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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 19.07.1909
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1909-07-19
- Erscheinungsdatum
- 19.07.1909
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- Deutsch
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- Saxonica
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164. 19. Juli 1909. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. 8469 lichcr Verlilfte trug. In den meisten deutschen Staaten war sein ganzer Verlag von der Julirevolution bis zum Jahre 1848 ver boten, und es bedurfte der raffiniertesten Manipulationen, um wo das Vcrkaufsobjekt in eingeschmuggelter, der Konfiskation ausgesetzter Ware bestand? Zudem mußten starke Auflagen ge druckt werden und die Exemplare von vornherein in bedeutender Anzahl überallhin verschickt werden, denn hatte ein Buch erst das Aufsehen des Publikums und der Polizeibehörden erregt, so hielt es oftmals schwer, Nachbestellungen auszuführen. Die Ballen, die zwischen der oberen und unteren Schicht harmloser Grammatiken oder unschuldiger Novellen das verpönte Werk eines jungdeutschen Schriftstellers bargen, wurden dann an der Grenze doppelt scharf revidiert und gelangten häufig niemals an ihren Bestimmungsort. Ganze Auflagen solcher Bücher wurden zuweilen unter scheinlosem Titel bis ins Herz von Österreich hinunter geschafft; die Sortiments buchhändler nahmen sie in Empfang, rissen lächelnd das falsche Aushängeschild ab und klebten das richtige Titelbild ein, das ihnen lange vorher auf anderem Wege zugekommen war. Es darf ferner nicht außer acht gelassen werden, daß durch aus nicht alle Verlagsartikel Campes einen klingenden Gewinn einbrachten. Selbst die Werke der besseren Schriftsteller wurden oftmals in der ersten Zeit ihres Erscheinens nur schwach begehrt. So fanden Börnes gesammelte Schriften, die Campe schon 1829 herausgab, erst durch die »Briefe aus Paris« eine gesteigerte Nachfrage und einen lohnenden Absatz. Zudem wurden schon die ersten zwei Bände der »Briefe aus Paris« in allen deutschen Bundesstaaten mit solcher Erbitterung von der Polizei verfolgt, daß Campe die späteren Teile unter dem irreführenden Titel »Zur Länder- und Völkerkunde« und unter einer fingierten Pariser Firma veröffentlichen mußte, wobei es gänzlich dem guten Willen und der Ehrenhaftigkeit seiner Geschäftskollegen anheimgestellt blieb, ob sie für das Empfangene Zahlung leisten oder die unmögliche Klage der auf dem Titel genannten, in Wirklichkeit nicht existierenden Firma L. Brunet abwarten wollten. So mag es immerhin wahr sein, daß, wie Heine einmal klagte, der große Absatz seiner Werke zuweilen die Aufgabe hatte, den Verlust anderer Unternehmungen zu decken, um so mehr als der alte Campe, ungleich manchen seiner Kollegen, an dem Grund satz festhielt, niemals ein Buch seines Verlages im Preise herunterzusetzen, mochte der Absatz noch so gering gewesen sein. Er wollte auf keinen Fall den Ruf oder den Kredit des Verfassers schädigen. »Ich halte es für ungentil, den Schrift steller dafür zu strafen, daß ich den Wert seines Buches zu hoch laxiert habe«, pflegte er zu sagen, wenn die Rede auf solche Preisherabsetzungen kam. Mit stoischer Gelassenheit trug er seine Verluste und verbrauchte die unverkäuflichen Ladenhüter schließ lich als Packpapier oder ließ sie in der Walkmühle einstampfen. Heine und Börne, Jmmermann und Raupach, Gutzkow, Wien- barg, Lewald und Maltitz waren die hervorragendsten Schrift steller, denen Campe in den Jahren kurz vor und nach der Juli revolution wirksamen Eingang beim Publikum verschaffte. Auch die erste Auflage der »Spaziergänge eines Wiener Poeten-, Dingelstedts »Lieder eines kosmopolitischen Nachtwächters«, Hoff- manns »Unpolitische Lieder«, Hebbels und Gvttschalls Erstlings dramen und lyrische Gedichte, Max Waldaus Zeitromane, die Poesien von Wilhelm Hertz, Vehses Geschichte der deutschen Höfe und ein ganzer Landsturm von Broschüren demokratischer Schrift steller erschienen später in demselben Verlage. Viele dieser Autoren wären vielleicht nie zu Wort gekommen, wenn Campe es nicht gewagt hätte, ihre Schriften zu veröffentlichen. Jahrelang ließ er seine Verlagsartikel in Wandsbeck, auf holsteinischem Gebiete drucken, um der unbequemen Aufsicht der Hamburger Preßpolizei zu entgehen. Trotzdem hatte er aber auch in der engeren Heimat noch Schwierigkeiten genug zu bestehen, zumal wenn bei der Negierung der alten Hansestadt Klagen befreundeter Regierungen oder des deutschen Bundestages einliefen. Als Heine seinen Oheim verloren, der ihm bis dahin eine Pension von 4800 Franken jährlich bezahlt