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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 08.10.1909
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1909-10-08
- Erscheinungsdatum
- 08.10.1909
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- Deutsch
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^ 234, 8. Oktober 1909. Nichtamtlicher Teil. «rfmrlan f. d. Dtfchn. Bucht,ondcl. 11797 der Herausgabe billiger Bücher so viel geleistet wie Deutsch land. Es braucht nur an die großen volkstümlichen Samm lungen erinnert zu werden, deren Preis nur 2 bis 20 H die Nummer beträgt. Dazu kommen zahlreiche andere billige Ausgaben unterhaltender und belehrender Werke. Wo ist der Mann des Volkes, der imstande wäre, in seinem Leben all die guten Bücher zu lesen, die er sich für wenige Groschen nach und nach kaufen kann? Welche Menge vorzüglicher Schriften könnte sich Zeit seines Lebens ein Arbeiter kaufen, der täglich soundsoviel Glas Bier oder soundsoviel Schnäpse trinkt, wenn er die hierfür aufgewendeten Groschen zum An kauf guter Schriften benutzen würde! So sehr ich auch das Bestreben billige, die Bücher jedermann zugänglich zu machen, so wenig kann ich doch der Forderung zustimmen, daß alle Bücher für jedermann er schwinglich sein sollen. Es gibt nun einmal viele Bücher, die ihres Inhalts wegen nicht für die Masse geeignet sind. In andern Fällen entspricht es nur der Gerechtigkeit, daß die wirtschaftlich gut situierten Kreise einige Mark für ein Buch bezahlen, damit Autor und Verleger einen Vorteil daran haben. Eine Schutzfrist von dreißig Jahren ist im Leben einer Nation keine lange Zeit, und ein Volk verliert nichts an idealen Gütern, wenn es sich so lange gedulden muß, bis ein gutes Buch für einen Spottpreis zu haben ist. Und wozu haben wir denn jetzt die vielen Volks bibliotheken mit ihren großen Büchervorräten, unter denen gerade die modernen Bücher stark vertreten sind? In diesen Bibliotheken kann jedermann auch die teuren Bücher umsonst entleihen. Wenn in einzelnen Fällen die Autoren nur einen ge ringen Nutzen von dem Urheberschutz und der Schutzfrist haben, so sind das doch immerhin nur Ausnahmen, an denen die Betreffenden zumeist selbst schuld sind. Jedenfalls ist das kein Grund, den Urheberschutz zu verkümmern und dadurch die Gesamtheit der Schriftsteller zu schädigen. Ob Avenarius sich so geäußert hat, wie man nach Schliepmanns Darstellung schließen muß, ist mir nicht be kannt. Ich möchte aber sehr bezweifeln, ob er wünscht, daß die wirtschaftlichen Verhältnisse eines Autors nicht weiter geschützt werden sollen. Dagegen hat er sich — und zwar meiner Ansicht nach mit Recht — gegen eine zu engherzige Auslegung des Z 19 des Kunstschutzgesetzes ausgesprochen, und zwar in dem Vorwort einer der Künstler-Mappen des Kunstworts. Wegen der prinzipiellen Bedeutung hätte er es auf eine gerichtliche Entscheidung ankommen lassen sollen. Dieser Fall gehört aber weiter nicht hierher. Schliepmann nennt zwei Autoren, deren Werke seiner Ansicht nach durch die Schuld der Verleger nicht genügend ins Volk dringen: Raabe und Rosegger. Was ersteren be trifft, so sind seine Werke von einer so ausgesprochenen Eigenart, daß man bezweifeln muß, ob es überhaupt ge lingen würde, sie in großen Massen ins Volk zu bringen. Jedenfalls sind seine Verleger nicht daran schuld, denn er selbst hat sich schriftlich und mündlich geweigert, einzelne seiner Arbeiten in der billigen Hamburgischen Hansbibliothek erscheinen zu lassen, vr. O. Zippel hat im Jahrbuch der Hamburgischen Gesellschaft zur Beförderung der Künste und nützlichen Gewerbe (Hamburg, Borsten L Maasch, 1907. S. 116 f.) ausführlich darüber berichtet. Es heißt dort u. a.: »Herr vr. Raabe hatte zunächst einen persönlichen Grund, weshalb er nicht auf unfern Vorschlag eingehen wollte. Er hat mit feinen Verlegern festbindende Verträge und will daran nicht rütteln. Auch Verhandlungen von uns mit feinen Verlegern wünschte er nicht. Er möchte in feinem Alter mit solchen ge schäftlichen Sachen nicht mehr behelligt fein. Über diesen Grund war nicht zu debattieren, um so mehr über seine sachlichen Gründe. Der alte Herr hatte nichts übrig für das Bestreben, dem »Volk« in erzieherischer Absicht einen Schriftsteller aufzu- Börsmblatt für den Deutschen Buchhandel. 