Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 13.08.1909
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1909-08-13
- Erscheinungsdatum
- 13.08.1909
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19090813
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-190908137
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19090813
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1909
- Monat1909-08
- Tag1909-08-13
- Monat1909-08
- Jahr1909
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
^ 186 13. August 1909. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. 9267 Leid oder Lied? Von Georg Witkowski. Durch Zusall kam mir die Nummer 177 des »Börsen blatts» vom 3. August d. I. zu Gesicht, wo auf Seite 8931 Herr Eugen Diederichs die Käufer seiner schönen neuen Faust- Ausgabe wegen des von manchen vermuteten Druckfehlers in der -Zueignung«: -Mein Leid ertönt der unbekannten Menge« zu beruhigen sucht. Da es sich um eine allbekannte Stelle unserer größten Dichtung handelt und ich schon öfter, auch aus Buchhändler kreisen, darüber befragt worden bin, darf ich wohl den ein fachen Sachverhalt hier kurz auseinandersetzen, ohne philo logischer Kleinkiämerei beschuldigt zu werden. Sämtliche bei Goethes Lebzeiten entstandenen Drucke des -Faust- Haben die Lesart der Diedcrichsschen Ausgabe. Erst in der Quartausgabe von 1836—1837, also nach dem Tode des Dichters, hat Riemer dafür »Lied« eingesetzt. Er hatte schon 1809 in Goethes Tagebuch notiert: »Leid, lies Lied«, und die Meinung, es liege hier ein Druckfehler vor, war ihm im Laufe der Jahre offenbar zur fixen Idee geworden. Als er frei mit Goethes Werken schalten durfte, stellte er die nach seiner Ansicht richtige Fassung her, und diese, wie man steht, nicht von Goethe herrührende Änderung hat sich dann in den späteren Cottaschen Drucken fortgeerbt. Sobald aber ein sorgsame, nach wissenschaftlichen Grundsätzen vorgenommene Prüfung des Textes begann, haben die Herausgeber der ursprünglichen Form wieder zu ihrem Rechte verholfen, so daß also nicht erst, wie Herr Diederichs sagt, die Jubiläums-Ausgabe den »Druckfehler« endgültig beseitigt hat. Heute herrscht tatsächlich unter den Goethe- sorschern nicht der geringste Zweifel, daß -Leid- das einzig Berechtigte ist. Dem zu dem durch die Textgeschichte ge gebenen, an sich schon durchschlagenden Grund dieser Ent scheidung tritt ein weiteres wesentliches Moment hinzu. Wer die »Zueignung- laut liest, wird sogleich daran An stoß nehmen, daß schon in dem zweiten der folgenden Verse »Und was sich sonst an meinem Lied erfreute» das Wort, das Riemer eingesetzt hat, wiederkehrt, — eine unschöne Wiederholung, die Goethe in der von Wohlklang gesättigten Dichtung sicher nicht beabsichtigt hat. Somit handelt es sich hier nicht etwa um eine Streit frage oder um zwei gegebene Möglichkeiten, zwischen denen der Faust-Herausgeber zu wählen hätte, sondern um die un bedingt gebotene Beseitigung einer unrechtmäßigen und schädlichen Schlimmbesserung. Die Rückwirkung des neuen Wettbewerbsgesehes auf den Buchhandel.*) Am 1. Oktober d. I. tritt das neue Wettbewerbsgesetz in Kraft, von dessen Anwendung die weitesten Kreise zuver sichtlich hoffen, daß es mit seiner Hilfe gelingen werde, die Unlauterkeit im Verkehr und im Geschäftsleben im weitesten Maße zu beschränken, bzw. zu unterdrücken. Welche Be deutung die neuen Vorschriften für den Buchhandel haben können, ist bereits während der Beratung der Novelle im Reichstag dargetan worden?') Heute soll die Frage der Rückwirkung erörtert werden, und zwar der Rückwirkung auf diejenigen Eingriffe in die Rechte des Buchhandels, die bislang möglich waren, ohne daß seitens der geltenden Rechts- *) Vgl. den Wortlaut