hatte, aber ihm in seinem Testament nur 8000 Mark vermachte, war Campe es, der ihm dabei behilflich war, die Weiterzahlung der Pension durchzu- Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 76. Jahrgang. setzen. In den weiteren Briefen mehren sich Heines Klagen über seine Krankheit und seine finanziellen Verlegenheiten. Für seinen »Doktor Faust, ein Tanzpoem«, das er für Benjamin Lumley, den Direktor von Her Uaj68t>8 'Ibsatre in London, geschrieben hatte, verlangte er von Campe ein Honorar von 1000 Mark Banko. Die Aufführung in London, von der er sich hohe Einnahmen versprach, unterblieb übrigens. Im April 1848 wollte Campe endlich die Gesamtausgabe von Heines Werken in Angriff nehmen; aber da war der Dichter in trüber Stimmung infolge seiner Leiden, und er erklärte, er könne nichts hinzuschreiben. »Warum warteten Sie?« Campe hüllte sich nun in Schweigen, und am 28. September 1850 schrieb Heine ihm einen entrüsteten Brief und drohte ihm, er werde sich an einen anderen Verleger wenden und diesem ein Buch überlassen, das vielleicht noch wertvoller sei als das »Buch der Lieder« und die »Neuen Gedichte«. Er meinte damit den »Romanzero«. Campe ließ sich nicht dadurch einschüchtern. Er hatte bis dahin Heine die zugesagte Pension pünktlich bezahlt, aber für die weiteren Bedürfnisse Heines wollte er nicht aufkommen. Eine große Freude erlebte Heine noch mit dem Erfolg seines »Romanzero«, der 1851 erschien. Campe hatte ihm zu diesem Titel geraten, und er hatte ihn freudig angenommen, nachdem er selbst lange vergeblich nach einem charakteristischen Titel gesucht hatte. An Alfred Meißner schrieb er am 1. März 1852: »Unbegreif lich ist es mir, daß ich in meiner jetzigen tiefsten Misere noch den ,Romanzero' schreiben konnte. Sie haben recht, wenn Sie sagten, daß seit Buchhändlergedenken kein Buch bei seinem Erscheinen, und gar eine Gedichtsammlung, ein solches Glück gemacht hat. Zwei Monate nach seinem Erscheinen war schon eine 4. Auflage (gar eine Stereotypausgabe) vergriffen, und Campe gesteht mir, daß er nie unter 5 bis 6000 Exemplare bei jeder Auflage abdruckt.« Heine bewahrte dem alten Baron Cotta das pietätvollste An denken, und noch im Jahre 1852 schrieb er aus seiner Matratzen gruft in der Amsterdamer Straße dem Sohne des »alten viel geliebten Cotta«: »Durch meinen körperlichen Zustand abgesperrt von den Genüssen der Außenwelt, suche ich jetzt Ersatz in der träumerischen Süße der Erinnerungen, und mein Leben ist nur ein Zurückgrübeln in die Vergangenheit. Ta tritt oft vor meine Seele das Bild Ihres seligen Vaters, des wackern würdigen Mannes, der mit der vielseitigsten deutschen Ausbildung einen in Deutschland seltenen praktischen Sinn verband, der so brav und so ehrenfest war, auch so höflich, ja hofmünnisch höflich, so vorur teilsfrei, so weitsichtig und bei seinen großen Verdiensten um die geistigen wie materiellen Interessen des Vaterlandes dennoch von einer so rührenden Bescheidenheit war, wie man sie nur bei alten Soldaten zu finden Pflegt. Das war ein Mann, der hatte die Hand über die ganze Welt! So ungefähr, glaube ich, äußert sich der Schneider Jetter über Karl V. in Goethes Egmont.« Differenzen mit Campe trübten seit dem Jahre 1852 wieder holt sein Verhältnis zu dem alten Freunde. Zuerst erhob sich ein unerquicklicher Streit über das Honorar für die »Vermischten Schriften«. Heine hatte 6000 Mark Banko für zwei Bände ver langt. Campe, der geringe Erwartungen von dem Absatz hegte, wollte ein Drittel der geforderten Summe erst bei einer zweiten Auflage zahlen. Heine wies alle Vorstellungen seines Verlegers in barscher Form zurück, erbot sich aber endlich, drei Bände statt zweier für das genannte Honorar zu liefern. »Meine Ambition, das dumme Tier«, schrieb er, »wird solcherweise zufriedengestellt, indem ich mir einbilde, ich könnte immer von Ihnen bekommen was ich verlange, und es geht mir hier wie meinem Universitäts freund Adolf, welcher vier Taler nötig hatte und dem Herrn Abraham dafür zwei Westen verkaufen wollte; Herr Abraham ward aber mit ihm einig, daß er ihm für diese Summe zwei Röcke, worunter ein ganz neuer, überließ; gegen mich aber prahlte der Bengel, daß er sich in Geldsachen, wenn er einmal etwas verlangt habe, keinen Groschen abziehen lasse und richtig bekomme, was er begehrt habe.« Mit der Annahme des Heineschen Vorschlags war die Honorar frage erledigt; aber ein Zwischenfall der vorausgegangenen Unterhandlungen ließ einen Stachel zurück, der stets zu neuen Häkeleien Anlaß gab. Gustav Heine, ein Bruder des Dichters, hatte nämlich im Sommer 1852 anscheinend aus eigener Macht- 1100
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