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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 14.10.1909
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1909-10-14
- Erscheinungsdatum
- 14.10.1909
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- Deutsch
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238, 14. Oktober 1909. Nichtamtlicher Teil. BöricnblaU s. d. Doch», Buchhandel. 12121 den Handel kommt. Anders steht die Sache mit der Herausgabe eines schon erschienenen Buches durch einen andern Verleger.» — Die Verleger, die bis zu einem gewissen Grade mit dem Fehlen einer Konvention rechnen, haben wie jede Profession ihre eigene Ethik. Sehr selten — wenn das nicht auf Zufall beruht — kann man zwei gleichartige Werke finden, die von zwei großen Firmen herausgegeben wären. In der Mehrzahl der Fälle ist die Dublette gerade bei einem solchen Verleger erschienen, der ausschließlich den Zweck eines raschen Erwerbs verfolgt, und schon dies allein muß eine große Bedeutung für das Buch und das lesende Publikum haben. Bei einem solchen gewissenlosen Verleger wird das Buch in die Hände eines unerfahrenen Übersetzers gegeben, leidet durchgehends an den empörendsten Entlehnungen, die noch dazu in verdrehter Form gegeben werden, nur um der ge richtlichen Verfolgung zu entgehen. Das alles muß ohne Zweifel noch als ein weiterer Beweis des Schadens dienen, der dem lesenden Publikum zugefügt wird. Die Literarische Gesellschaft selbst stellt das Erscheinen schlechter Übersetzungen nicht in Abrede (S. 22), übergeht aber diese Frage mit Stillschweigen, ohne eine bestimmte Art des Kampfes mit dem Übel anzugeben. Aber der Umstand, daß die Literarische Gesellschaft über die Frage der schlechten Übersetzungen so oberflächlich hinweg geht, dient meiner Meinung nach als ein wichtiges Argu ment für den Abschluß der Konvention. In der Tat, man kann nicht einerseits Gewicht aus die Volksbildung legen und anderseits die Verleger aufmuntern, schnell, schlecht und billig zu verlegen. Wenn bei uns der Markt gegenwärtig mit den schrecklichsten Übersetzungen überfüllt ist, wenn es jetzt bei uns Überfluß an Übersetzungen gibt, die nicht einmal elementaren Anforderungen genügen, und endlich, wenn in Rußland immer mehr und mehr die guten Übersetzer gehemmt werden, die beide Sprachen vollständig be herrschen und eine genügende Kompetenz für die Übersetzung haben, so muß man dies ausschließlich dem Mangel einer Konvention zuschreiben. Der gegenwärtige Verleger befindet sich in so abnormen Verhältnissen, daß er genötigt ist, die Bücher schon aus dem Grunde ungenügend herauszubringen, um den Vorrang zu haben. Die Übersetzung wird des halb gleichzeitig in verschiedene Hände gegeben, an Personen, die nicht nur nicht mit der fremden Sprache bekannt sind, sondern nicht selten auch nicht einmal gut Russisch können, an Personen, denen sogar eine elementare Kenntnis des behandelten Gegenstandes abgeht. Aber wenn auch die An hänger der Konvention sagen, daß beim Abschluß einer solchen viele Übersetzer ohne einen Bissen Brot bleiben würden, so kann ich behaupten, daß die guten Übersetzer schon bei der gegenwärtigen Lage ihren Verdienst verloren haben. Vor allem muß freilich festgestellt iverden, wen man überhaupt einen Übersetzer nennen kann. Das Übersetzen ist zweifellos eine selbständige Spezialität der literarischen Arbeit, zu der Ersahrung, Kenntnis und in gewissem Maße sogar schöpferisches Talent erforderlich ist. Nur eine Person, die diese Eigenschaften besitzt, kann tatsächlich als Übersetzer gelten. Und gerade solche Arbeiter verschwinden in letzter Zeit immer mehr, werden von Personen verdrängt, die aus schließlich des Erwerbes wegen arbeiten, gleichviel um welchen Preis, ganz ohne Rücksicht darauf, ob sie Erfahrung und Kenntnis haben. Entsprechend der niedrigen Qualität der Übersetzer ist auch die Bezahlung ihrer Arbeit ge sunken, und dank der immer mehr wachsenden Konkurrenz hat der Verleger, selbst wenn er wollte, nicht mehr die Möglichkeit, das Honorar zu zahlen, das erforderlich