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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 27.07.1909
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1909-07-27
- Erscheinungsdatum
- 27.07.1909
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- Deutsch
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8714 Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhalter Nichtamtlicher Teil. 171. 27. Juli 1S0S zahlreiche hochinteressante Studentenstammbücher nebst Er- innerungsgcgenständen aus dem Besitz des Korps Lusatia. Hier ziehen sie an dem Beschauer vorüber: die mittelalter lichen Vaganten und Scholasten, der zum Kavalier ge wordene Student aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges, die Renommisten und geistvollen Köpfe späterer Zeiten, und bieten dem Kultur- und Literarhistoriker eine unerschöpfliche Fundgrube. Die ältesten ausliegenden Stammbücher gehören dem Ende des sechzehnten und dem Anfang des siebzehnten Jahrhunderts an. Ihr Zierat beginnt mit Wappenmalcreien, mit Silber und Gold gehöht. Für die Eintragungen dient meist ein Spruchband, das sich im Verlaufe des Jahrhun derts. dem Renaissancegcist entsprechend, zu kartuschenartigen Umrahmungen wandelt. Die vornehmlich in Deckfarben- malerei ausgesührten Illustrationen sind den verschiedensten Stoffgebieten entnommen. Neben Szenen biblischer Motive finden sich symbolische Darstellungen der christlichen Tugenden, ethisch-religiöse Sentenzen und Darstellungen aus der Zeit geschichte. Die Figuren sind entweder im antiken oder im Zeitkostüm dargestellt. Genre- und Liebesszenen wechseln mit Schilderungen aus dem Studentenleben. Bilder, die das Ballspiel, den Reitunterricht, nächtliche Ständchen und Tumulte veranschaulichen, auch solche erotisch-obszönen Inhalts fehlen nicht. Neben Abbildungen einzelner Universttätsgebäude sind auch Gefamtansichten der Universitätsstädte in Feder oder Tuschzeichnung, meistens farbig behandelt, vertreten. Das kostbarste Stück des siebzehnten Jahrhunderts ist das Leipziger Stammbuch des Magisters Johannes Franzelius. das in seinen zahlreichen, teilweise ganz vortrefflichen kleinen Ölporträts einen einzigartigen Schmuck besitzt. Unter den übrigen Illustrationen zeigt eine Anzahl eine auffallende Verwandtschaft mit Blättern aus dem ebenfalls reich ans gestatteten Breslauer Stammbuch des Zacharias Allert. wonach eine künstlerische Abhängigkeit irgendwelcher Art zwischen beiden angenommen werden muß. Die Mehrzahl der Malereien aus den genannten sowie den Stammbüchern des Daniel Althoff, des Andreas Beyer und anderer sind sicher Werke von Stammbuchmalern von Beruf. Während einige vollen Anspruch auf künstlerische Bedeutung erheben, bieten andere wieder nur dilettantische Leistungen. Das gilt für das siebzehnte Jahrhundert ebenso wie für später. Im Anfang des achtzehnten Jahrhunderts sind die Wappen bilder ganz verschwunden, und auch die anderen Illustrationen treten hinter Darstellungen aus dem Studentenleben zurück. Unter den Bildern des Studentenlebens steht die interessante Serie von 33 Blatt aus dem Stammbuch des P. Petcrsen an erster Stelle. Sie rühren von der Hand eines Jenenser Berufsmalers her, der um die Mitte des Jahrhunderts eine große Anzahl solcher Bilder auch in anderen Stammbüchern ausgeführt hat. Universitätsstädte wie Gießen. Helmstädt und Tübingen hatten in jener Zeit nicht weniger geschickte Maler, auch in Erlangen. Halle. Rostock und Marburg sind ähnliche Studentenbilder entstanden. Ein neuer, rasch in Aufnahme gekommener Schmuck tritt dann mit der Silhouette auf, die entweder geschnitten, gezeichnet oder in Kupfer gestochen ausgeführt wird. Es beginnt nun die antikisierende Richtung, die die amüsanten Schilderungen der galanten Zeit mit einem Mal verdrängt. Die Freundschaftsdenkmale mit Inschriften und Mono grammen, häufig von zarter Hand in minutiöser Seiden stickerei ausgeführt, werden der Ausdruck der damals herrschenden Freundschaftsschwärmerei. Mit dieser Periode der Empfindsamkeit beginnt das Ende der Stammbuch illustration. soweit sie eine selbständige