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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 18.09.1909
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1909-09-18
- Erscheinungsdatum
- 18.09.1909
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- Deutsch
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- Saxonica
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^ 217, 18. September 1909. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. 10721 lich im achtzehnten Jahrhundert, stets größere Verbreitung als die herrlichsten Dichterwerke derselben Zeit.') Die Räuberromantik wird jetzt nur noch von der Schundliteratur niedrigster Sorte gepflegt. Der kindlichen Lesewut widmet vr. Schnitze eine sehr bemerkenswerte Betrachtung. Zugleich weist er daraus hin, daß die Lesewut eine notwendige Folge des Schulunterrichts ist. Es läßt sich übrigens geschichtlich Nachweisen, daß die Schundliteratur zunächst dort emporwucherte, wo der Volks schulunterricht zuerst eingeführt wurde, denn die bekanntesten Verleger der Ritter- und Räuberromane saßen um 1800 in Weißenfels, Arnstadt, Rudolstadt, Erfurt, Leipzig, Hamburg, auch in Quedlinburg und in Nordhausen, hauptsächlich also in Thüringen und Sachsen, den Ländern, die den Schul zwang am frühesten eingeführt hatten. Auf das Kapitel über die Kriminalliteratur, deren Geschichte in großen Zügen gezeichnet sind, braucht hier nicht näher eingegangen zu werden, da dieses Kapitel zuerst im Börsenblatt (1909, Nr. 174) erschienen ist.") Die internationale Bedeutung der Schundliteratur-Frage ergibt sich aus der Tatsache, daß, sobald irgend eine sensationelle Sammlung in einem Lande Erfolg gehabt hat, sie sich in Übersetzungen auch über alle anderen Kulturländer ergießt. In neuester Zeit ist es namentlich Nord-Amerika, von wo die Schundliteratur zu uns herüberkommt. So sind dort bereits 500 Nick-Carter-Hefte erschienen. Besonders eingehend behandelt vr. Schnitze die Be kämpfung der Schundliteratur, und zwar bespricht er in diesem Abschnitt alle Vorschläge, die bisher zu diesem Zwecke gemacht, und alle Bestrebungen, die auf diesem Gebiete schon hervorgetrcten sind. Von einem besonderen Gesetz gegen die Schundliteratur rät er ab, weil er sich keinen praktischen Erfolg davon verspricht. Schon jetzt kann auf Grund der bestehenden Gesetze gegen die schlimmsten Auswüchse der Schundliteratur, namentlich gegen die pornographischen Bücher, vorgegangen werden. Auf dem Verwaltungswege hat man in Bayern, Württemberg, Preußen, Hamburg und in ver schiedenen Städten einzuschreiten gesucht. Auch durch Auf klärung der Menge, namentlich durch Verbreitung von Warnungs-Flugblättern in den Schulen, ist schon mancher Erfolg erzielt worden. Die Vereinigten deutschen Jugend- schristen-Prüfungs-Ausschüsse haben auf Veranlassung der Rektoren Heinrich Wolgast und Hermann L. Köster vor geschlagen, man solle den Kindern begreiflich zu machen suchen, welch unsinniges Zeug in den Heften der Schundliteratur erzählt wird. »Vielleicht kann bei größeren Jungen helfen, wenn man ihnen einmal solche Geschichten in ihrer ganzen Erbärmlichkeit und Lächerlichkeit zeigt, denn die Hefte ent halten einen solchen Blödsinn, daß man diesen bei einigem Geschick auch Kindern zum Bewußtsein bringen kann. Man kann auch vielleicht erreichen, daß es den Kindern zur Ehrensache wird, solche Hefte nicht zu lesen.« Allerdings fügt der Bericht der deutschen Prüfungsausschüsse für Jugendschriften die Mahnung hinzu, daß alle diese Mittel allein nicht Helsen können, wenn man den Kindern nicht gute Literatur in genügender Menge zur Verfügung stellt. Die Bücher werden am liebsten gelesen, wenn sie eine starke Handlung und einen spannenden Inhalt auf weisen, wie z. B. historische Erzählungen und Schilderungen von Reifen in fremden Ländern. Die Schule kann die Ver breitung guter Bücher nicht nur durch den Unterricht sördern, sondern auch auf dem Wege der Hauslektüre (Schülerbiblio- ') Bgl. Keller und Kellen: Der Roman. S. 70 ff., wo auch die einschlägige Literatur angegeben ist. "> Zur Ergänzung vergl. die vom Verfasser nicht erwähnte Schrift von Alfred Lichtenstein: Der Kriminalroman. München 1907, Ernst Reinhardt. Börsenblatt sür dm Deutsche» Buchhandel. 