß Sie über mich ungehalten sind, verdenke ich Ihnen nicht, es macht Ihnen vielmehr Ehre, und es zeigt, daß Sie auf Charakter halten. Das habe ich immer an Ihnen zu schätzen gewußt. Ehrlich gesagt, die freundlichen Stellen Ihres vorletzten Briefes, Ihr Wunsch, daß wir in freundschaftlicher Verbindung bleiben, Ihre heitere Hoffnung der Gevatterschaft hat mir, der ich tags zuvor meine Erklärung in die .Allgemeine' geschickt, sehr wehmütig die Seele bewegt. Sie dürfen mir es auf meine Ehre glauben: die glänzendsten Anerbietungen Ihrer Kollegen habe ich bis heute unbeantwortet gelassen. Wäre die verdammte Ge schichte des Wartens auf Exemplare und der Arger über die Ver stümmelung meines Buches nicht dazwischen gekommen, so hätte ich Ihnen bereits meine neuen Anträge gemacht, und Ihnen offen, wie immer, meine Hoffnungen und Wünsche mitgeteilt, und Ihnen bestimmt gesagt, was ich im Laufe dieses Sommers und Herbstes bringen kann und was ich bringen möchte. Ich würde heute schon Bestimmtes darüber schreiben, aber mir summen eine Menge Widerwärtigkeiten um die Ohren. Jedenfalls binnen 8 Tagen erhalten Sie die versprochenen Erläuterungen. — Ich denke, wenn Sie bald ein neues Buch von mir dem Publikum bringen, so ist dieses eine hinlängliche Reparation in den Augen desselben. — Leben Sie wohl und tun Sie, was Sie wollen. Mein Arger ist verraucht, und eigentlich mißbilligen kann ich nicht, was ich getan. Verlassen Sie sich immer auf meine Loyalität, und somit Punktum. Unverändert Ihr H. Heine.« Man sieht, daß Heine doch einigermaßen bereut, sich vor schnell in die Öffentlichkeit geflüchtet zu haben, statt vorerst eine Aufklärung von seinem Verleger zu verlangen. In dem folgen den Briefe (Paris, 2. Juli 1835) spricht er wieder ganz freund schaftlich zu ihm und weist auf seine Pläne hin. Er will nach Boulogne-sur-mer reisen, um dort »ein kostbares, welterfreuliches Buch« zu schreiben. »Ich habe mir«, fährt er dann fort, »vor journalistischen Andringlichkeiten Ruhe geschafft, und trotz der enormen Ausgaben, die ich in diesem Jahre schon bestanden, hoffe ich, daß diese Ruhe nicht durch Finanznöte gestört wird. Zu diesem Behufs will ich heute mit Ihnen überlegen und Ihnen, wie Sie es dringend immer verlangen, bestimmt melden, was Sie für die nächste Zeit von mir zu erwarten haben, was ich von Ihnen wünsche, worauf ich rechne, worauf Sie zählen können, ehrlich und unverhohlen, wie Sie es bei mir gewöhnt sind. Ich habe Ihnen die Ursache meines langen Stillschweigens gemeldet, damit Sie solches keinen falschen Gründen beimessen. Weder hiesige Buchhändler, wie Sie irrig wähnen, noch fremde, die mich in der letzten Zeit, wo mein Name europäisch ge worden, mit Anträgen quälen, haben mich in dem Vorsatz, manche Ihrer beschwerlichsten Kitzeleien zu ertragen, wankend gemacht. Ich mache mir über den Charakter Ihrer Herren Kollegen keine Illusion; bei einer Verlagsänderung kann ich höchstens ein oder zwei Louisd'or mehr gewinnen, der übliche Arger wird mir bei keinem erspart werden, ja ich würde auf ganz neue Un erträglichkeiten stoßen. Bei Ihnen, glaub'ich, habe ich das Drückendste überstanden: die Pfeffernüsse, die angeklebten Verlagsanzeigen mit Kot-Renommeen*), die Schadenfreude bei schlechten Re zensionen, die ewigen Klagen, die großen Auflagen, die kleinen Foppereien, kurz die Julius-Campejaden. Können Sie Ihre Natur etwas für die Zukunft bezwingen, so tun Sie es doch, bitte! Von den großen Honorarerhöhungen, die Sie befürchteten, sollen Ihnen auch die Haare nicht grau werden. Ich habe nie daran gedacht, mir ein Vermögen zu erschreiben; wenn ich eben habe, was ich brauche, bin ich zufrieden. Knausereien von Ihrer Seite führten immer dahin, daß ich mich lukrativeren Beschäf tigungen hingeben mußte. Sie handelten in dieser Beziehung immer unpolitisch. Seien Sie überzeugt, ich werde nie Un billiges von Ihnen verlangen, und wenn Sie manchmal nicht imstande sind, meine Ansprüche zu präzisieren, so be denken Sie, daß, wenn Sie sich bei einem Buche wenig, Sie sich bei einem andern Buche von mir desto mehr Nutzen versprechen können. Genug, ich glaube mit Gewißheit, bei meinem nächsten Buche eine Vo^us der außerordentlichsten Art prophezeien zu können. Wenn Sie keine Plapperlotte wären, würde ich Ihnen den Titel nennen. Und nun Lebewohl! Ich habe Ihnen meine *) Hierunter versteht Heine jedenfalls die in seinen Werken abgedruckten Anzeigen über andere Werke des Campeschen Verlags.
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