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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 02.11.1909
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1909-11-02
- Erscheinungsdatum
- 02.11.1909
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- Deutsch
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13194 Börsenblatt f. d. Dtschn, Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. 255, 2. November 1909. Nichtamtlicher Teil. Aus der Geschichte des Feuilletons. Von Tony Kellen. (Sonder - Abdruck aus der Essener Volks-Zeitung.) Essen-Ruhr 1909. Verlag von Fredebeul L Koenen. (72 S.) Der umstrittenste Teil der heutigen Zeitung ist zweifellos das Feuilleton. Die Erörterung politischer und wirtschaftlicher Fragen wird, abgesehen von der bloßen Berichterstattung über wichtige Tages- und Zeitereignisse, den Zeitungen allerseits als ihr natürliches Recht zugestanden; aber dem Feuilleton, das auch das geistige Leben im engeren Sinn des Wortes in den Kreis der Zeitungs erörterungen zieht, sind viele Leute gram und werfen ihm allerlei Sünden und Schädlichkeiten vor. Es soll die Leute von ernster Lektüre und strenger geistiger Arbeit abhalten, sie zu dem trüge rischen Glauben an ihre Urteilsfähigkeit auf den verschiedensten Gebieten verleiten, ohne daß die Wirklichkeit diesem Schein ent spräche. und was derartiger nicht selten gehörter Ausstellungen mehr sind. Es mag dahingestellt bleiben, ob solche Vorwürfe in allen Fällen unzutreffend sind; sicher aber ist, daß das Feuilleton, das den Leser nicht ebenso innerlich zu bereichern sucht wie jedes sonstige gute Literaturerzeugnis, eine Ausartung darstellt, die im Wesen des Feuilletons an sich nicht begründet ist und die zu er kennen dem such nur einigermaßen geschulten Geiste sofort möglich ist. Jedenfalls aber beweisen diese Vorwürfe eins: daß nämlich das Feuilleton vom ganzen Inhalt der Zeitungen der Literatur im höheren und eigentlichen Sinne des Wortes am nächsten steht, sich am engsten mit ihr berührt, was schon äußerlich dadurch be zeugt wird, daß eine große Anzahl von Schriftstellern, die der Literatur im höheren Sinne des Wortes angehören, ja zum Teil ihren höchsten Spitzen zugerechnet werden müssen, dem Dienst des Feuilletons teils vorübergehend, teils ihr ganzes Leben hindurch ihre Kraft gewidmet haben. Aus diesem Grunde kann eine Ge schichte der Literatur der neueren Zeit, wenigstens in den Ländern des europäisch-angelsächsischen Kulturkreises, gar nicht mehr ohne Berücksichtigung des Feuilletons geschrieben werden, und darum ist es auch ein Stück Literaturgeschichte, was uns Tony Kellen, der bekannte Forscher auf zeitungsgeschichtlichem Gebiet und be liebte Mitarbeiter dieses Blattes, mit seiner hier vorliegenden, bei kleinem Umfang ungemein inhaltvollen Studie bietet. Der Verfasser hat seiner Arbeit natürlich keine willkürlich enge Bestimmung des Begriffs »Feuilleton« zugrunde gelegt, sondern in seine Darstellung alles das einbegriffen, was tatsächlich und geschichtlich als Feuilleton bezeichnet wird, also sowohl die in Essayform gehaltene Kritik, namentlich die Kritik literarischen Inhalts, die mindestens zum Teil als der Ursprung des heutigen Feuilletons betrachtet werden muß, wie auch den Zeitungs- Fachpublikum wenden und in denen der Persönlichkeit des Verfassers weiterer Spielraum gegeben ist als bei der streng methodischen Abhandlung, verstehen will. In diesem Sinne ist die Sache »Feuilleton« weit älter als das Wort, das bekannt lich »Blättchen« bedeutet und nach dem Ausweis von Campes bekanntem Wörterbuch erst etwa um 1810 in unsere Sprache aus genommen worden ist. Vielleicht als das früheste Zeitungsfeuilleton im heutigen Sinne des Wortes läßt sich die aus einzelnen aktuellen Gedichten bestehende »Oaastts burle^us« bezeichnen, die um die Mitte des siebzehnten Jahrhunderts Jean Loret in Paris teils handschrift lich, teils gedruckt in der vornehmen Pariser Gesellschaft ver breitete und später unter dem Titel »Nu8s tnstioriyus« in Buch- form erscheinen ließ. Diese Gedichte waren der Ursprung der »Chroniken« und regelmäßigen Plaudereien über Tagesereignisse, die heute in der französischen wie sonstigen Presse allgemein ein geführt sind. Lorets Versuch wurde von verschiedenen