des Gesetzes in Nr. 138 d. Bl. »') Vgl. Nr. 101 d. Bl. ordnung ausreichende Rechtsbehelfe und Schutzmittel dagegen zur Verfügung gestellt wurden. In Z 30 des Gesetzes wird bestimmt: »Dieses Gesetz tritt am 1. Oktober 1909 in Kraft. Mit diesem Zeitpunkt tritt das Gesetz zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs vom 27. Mai 1896 außer Kraft.» Über die Anwendung des Gesetzes gegenüber den vor dem 1. Oktober begangenen unlauteren Wettbewerbs handlungen sagt die Novelle nichts. Sie konnte auch von der Aufnahme einer ausdrücklichen, die Rückwirkung verneinenden Vorschrift Abstand nehmen, weil die Nicht rückwirkung ein anerkannter Grundsatz der Rechtsordnung ist. Soll ein neues Gesetz Rückwirkung äußern, so muß dies ausdrücklich gesagt werden; ohne diese Bestimmung ist der Richter nicht befugt, die vor dem Inkrafttreten des neuen Rechts liegenden Vorkommnisse nach diesem zu be urteilen. Von diesem anerkannten Rechtssatz kann auch insoweit keine Ausnahme gemacht werden, als die gesetzliche Mißbilligung von Handlungen und Vorkommnissen in Be tracht kommt, die bislang dieser zwar entbehrten, gleichwohl aber als unanständig bzw. unfair galten. Das Gegenteil ergibt sich auch nicht aus der Anwendung des § 138 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gegenüber den vor dem Inkraft treten des Gesetzbuchs liegenden Handlungen. Der soeben genannte Paragraph spricht die Nichtigkeit aller sittenwidrigen Handlungen aus. Die Bestimmung ist eine absolute Vorschrift im Interesse der allgemeinen Ord nung, die von dem Richter unbedingt und schlechthin zur Anwendung zu bringen ist; sie hat also einen Charakter, der den Vorschriften des Wettbewerbsgesetzes nicht eigen ist. Demgemäß kann also gegen die vor dem 1. Oktober 1909 begangene Nachahmung eines Einbands eines Buchs, der Form einer Zeitschrift, der eigentümlichen Ausstattung einer Buchhandlung, ihrer Geschäflswagen, der Kleidung ihrer Leute usw. nach dem Inkrafttreten des Gesetzes nicht vor gegangen werden. Daraus folgt aber selbstverständlich nicht, daß auch nicht gegen die Nachahmungen von Äußerlichkeiten vorgegangen werden könne, die zwar auch schon vor dem I. Oktober be gangen wurden, aber auch noch nach diesem Tage fortgesetzt werden. Wenn also das Buch, das mit einem Einband ver sehen ist, der den Einband eines andern Buchs in einer zu Ver wechslungen geeigneten Weise nachgeahmt ist, auch nach dem 1. Oktober verkauft wird, so kann allerdings hiergegen vor gegangen werden, und zwar würde der Unterlassungsklage das gesamte rechtswidrige Tun unterstellt werden müssen, also auch die vor dem 1. Oktober liegenden Akte. Die sämtlichen Akte bilden eine Einheitshandlung, und es wider spricht daher keineswegs dem Grundsätze der Nichtrückwirkung, wenn die vor dem 1. Oktober liegenden Einzelbelätigungen mit berücksichtigt werden. Wird die Rechtsprechung sich dieser Anschauung an schließen, oder wird sie sich der Auffassung zuwenden, die in Bezug auf die Anwendung des Z 8 des bisher geltenden Gesetzes gegenüber den schon vor dem Inkrafttreten dieses erfolgten, nachher aber fortgesetzten Anwendungen die oberst- richterliche Billigung gefunden hat? Es wäre ganz außer ordentlich bedauerlich, wenn die Frage im Sinne der letzteren Alternative beantwortet werden müßte; die Novelle würde dann sür den Buchhandel an Wert verlieren, und zwar wäre die Einbuße nicht zu unterschätzen. Es muß daher von vornherein darauf aufmerksam gemacht werden, daß die Rechtsprechung insoweit durchaus freie Hand hat und daß sie durch die frühere Auslegung seitens des Reichsgerichts nicht gebunden ist. Das Reichsgericht hat sich bekanntlich mit der Frage in 1264"
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder