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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 23.09.1909
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1909-09-23
- Erscheinungsdatum
- 23.09.1909
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- Deutsch
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221, 23, September 1S0S. Nichtamtlicher Teil. Börse,M-tt f. d. Dtschn. BuchlMNdel. 10S6S Da der § lO lediglich von periodischen Druckschriften handelt, andere Druckschriften im allgemeinen Anzeigen auch nicht ausnehmen, ist mir der Sinn dieser Auslegung nicht ver ständlich. Die Frage, ob Anzeigen unter den Berichtigungszwang des 8 II des Preßgesetzes fallen, wird ausführlich erörtert. Der Verfasser kommt zu dem Ergebnis, daß die Ausdehnung des Berichtigungszwanges aus Anzeigen für den Verleger oft unerträgliche Folgen haben würde. Dies zugeben heißt aber noch nicht die Schlußfolgerung zugeben. Die Frage ist ja streitig, man muß aber anerkennen, daß unter Umständen ein solcher Berichtigungszwang sehr wünschenswert erscheint. Daß der Vermerk Uber die Bedingungen für die Auf nahme von Anzeigen, die Zeitungen und Zeitschriften am Kopfe ihres Blattes aufzudrucken Pflegen, den Besteller, auch wenn er sie nicht gelesen hat, in jedem Falle verpflichtet, ist doch sehr zweifelhaft. Der Verfasser nimmt es an, indem er dies eine Bestellung unter nicht bekannten Bedingungen nennt, auf die der Besteller, auch wenn er sie nicht gelesen hat, eingeht. Soviel mir bekannt, ist auch dieser Punkt in Theorie und Praxis kontrovers. Die Verpflichtung, die ein Verleger bei Annahme von Chiffreanzeigen übernimmt, nämlich die Angebote an den Besteller zu befördern, wird eingehend besprochen. Der Ver fasser kommt zu dem Ergebnis, daß der Verleger nicht in allen Fällen dazu verpflichtet ist, daß vielmehr Fälle eintreten können, die ihn gerade seinem Besteller gegenüber nötigen, solche An gebote nicht zu befördern. Der Verfasser führt einen Fall au, in dem der Verleger, gerade um seinen Auftraggeber vor Schaden zu schützen, Angebote eines Kaufmannes nicht wcitcr- befördert habe, da ihm zu Ohren gekommen war, daß der be treffende Offerent Kaufverträge abgeschlossen und Waren erhalten habe, während er schon mehrmals den Offenbarungs eid geleistet habe. Er teilte dem Offerenten mit, daß er An gebote von ihm nicht eher weiter befördern würde, bis der Kaufmann ihm den Nachweis seiner Zahlungsfähigkeit geführt habe. Die Klage des Kaufmanns auf Anerkennung, daß der Verleger verpflichtet sei, sämtliche Offerten des Klägers weiter zu befördern, wies das Gericht zurück, indem es der Widerklage des Beklagten stattgab, daß der Kläger anerkenne, daß ihm Schadenersatzansprüche aus der Nichtbeförderung von An geboten nicht zuständen. Als Hauptgrund für die Zurückweisung der Klage wird vom Gericht angeführt, daß zwischen den Parteien keine ver traglichen Beziehungen bestehen, auf die sich der Klage anspruch stützen könne. In dem Buche sind die Gründe des Gerichts ausführlich angegeben. Der Leser mag schon aus diesen kleinen Andeutungen ersehen, welche Fülle von Belehrungen das »Anzeigenrecht« bietet. Paul Langenscheidt hat wiederum einen Buch- hündlerroman geschrieben, den ich, obwohl verspätet, hier an- zcigen will. Freilich werde ich mich kurz fassen können, da der Held des Romans »Graf Cohn«,*) der Erbe und Besitzer einer großen Berlagsfirma ist, aber selbst nichts weniger als ein Buchhändler, und das wenige Buchhändlerische im Roman sich eigentlich in dem famosen Verlagsvertrag erschöpft, der dem Helden die Brücke zur Erlangung des ersehnten Weibes schlagen soll und schlägt, aber in seinen Folgen den Untergang des Hauses herbeiführt. Ist dieser Roman aber trotz der hin und wieder einge streuten Beziehungen als Buchhändlerroman nur eum grs.no * Paul Langenscheidt, Graf Cohn. Roman. 8°. Verlag Or. P. Langenscheidt, Groß-Lichterfelde-Ost. 1909. 351 Seiten. Br. 4 geb. 5 Börsenblatt sttr dm Deutschen Buchhandel. 7«. Jahrgang. sslis anzusprechen, so wird er doch jeden Buchhändler inter essieren. Wird in ihm doch der gewaltige Kampf gekämpft zwischen der neuen Macht, dem Gelde, und der alten, dem Adel, der seinen Bestand wanken sieht, wenn er es nicht versteht, sich mit der jungen Macht zn verbinden. Daneben der Kampf des Juden, sich durchzusetzcn, einzutreten in die ihm ver schlossenen Kreise der Aristokratie, ein Weib aus diesen Kreisen in sein Haus als Gattin einzuführen. Langenscheidt schont weder den Juden noch den Adel, er geißelt die Verlogenheit, die Heuchelei in der Religion und in der Wohltätigkeit, die Mühe, die der arme Adel hat, seinen Söhnen und Töchtern durch Hofstellen und Plätze in der Armee den Schein der Wvhlanständigkeit zu erhalten, wie er den Juden zeigt, der nnt Gewalt in die Kreise der Aristokratie mit Hilfe des Geldes eindringen will und der daran körperlich und geschäftlich zu grunde geht. Es war nach den früheren Schriften des Verfassers zu erwarten, daß er ein Problem nicht nur erfassen, sondern daß er es in allen seinen Konsequenzen durchführen würde. Er tut dies mit der Unbarmherzigkeit eines Chirurgen, er erspart dem Leser nichts, auch nicht das Peinlichste. Daß es da an Brutalitäten nicht mangelt, versteht sich von selbst, ebenso wie daß der Ausgang, so konsequent er sich entwickelt, bei dem Leser ein Unbehagen, ein drückendes Gefühl hinterläßt. Ich will nicht Einzelheiten hervorheben, aber die Behandlung, die der Gras Cohn seiner Frau nach der Entdeckung ihres Fehltrittes im ehelichen Schlasgemach angedeihen läßt, ist auch für Stark nervige kaum erträglich. Ist »Gras Cohn« ein Typus des Judentums? Ich glaube nicht. Das Judentum ist nur ein allerdings erheblicher Um stand, der dem Streber seine Aufgabe, in die hocharistokratischen Kreise einzudringen, erschwert. Die Zähigkeit der jüdischen Rasse ist aber im allgemeinen mit gesundem Menschenverstand, mit der Fähigkeit zu rechnen, gepaart, die schwerlich unter der Wucht goldblonden Haares und blauer Augen gänzlich ver sagen. Und wenn es sich noch um eine wirkliche, große Liebe gehandelt hätte! Aber wie Langenscheidt es darstellt, ist es lediglich Sinnlichkeit, lange Jahre mühsam unterdrückte, grobe Sinnlichkeit, die Isidor Cohn zu der Reichsgräsin Dora Holm treibt. Sollte nicht die dem Juden angeborene Fähigkeit, zu rechnen, ihm schon vorher zum Bewußtsein gebracht haben, was er zu spät erkennt, daß er »seine Waffe, das Geld, ver schleudert Habs, es mit vollen Händen an diese Aristokraten vergeudet, sich selbst waffenlos gemacht, ihnen, wie Simsou der Delila, das Geheimnis seiner Stärke ausgeliefert« habe? »Spärlich, brockenweise geben, mit Wenn und Aber versprechen, immer die Hoffnung auf Beute ansachen, nie sie ganz er füllen . . . Dann wären sie vor ihm gekrochen, dann hätten sie jede Ohrfeige geduldig eingesteckt, die Herren vom Schwert adel!« Und wie ist der Kämpfer beschaffen, der für sich und sein Volk den Eintritt in die Geburtsaristokratie zu erkämpfen versucht? Dürftig an Körper und Seele, braucht man wirklich keine Reichsgräsin Holm zu sein, um die Berührung mit diesem Jüngling — man lese seinen Steckbrief bei Langenscheidt nach — als etwas Unmögliches anzusehen! Ob die Aristokraten, die uns Langenscheidt vorsührt, als Typus ihrer Gattung nnzusehen sind, kann ich nicht beurteilen, da ich diese Kreise aus eigener Anschauung nicht kenne. Jedenfalls gibt es aber in der hohen Aristokratie noch mehr Leute, wie sie uns Langenscheidt in den Holm, den Trettach vorsührt, deren Ehre für Geld nicht feil ist, wie es auch im Juden tum nicht die Mehrzahl ist, die jede Ohrfeige cinstecken, wenn sie dadurch die »Ehre« genießen, im Kreise adliger Offiziere geduldet zu werden. Läßt doch auch der Verfasser seinen Helden zur Erkenntnis kommen, allerdings zu spät: »Gab es viel leicht doch zweierlei Adel, wie es zweierlei Juden gab?« Alles in allem, ein spannendes Buch, das viel Wider leg
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