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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 02.06.1902
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- 1902-06-02
- Erscheinungsdatum
- 02.06.1902
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- Deutsch
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^ 124, 2. Juni 1902. Nichtamtlicher Teil. 4507 hiervon an dem Faksimile einer Bibelseite des Klemmschen Exemplars in Meyers Konversations-Lexikon überzeugen. Zudem scheint es mir doch mehr oder weniger Geschmack sache zu sein, welchem Systeme man die größere ästhetische Schönheit zuerkennen will. Die Gegenüberstellung des »ästhetischen Zeilenschlusses« der Bibel mit dem »theoretischen« des Missale läßt wegen der verschiedenen Typengröße keinen Vergleich zu, scheint mir dagegen zu beweisen, daß der Setzer des Missale sich eines Winkelhakens bedient hat, welchen der Setzer der Bibel ebensowenig kannte wie der des Türkenkalenders von 1454. Der Winkel haken zwang eben den sonst nicht sehr gewissenhaften Setzer, strengen Zeilenschluß mit allen Mitteln, selbst durch starke Kürzungen, zu erzielen! Denn wenn einmal der Winkelhaken benutzt wird, würde es doch eine starke An nahme bedeuten, daß der Setzer einzelne Zeilen mit Aus- schlnßstücken beendigt hätte! In seinem Osralogus miWslium hat der englische Biblio graph Jacob Weale als das erste datierte Missale ein solches von 1475 aufgeführt, und er macht dazu die Be merkung, daß von den undatierten auch wohl keines älter sei. Nachdem ihm das Nisesls bpscislo vorgelegt worden mar, erklärte er, es sei ihm ein ähnliches Missale noch nicht vor Augen gekommen; er wisse nicht, was er daraus machen solle; er sei versucht zu glauben, das Buch sei nie gebraucht worden, wenn nicht die handschriftlichen Eintragungen das Gegenteil bewiesen; gewiß sei ihm nur, daß es von einem Laie» ohne jede Beihilfe eines Geistlichen zusammengestellt sei. Die Entstehungszeit setzt Weale nach dem Psalter von 1457; Gründe für diese Schätzung hat er nach Hupp nicht angegeben. Diesem fällt nun auch der Mangel an Zwischen gliedern in der Reihe der gedruckten Missalen auf, wenn er seinen Druck als das erste um das Jahr 1450 ansetzt Diesen Umstand glaubt er dadurch erklären zu können, daß nach alter Vorschrift die Missalen sorgsam zu schreiben waren. »Wenn mau nun eben deshalb Anstoß an Gutenbergs fehler haftem Missale genommen hätte, und es keine Abnehmer fand, so mußten seine Gehilfen davon erfahren, und es wäre so mit einem Male erklärt, warum die Erstlingsdrucker keine Missalen mehr druckten.« Diese Begründung scheint mir nicht sehr einleuchtend. Gab es denn nicht geschriebene brauchbare Missalen in Masse? Was konnte denn die Drucker abhalten, eins von diesen als Vorlage zu gebrauchen und dann das unbrauchbare Machwerk aus dem Felde zu schlagen? Meine mit der leichtfertigen Art der Herstellung be gründete Ansicht, daß das Missale weder von Gutenberg noch von Schösser, sondern nach Uebergang des Typenmaterials von einem Dritten gedruckt sei, glaubt Hupp dadurch hin fällig machen zu können, daß man von »einem Dritten, den keiner kennt«, von dem »großen Unbekannten« keinen Namen zu nennen vermöge. Wenn aber die Ansicht richtig wäre, daß ein Typenverkauf stattgesunden hat und das Missale erst in den 1460 er Jahren entstanden ist, so kann jeder der damals thätigen Drucker, die uns überdies höchst wahrscheinlich nicht alle bekannt sind, genau ebenso gut (sagen wir z. B Mentel) der Hersteller gewesen sein, wie Hupp den Druck dem Gutenberg zuschreibt Gutenberg kann ebensowenig als Drucker des Missale nachgewiesen werden wie Mentel oder irgend ein andrer. Die Typen mögen von ihm herrühren; gegen den Druck durch den Erfinder spricht aber die wenig sorgfältige Art der Ausführung, die nichts mit den Unvollkommenheiten zu thun hat, die neuen Erfindungen naturgemäß anhaften. Teilweise ist das Missale auch gut gedruckt und verrät eine geschicktere Hand. Es war also möglich, das ganze Werk besser herzustellen, als es geschah. Und nun stelle man dieser von Hupp festgestellten Thatsache seine Annahme gegenüber, das Missale sei das Objekt gewesen, mit dem der Erfinder »eine praktische Probe seiner neuen Kunst zu geben« beabsichtigt habe. Nun, wozu immer er diese »Probe« gebrauchte: jedenfalls hätte er doch deren Herstellung, wenn er sie selbst besser vollbringen konnte, nicht sorgloseren und ungeschickteren Händen anvertraut! Eine Probe pflegt ineist besser zu sein als die spätere Lieferungsware; daß sie schlechter ist, als man sie anfertigen kann und zu liefern verspricht, dürfte so selten Vor kommen, daß wir Gutenberg, dessen Sein oder Nichtsein, wie wir dann annehmen könnten, an der Wirkung der »Probe« hing, nicht wohl eine so unkluge und psycho logisch so wenig wahrscheinliche Handlung zuschreiben dürfen, wie Hupp dies anscheinend beabsichtigt (S. 63 und 77). Und darf man ferner annehmen, daß er zur Herstellung einer praktisch so gut wie unbrauchbaren Probe der Aus führung einer Kunst, die er nach Hupp so sorgfältig geheim zu halten bestrebt war (S. 32), Gehilfen heranzog und diesen den Druck überließ, wenngleich er sah, daß sie ihn ganz un sorgfältig ausführten? Was sollte überhaupt die »Probe«? Kam es darauf an, jemand von der Brauchbarkeit der Er findung zu überzeugen, genügte dann nicht gerade so gut der Abdruck einer Seite oder einer Lage, wie die seitenweise Her stellung eines ganzen Buches, von dem man dann gleichzeitig noch einen Auszug anfertigte, dessen praktische Unbrauchbar keit natürlich im Quadrat des Schwindens des Buchumfangs gewachsen sein wird? Jedenfalls ist es Hupp nicht gelungen, meine Annahme als unmöglich hinzustellen, daß sich Schösser eines für ihn wegen der Unvollkommenheit ihres Gusses nicht mehr brauchbaren Typenbestandes entledigt habe, mit dem Gutenbcrg irgend ein verloren gegangenes Werk, vielleicht thatsächlich die erste Bibel, von der die Kölner Chronik so bestimmt und deutlich spricht, gedruckt hat. Dann werden die Fragen Hupps auf Seite 33 gegenstandslos; denn dann ist das Missale eben genau mit demselben Typenbestand ge druckt, wie ihn jene Bibel aufweist. Es dürste doch meines Erachtens nicht genügen, eine Möglichkeit einzig aus dem Grunde zu bestreiten, weil für sie nicht der Name des Druckers klipp und klar genannt werden kann! Erst wenn der Nachweis gelungen wäre, daß die Typen des Missale eigens für dieses Werk geschaffen oder verändert worden seien, (was freilich Hupp voraussetzt, wenngleich er Seite 63 zugiebt, daß auch noch andere Werke als das Missale der zweiundvierzigzeiligen Bibel vorangegangen sein können,) er langen, wie schon gesagt, seine Folgerungen realen Unter grund. Hatte das Rosenthalsche Missale schon vorher in seiner ganzen inneren wie äußerlichen Gestaltung etwas Rätselhaftes an sich, so ist diese Eigenschaft noch erheblich verstärkt worden durch den Nachweis, daß es einen geheimnisvollen Doppel gänger gehabt hat. Nachdem ein solcher gefunden worden ist, darf man fernere Funde nicht für ausgeschlossen halten, die in irgend einer Beziehung zu dem Typenmaterial dieser seltsamen Bücher stehen. Nur von solchen ferneren glücklichen Funden verspreche ich mir in Anbetracht der großen Schwierigkeit ja Unmöglichkeit, einen Druck innerhalb eines Zeitraumes von ein bis zwei Jahrzehnten einzig nach den Typen zutreffend zu schätzen, und trotz aller Scharfsinnigkeit, die Hupp bisher entwickelt hat, eine wesentliche Förderung der Frage nach der Herkunft dieses Druckes und seiner Rangierung in der Reihe der Inkunabeln. Wie der Titel der Veröffentlichung Hupps schon an deutet, hat er sich darin auch über die ersten Drucke über haupt ausgelassen, worauf ich in einem zweiten Artikel zurück kommen werde. G. Hölscher. 593'
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