76. Jahrgang. theken). Für die Erwachsenen kommen die zahlreichen Volks bibliotheken in Betracht, die zumeist auch eine besondere Ab teilung für Jugendschriften anfweisen. vr. Schnitze kenn zeichnet nur in großen Zügen das Wesen und die Aufgaben der Volksbibliotheken, da hierüber bereits eine umfangreiche Literatur besteht. Ferner erwähnt er eine Reihe von Sammlungen billiger guter Bücher, ohne allerdings auch hier eine Voll ständigkeit anzustreben. Ec bespricht dabei auch bei einzelnen die bisherigen Erfolge oder Mißerfolge. Als ein wirksames Reklamemittel empfiehlt er, in allen städtischen Gebäuden, vor allem im Rathaus, aber auch in den Polizeiwachen, in den Volksschulen, in den höheren Schulen, in den städtischen Saalbauten, in Standesämtern, in Steuerbureaus usw., Plakate der Sammlungen guter Bücher anbringen zu lassen. Diese Idee ist gewiß sehr gut; sie wird aber bei der Schwer fälligkeit unserer meisten Verwaltungen wohl nicht leicht ver wirklicht werden. Der Kampf gegen die Schundliteratur legt uns ganz besonders nahe, dahin zu streben, daß auch in den weniger wohlhabenden Kreisen mehr Bücher zum eigenen Besitz angeschafft werden. Üben doch schließlich nur diejenigen Bücher tiefgehende Wirkung auf uns aus, die wir nicht bloß einmal, sondern mehrmals lesen. Solche Bücher aber sollte man besitzen. Die Möglichkeit dazu ist einerseits durch die Entstehung jener billigen Sammlungen guter Literatur gegeben, anderseits durch die Entwicklung des Volkswohlstandes, der sich in den letzten vier Jahrzehnten unstreitig in aufsteigender Linie bewegt hat. Die jetzt tätigen Vereinigungen zur Verbreitung guter Schriften sind zur Genüge bekannt. Dagegen wird es manchen Leser interessieren, die Anfänge dieser Bewegung kennen zu lernen. Die Ökonomische Gesellschaft im Königreich Sachsen hatte schon vor der Gründung ihrer volkstümlichen Leseanstaltcn (im dritten Jahrzehnt des neunzehnten Jahrhunderts) populäre Schriften zu verbreiten gesucht. In den folgenden Jahren fand in den deutschen Landen der Gedanke der Ver breitung nützlicher Bücher einen großen Anklang; Preusker, der damalige Vorkämpfer der Volksbibliotheken, nannte sie eine »Heidenbekehrung neuerer Zeit». In Zwickau wurde 1841 ein Verein zur Verbreitung guter und wohlfeiler Volksschriften (gewöhnlich Zwickauer Volksschriftenverein genannt) gegründet, der schon in seinem ersten Jahresberichte Mitteilen konnte, daß er 7000 Mitglieder besitze. In der Schweiz wurde bald darauf ein Zschokkeverein zum gleichen Zwecke begründet, in Württemberg 1843 ein Württem- bergischer Volksschriftenverein, sodann ein Badischer Volks schriftenverein, 1846 ein norddeutscher, 1847 ein Allgemeiner deutscher Volksschriftenverein in Berlin, 1849 ein Verein in Wien usw. Dieser Aufschwung vollzog sich gleichzeitig mit der Gründung der ersten Volksbibliotheken in Deutschland und ließ mit dieser im nächsten Jahrzehnt außerordentlich stark nach. Dann haben abermals seit den siebziger Jahren — in der zweiten Blüteperiode unserer Volksbibliotheken — mancherlei Vereine und Gesellschaften die Herausgabe guter volkstümlicher Schriften in die Hand genommen. Dazu kam die Initiative rühriger Verleger, die sich bei einzelnen als ungemein fruchtbringend erwiesen hat. vr. Schnitze hält es nicht für richtig, die schlechte Kolpor tageliteratur durch literarisch höherstehende Kolportagehefte in schlechtem Gewände zu verdrängen. Er tritt damit in Wider spruch zu manchen andern, die sich mit dieser Frage be faßt haben und die der Ansicht sind, daß man die bisherigen Kolportageromane am besten dadurch verdrängen könne, daß man dem Volke gute spannende Romane ebenfalls in illu strierten Heften zu 10 Pfennig anbiete. Gegen diesen Plan erhebt vr. Schultze verschiedene Einwendungen, und er kann IS94
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