wäre, um ein Buch völlig tadellos herauszugcben. Infolge ihrer Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 76. Jahrgang. Unkenntnis der russischen Sprache verhalten sich die aus ländischen Autoren mit besonderer Peinlichkeit gegen Über setzungen. Wir wissen sehr wohl, wie Autoren, häufig sogar solche, die für die Verwirklichung der Übersetzung sehr dank bar sind, sehr vorsichtig ihr Vorwort oder ihre Erlaubnis geben, auf den Titel zu setzen, daß die Übersetzung autorisiert ist. Wir wissen recht gut, mit welchem lebendigen Interesse ausländische Autoren die Übersetzungen ihrer Bücher ver folgen, und wie sie trotz Unkenntnis der russischen Sprache doch sorgfältig die Arbeit des Übersetzers analysieren. Erst vor kurzem hatte ich Gelegenheit, in einer ausländischen Zeitung einen scharfen Protest des Professors Schiemann aus Anlaß der Entstellung der russischen Übersetzung seines Werkes -Geschichte Rußlands unter Kaiser Nikolaus I.« zu lesen. Eine solche Peinlichkeit der Autoren veranlaßt den Verleger, der Wert auf seinen Ruf legt, unbe dingt alle Sorgfalt darauf zu wenden, daß der Übersetzer eine Person ist, die festen Grund unter den Füßen hat. Es gibt natürlich keine Regel ohne Ausnahme; aber bei einer Konvention wird dieses Übel nicht mehr in dem erstaun lichen Umfange vorhanden sein wie jetzt, wo das Publikum buchstäblich nicht weiß, bei welcher von zehn erschienenen Ausgaben es bleiben soll, weil alle zehn ungenügend sind. Daß der Autor nicht Russisch könne, kann als kein Hindernis sür eine richtige Wiedergabe seiner Gedanken dienen, wie das unter andern die Literarische Gesellschaft auf Seite 2S ihres Berichts behauptet. Übersetzer, die beide Sprachen vollkommen beherrschen, haben immer die volle Möglichkeit, mit dem Autor zu korrespondieren; im äußersten Falle, wenn der Autor nicht mehr lebt, wie z. B. Meininger, kann dies mit andern Kennern des gegebenen Literaturzweiges geschehen. Ja, unter den Russen selbst gibt cs Leute genug mit höherer Bildung, die stets gern den Interessen der Leser dienen. Endlich ist doch auch die Kritik vorhanden, die nicht zögern wird, die nötigen Weisungen zu geben. Wenn auch wirklich hier und da einmal eine un genügende Übersetzung erscheint, so wird die Kritik seinerzeit das Ungenügende vermerken — das ist ja ihre Aufgabe. Welche Menge von wissenschaftlichen Werken ist dadurch geschädigt worden, daß wir keine Konvention haben! Ich hatte erst kürzlich Gelegenheit, mich davon zu überzeugen, an läßlich der Übersetzung eines Buches (Maeterlinck, »l-es »boillss»), das in drei Ausgaben erschienen ist; aber buchstäblich ent spricht auch nicht eine davon dem Original und den Ansichten, die der Verfasser in seinem Buche aussührt. Das ganze Buch, sür das eine einfache Übersetzung zu wenig war und das eine schöpferische Kraft von seiten des Übersetzers er forderte, ist dadurch vernichtet worden, daß es auf dem Markte drei schlechte Übersetzungen gab. Als sich schließlich ein gut empfohlener Verleger fand, der lange Zeit einen des Buches würdigen Übersetzer suchte, da zeigte es sich, daß das Buch infolge seiner ersten schlechten Übersetzungen jede Bedeutung verloren hatte. Nun bitte, so heben Sie dann mal die Be deutung eines solchen Buches! Wenn man uns sagt, darin liege die ganze Aufgabe des Verlegers, so geben Sie doch Ihrerseits etwas dem Verleger, auf den sich das ganze Risiko der Herausgabe legt, der der Vermittler zwischen dem Autor und dem lesenden Publikum sein muß, der wenn auch nicht der Schöpfer der Volksbildung, so doch auf jeden Fall nicht ihr letzter Förderer und Vorkämpfer ist. Ohne Zweifel, cs gibt keine Familie ohne Makel - das ist auch anwendbar auf die Verleger; aber in dieser Familie werden, wie in jeder andern, die Makel nur bei gewissenhafter Konkurrenz verschwinden, und dazu ist es nötig den Verleger, auf andere Bedingungen zu stellen, als sie heute sind. Ich gehe jetzt zum zweiten Argument der Gegner über. Sie bestreiten, daß die Freiheit der Übersetzungen die natio- IS74
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