anderen fortgesetzt; einer dieser Fortsetzer, Lagrete de Mayolas, ist be sonders dadurch bemerkenswert, daß das von ihm von 1672—1676 herausgegebene Blatt »1-6t.t.rs8 sn vei3 et: on prc>3s, ä6äi663 au Uoi« das erste Beispiel eines Zeitungsromans enthielt, nämlich einen Briefwechsel zwischen zwei Verliebten, die sich nach jahre langem Harren selbstverständlich schließlich »kriegten«. In Frank- reich wurde auch das erste Organ für wissenschaftliche und lite- dann von 1742 ab monatlich erscheinende »lourna-l cl68 8avant3«, dessen Absicht, Bücher öffentlich zu beurteilen, nebenbei gesagt, im Anfang die Helle Empörung der Schriftstellerwelt hervorrief; diese brachte es sogar, als das »lourno.1 cl 8 8avant.3« 1701 in drückt wurden! Ungeachtet dieser Widerstände hat sich das kritische Feuilleton in Frankreich wie in anderen Ländern durch gesetzt und sich zahlreiche Organe geschaffen. In Deutschland knüpft die ernste literarische Zeitungskritik an die Namen Christian Wernickes (1661—1725) in Hamburg und des Leipziger Professors Otto Mencken an, der von 1682 an die »Hota. sruäitorum« heraus gab, ferner vor allem an Thomasius' »Monatsgespräche«, die freilich gerade der schönen Literatur kein hervorragendes Interesse entgegenbrachten. Anders war dies bei Friedrich Nicolai (1733— 1811), dem Herausgeber der »Bibliothek der schönen Wissen schaften und der freien Künste«, der »Briefe die neueste Literatur betreffend« und der »Allgemeinen deutschen Bibliothek«, welche Zeitschriften unzweifelhaft in hohem Maße anregend und fördernd auf die allgemeine Geschmacksbildung einwirkten, aber doch in folge der platten Nüchternheit und Verständigkeit, mit der Nicolai alle Fragen der Kunst und Literatur betrachtete, nicht mit Un recht dem Spott der jungen Generation anheimfielen. Erwähnen wir dann noch die von CH. G. Schütz gegründete »Allgemeine Literaturzeitung« (1785—1804 in Jena, von da bis 1849 in Halle), die »Jenaische Literaturzeitung«, die Eichstädt von 1804 ab heraus gab, Wielands »Teutschen Merkur« (seit 1773) und das »Athe näum« der Brüder Schlegel (1798—1800), so haben wir die wich tigsten kritisch-essayistischen Literaturorgane unserer klassischen wie auch der beginnenden romantischen Literaturepoche erwähnt, die heute nicht nur in eigenen Literaturblättern, sondern eben auch im Feuilleton der großen Zeitungen ihre Nachfolge gefunden haben. Besonders bedeutungsvoll wurden für die Entwicklung zum heutigen Feuilleton auch die zuerst in England entstandenen, wesentlich belehrend gehaltenen »Moralischen Wochenschriften«, als deren erste Daniel Defoes berühmte, im Gefängnis heraus gegebene »lioview« (1704) anzusehen ist und die dann mit Steele- Addisons »1'at.ltzl« (1709), »8peetkl.tol« (1711) und »6uaicli3.n« (1714) zum ersten Male zu einer Macht wurden und in England wie in Deutschland zahlreiche Nachahmungen fanden. Im deutschen Geistesgebiet sind davon hauptsächlich die 1721—1723 in Zürich erschienenen »Discourse der Mahler«, der Hamburger »Vernünftler« (1713), Gottscheds »Vernünftige Tadlerinnen« (1726 und 1726), des Wieners Joseph von Sonnenfels »Mann ohne Vorurteil« (1765 —1767) und die von Gedicke und Biester herausgegebene »Berli nische Monatsschrift« (1783—1811) zu erwähnen. Dennoch waren alle diese Zeitschriften nur Vorläufer des heutigen Zeitungs feuilletons; dieses selbst aber entstand in genau bestimmbarer Zeit, nämlich etwa um 1800 und natürlich in Paris, als nämlich die Gebrüder Berlin dem von ihnen im Jahre 1799 erworbenen »lournul ckes v6bat.8«, genauer gesprochen dessen Ausgabe in Folio format, ein unten angehängtes »Feuilleton« beigaben, das der aus Rennes stammende Julien Louis Geoffroy (1743—1841) durch kurze Theaternachrichten und sonstige Notizen, kleine Gedichte, Rätsel, aber auch durch Referate und interessante Artikel aus den Sinne des Wortes zu machen verstand. Geoffroy darf deshalb auch als der eigentliche Vater des heutigen Zeitungsfeuilletons be trachtet werden, und daß seine Arbeit für das Blatt nicht unver dienstlich war, geht schon daraus hervor, daß es das »lournal ä63 Debets« zu der unter dem Kaiserreich unerhört hohen Zahl von 32000 Abonnenten brachte, während selbst die »Odette äe Uranos«
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