76. Jahrgang. drängen. Auch gingen unsere Ansichten darüber auseinander, welcher Art das Publikum sei, dem unsere Hausbibliothek zugute käme. So wie er es sich dachte, wollte es ihm nicht behagen. Jedenfalls konnte ich den Herrn Doktor in keinem Punkte über zeugen. Eher wäre vielleicht das Gegenteil möglich gewesen.« Ob nicht trotzdem früher einzelne Werke Raubes in billigen Sammlungen erschienen sind, ist mir nicht bekannt'). Die Preise seiner Bücher sind übrigens nicht übertrieben hoch. Was Rosegger betrifft, so hatte (wie auch der jetzige) schon sein früherer Verleger eine billige Volksausgabe seiner Werke veranstaltet, und in Reclams Universal - Bibliothek kann man ein Bändchen seiner Erzählungen für 29 H kaufen. Ich glaube übrigens, daß er noch in anderen billigen Samm lungen vertreten ist"). Daß die Verleger jede Volksausgabe bis kurz vor Ab lauf der Schutzfrist verschieben, ist ein Irrtum. Erst vor wenigen Tagen hat die Deutsche Verlagsanstalt eine Volks ausgabe von Ernst Zahns Romanen angeklindigt, die aller dings noch 2 50 ^ für den gebundenen Band kostet. Aber für moderne Romane ist dies immerhin ein mäßiger Preis. Gute Romane kann man aber auch schon für 20 H erhalten, z. B. in Kürschners Bücherschatz. Schliepmann schreibt Uber das von ihm vorgeschlagene künstlerische Enteignungsverfahren: »Zum Staats- und Gemeindewohl wird der fürchterlichste aller Eingriffe, gegen das Heiligste alles Heiligen, das Eigentum, schon von unseren römisch-rechtlichen, also das Eigentum statt des Charakters zum Mittelpunkt des Lebens machenden staats- versassungen zugelassen. Ist es nun wichtiger, dem Verkehr eine Gasse durch Privateigentum zu bahnen, als dem geistigen Wohle der Nation? Welchen Ruck nach vorwärts könnte uns ein Gesetz geben, das dem Staate erlaubt, ein musikalisches, bildnerisches oder literarisches Kunstwerk, das höchste sittliche und erhebende Werte hat, dem Vcrsügungsrecht des zufälligen Besitzers zu ent ziehen und dem ganzen Volke zugänglich zu machen? Der »Besitzer« würde wie bei einem Grundstück nach sachverständiger Abschätzung entschädigt, der Urheber durch den größeren Absatz bei Staatsbetrieb wahrscheinlich viel besser gestellt als bei seinem Verleger, der als Geschäftsmann allen Anlaß hatte, jenen möglichst stark zu übervorteilcn. Dem Urheber wär's eine nationale Anerkennung, ein Ehrensold, besser als der Schiller preis, denn, mag ihn die zweifclwürdigste »Kommission« aus den Schild erhoben haben, wie die vom Schillerpreis jüngsten Angedenkens: nachdem der Künstler der Nation gezeigt ist und so die Widerstände der Umwelt für ihn durchbrochen sind, könnte doch erst die Nachfrage seitens des Volkes die Höhe seines Preises bestimmen. Denn ich nehme natürlich an, daß solche »Enteignungen« nicht allein für die staatliche Zeitung erfolgen sollen, sondern daß es sich um eine »Bücherei der Nation« handeln könnte. Um eine Folge vorzüglichster, wohl ausgestatteter, nicht luxuriöser Bücher zum denkbar billigsten Preise, so daß auch der Mann aus dem Volke jedes einzelne Werk erstehen könnte, wodurch dann die Höhe der Verkauss- ziffern sowohl zum Maßstab des Volksgeschmackes — den wir Gebildeten vielleicht stark unterschätzen — als auch der Aner kennung des Verfassers würde. Für die natürlich zu .hono rierendem Verfasser aber könnte keine Verlegerreklame so wirk sam sein wie eine Ausnahme unter die .Erkorenen der Nation'. Ebenso würde der geschäftliche Erfolg solcher Staatsunter nehmung ein recht wesentliches Kriterium für die Weisheit derjenigen sein, die die Vorschläge zur Enteignung machen. — .Also doch Auslese durch die Majorität zuletzt?' wird man mir einwerfen.***) — Bitte: wäre das eine durch unlautere Mittel kaptivierte Majorität, wär's eine Majorität der Stumps- In Reclams Universalbibliothek ist als Bändchen 2009: Raabe, »Zum wilden Mann« erschienen <29 «)); in Kollektion Zanke: Raabe, »Die Gänse von Bützow« (I ^s). Red. **) In Kollektion Zanke; Wiesbadener Volksbücher; Volks bücher der Deutschen Dichter-Gedächtnis-Stiftung. Red. ***> Der Verfasser hatte vorher <S. 14) Schillers Wort zitiert: »Mehrheit ist der Unsinn.« lS33
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