234 8. Oktober 1909. Fertige Bücher. Börsenblatt f. d. Dlschn. Buchhandel. 11805 Zwei wichtige Weihnachtsnovitäten! Wir versandten folgenden Prospekt: Hans und Grete Novellen von Emil Strauß Umschlag und Einband von E. R. Weiß Geheftet M. 3.—, gebunden M. 4.— Ein neues Buch von Emil Strauß erscheint: das will heißen, daß dem deutschen Leser ein Genuß von edler, kernigster Art bereitet ist. In vier Novellen, die in der Ver schiedenheit ihrer Form zeigen, wie reich dieser Dichter an innerer Gestaltung ist, variiert Strauß das Thema von Hans und Grete, vom Suchen, Finden und Verlieren der Liebe, auf seine besondere Weise; und es könnte, was sehr bezeichnend für die Art Emil Straußens ist, auch über diesen vier Stucken der Sinnsprnch stehen, der den „Engelwirt" begleitet: „Ein unversucht Kind ist vor der Welt wie ein Rind". Alle vier 'Novellen sind Ver suchungen. In der ersten wird eine unscheinbare und eben doch entscheidende Schwankung in der Treue in den Wirbeln und Stromschnellen des Laufen begraben. In der zweiten, die, ohne eine Spur von Künstelei und Affektation, die innere Fassung und Kraft einer alten Heiligenlegende hat, überwindet eine englische Prinzessin die Liebe zu ihrem Bruder — es ist dieses der berühmte Schwarze Prinz — durch ein Leben der Demut und Kasteiung, um am Ende zu erfahren, daß sie dadurch die Stimme des Versuchers nur überhört und nicht zurückgewiesen hat. Die dritte, „Vorspiel", führt uns eine Staffel weiter in der Siegeskraft und zeigt, wie durch das Urelement echter Treue auch eine Lebensschuld gänzlich verzehrt und verziehen wird. In der vierten Novelle „Mara" gipfelt das Buch in jedem Sinne. Hier ist der Prozeß der Versuchung und Überwindung in einer einzigartigen, so symbolischen wie lebenstrenen Gestaltung durchgesührt. Diese „Mara" ist eins der herrlichsten Stücke deutscher Prosa, nicht nur der jüngsten Zeit: wunderbar rein und streng im psycho logischen Prozeß, wunderbar reich bei knappster Formung im Motiv, und im Realen wie im Symbolischen gleich wahr, mannigfaltig und ergreifend. Der 'Novellenband von Emil Strauß ist ideell ein Ganzes, die vier Stücke zeigen eine innere Beziehung, Steigerung und Kontrastiernng wie die Sätze einer Symphonie. IS35