und stilistisch bedeut same Physiognomie hat. Was die moderne Zeit als Stamm buchschmuck aufzuweisen hat. besteht aus gestanzten Bunt druckbildern, die nur für den seichtesten Geschmack berechnet sind. Hoffentlich bietet diese eigenartige Ausstellung den Anlaß, diesem ansprechenden und eigenartigen Zweig künstle rischer Betätigung zu neuer Blüte zu verhelfen. Die Räume VI und VII hat die Leipziger Universität mit ihren wertvollen Darbietungen geschmückt. Hierher ge hören Sll Porträts (Ölgemälde) aus dem Besitz der Univer sitätsbibliothek. die Leipziger Professoren, namhafte aus wärtige Gelehrte, verschiedene Dichter. Künstler und Musiker darstellen. Unter ihnen befinden sich mehrere der vollendetsten Bildnisschöpfungen Anton Graffs, von dem auch einige her vorragende Werke noch in den Räumen VIII und IX zu sehen sind. Die juristische Fakultät hat sechs Porträts von ihren Ordinarien aus dem siebzehnten und achtzehnten Jahr hundert beigefteuert. Weiter reihen sich an: eine Anzahl von Ansichten der ehemaligen Universttätsgebäude. die teils als Aquarelle, teils als Ölbilder ausgesührt sind und zum Teil von Heßler (1830) und von jetzt lebenden Künstlern, wie Büchner, Kleinhempel, Weißhahn und Eugen Urban, her rühren. sowie Bauteile und Erdfunde aus dem Paulinum und ein aus dem fünfzehnten Jahrhundert stammender, in gotischen Minuskeln auf Papier geschriebener Kalender. Er wähnenswert ist auch, daß sich unter den hier befindlichen Bildnissen das des Gründers der Leipziger Universität, des Markgrafen Friedrich des Streitbaren von Meißen, befindet. Raum VIII bietet Erinnerungen an Goethes Ausenthalt in Leipzig, die sich zusammensetzen aus Silhouetten der Schönkopsschen Tafelrunde aus dem Anfang der sechziger Jahre des achtzehnten Jahrhunderts, ferner Ölgemälde von Grass und Oeser, sowie Ansichten aus dem gleichzeitigen Leipzig. Aquarelle nach den Öriginalen der Wincklerschen Sammlung, die großen Silhouetten der äußerst interessanten Ayrerschen Sammlung aus dem Besitz des Herrn vr. E. Kroker, ein Originalbrief Goethes an Morus, frühe Leipziger Drucke, unter denen sich ein Faustsragment befindet, und viele andere interessante Dokumente aus jener Periode. Raum IX, der die Zeichnungen von Goethe und seinen Künstlerfreunden enthält, möchte ich fast als »Clou« der Ausstellung bezeichnen; denn diese »Goethe-Ausstellung« gibt zum erstenmal einen vollen Überblick über die Tätigkeit dieses universellen Geistes. Wohl sind vor 60 Jahren, anläßlich der Feier seines hundertsten Geburtstages manche seiner Zeichnungen in Leipzig ausgestellt gewesen, doch in solcher Vollzähligkeit wie diesmal sind diese Blätter noch nirgend zu sehen gewesen; Goethe wird damit gewiß vielen von einer ganz neuen Seite bekannt. Mancher wird wissen, daß Goethe, durch Oeser in Leipzig gelegentlich seiner hier verlebten Studentenzeit angeregt, sich mit Zeichnen be schäftigte. oder wohl auch vernommen haben, daß es eine Zeit gab, in der er willens war. sich ganz der Malerei zu widmen. Wie jedoch diese zahlreichen Blätter erkennen lassen, bedeuteten ihm seine graphischen Arbeiten weit mehr als eine bloß dilettantische Laune. Sie sind denn auch in Wirklichkeit weit mehr als dilettantische Äußerungen. Gewiß hastet diesen Darstellungen. Naturstudien und Kompositionen im Hinblick auf die formale Durchbildung zweisellos noch ein dilettantischer Zug an, aber wie ihr Urheber die Natur gesehen, wie er Bilder seiner lebendigen Vorstellungskraft konzipiert hat. das ist bewundernswert und unübertrefflich. Welche Liebe zur Natur spricht aus seinen kleinen intimen Bleistiftzeichnungen von Landschastsmotiven, Händen. Köpfen und ganzen Figuren, welche Größe der Auffassung macht sich in seinen Studien, die er von der italienischen Reise mit heimbringt, geltend, und welche dramatische Anschaulichkeit weiß er seinen Gestalten zu geben! Ich möchte hier nur auf seine Entwürfe zum Faust Hinweisen, unter denen sich auch zwei verschiedene Fassungen der Szene mit dem Erdgeist befinden. Mir sind manche Illustrationen zum
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