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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 01.12.1909
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1909-12-01
- Erscheinungsdatum
- 01.12.1909
- Sprache
- Deutsch
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14922 Bdr>cnblatt f. v. Dtschn. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. 279, 1. Dezember ISliS, die strengen Bedingungen für die Aufnahme eines neuen Mitgliedes in de» Börsenverein, insbesondere durch das Erfordernis der Zugehörigkeit zu einem vom Börsenverein anerkannten, buch- händlerischen Interessen gewidmete» Verein und das feierliche Versprechen, sich unbedingt den Satzungen des Börsenvereins, sowie den satzungsgemäßen Beschlüssen der Hauptversammlung und des Vorstandes zu unterwerfen, von vornherein gewisse Garantien geboten, daß der dem Börsenverein angehörige Sortimenter von dem nötigen Standesbewußtsein erfüllt ist und nicht so leicht eine Handlung begehen wird, die gegen die Grundsätze des buch händlerischen Anstandes und Ehrgefühls verstößt. Ist der Verleger dennoch der Ansicht, daß im einzelnen Fall eine Verletzung dieser Grundsätze vorliege, so mag er den in den Satzungen vor geschriebenen Weg des Ausschließungsverfahrens betreten und den Verein darüber beschließen lassen, ob der Sortimenter auch in Zukunft noch würdig sei, ihm als Mitglied anzugehören. Keines falls darf er den Ankläger und Richter in einer Person spielen, indem er etwa aus eigene Faust ei» Untersuchungsversahren gegen den Sortimenter einleitet, sich auf vielleicht höchst anfechtbare Weise Beweismaterial zu verschaffen sucht und dann, ohne den Gegner gehört zu haben, durch Abbruch der geschäftlichen Beziehungen und Sperrung des Kontos das Verdammungsurteil ausspricht, Ein solches Versahren würde zudem einen kaum geringeren Verstoß gegen den genossenschaftlichen Geist, den die Satzungen des Börsenvereins in den Vordergrund stellen, in sich schließen, als die Weigerung, eine gewünschte Geschäftsverbindung erst an zuknüpfen, Glaubt der Verleger, daß seinen Interessen durch Anrufung der Hülfe des Vereins nicht Genüge geschehe, so bleibt ihm nichts anderes übrig, als sich entweder hierbei zu bescheiden oder aus dem Verein auszutreten. Solange er aber dem Verein angehört, muß er sich nach dem Verein richten. Legt man die vorstehenden Erwägungen zu Grunde, so ergibt sich für die Beurteilung des zur Entscheidung stehenden Falles folgendes. Die Klägerin hat in ihrer Eigenschaft als Mitglied des Börsenvereins das Recht, von der Beklagten die Lieferung ihrer Verlagswerke zu de» üblichen Bedingungen in dem Umsange zu beanspruchen, als sie deren zum Betriebe ihres Geschäfts benötigt. Die Beklagte hat nicht das Recht, der Klägerin unter Abbruch der bisherigen Geschäftsverbindung die Lieferung ihrer Verlagswerke mit der Begründung, daß sie sich der geflissentlichen Schleuderei schuldig gemacht habe und noch mache, zu verweigern und Bar- sortimentern die Abgabe ihrer Verlagswerke an die Klägerin zu untersagen. Sie darf auch nicht bedingt, nämlich für den Fall, daß ihr keine »wirklichen Garantien« gegen die Schleuderei gewährt würden, die Lieserungssperre über die Klägerin verhängen. Denn in der Erfüllung dieser Bedingung würde das Zugeständnis der Klägerin liegen, daß sie sich bisher der Schleuderei schuldig gemacht habe. Es kommt sür die Beantwortung der Frage, ob das von der Beklagten gegenüber der Klägerin eingeschlagene Verfahren niit der Stellung der Parteien als Vereinsgenossen zu einander ver einbar sei, gar nicht in erster Linie darauf an, ob sich die Klägerin der geflissentlichen Schleuderei schuldig gemacht hat, sondern darauf, ob der Verein sie für schuldig befunden und hieraus die Schlußfolgerung gezogen hat, daß sie nicht mehr würdig sei, der Genossenschaft anzugehören, also ihre Ausschließung beschlossen hat. Aus diesem Grunde konnten die von der Beklagten sür das Vorliegen einer geflissentlichen Schleuderei der Klägerin angebotenen Beweise unerhoben bleiben. Daß der Klägerin durch die Lieserungsjperre der Beklagten ein erheblicher Schaden erwachsen ist, bedarf bei dem äußerst regen Geschäftsverkehr, in dem die Parteien bis zum Abbruch der Beziehungen durch den Brief der Beklagten vom 16, März 1905 gestanden haben, keiner näheren Ausführung, Die Beklagte kann auch die Klägerin nicht darauf verweisen, daß diese doch immer noch in der Lage sei, sich die Verlagswerke von anderen Sorti mentern zu verschaffe», da hierdurch zwar möglicherweise ver hütet werden kann, daß Kunden der Klägerin deshalb von ihr weggehe», weil sie die bestellten Verlagsartikel der Beklagten von ihr nicht geliefert erhalten, aber doch jedenfalls der Klägerin die Möglichkeit entzogen wird, durch Inanspruchnahme des Buchhändler- rabaits (Zahlung des Nettopreises an den Verleger) den üblichen Geschästsgewinn zu machen. Gleichwohl kann die Klage, soweit sie auf Schadenersatz in Gestalt der Leistung einer Geldentschädigung gerichtet bezw, noch ausrechterhalten ist (Klagantrag unter 2), nicht für begründet erachtet werden. Die Schadenersatzpflicht der Beklagten würde zur Voraussetzung haben, daß sie schuldhafter Weise — sei es vor sätzlich, sei es fahrlässig — ihre Lieferungspflicht der Klägerin gegenüber nicht erfüllt habe (A 276 BGB,), Eine solche schuld hafte Verletzung ihrer Vertragspflichten läßt sich aber nach Lage der Sache nicht seststellen. Bei vertragsmäßigen Verbindlichkeiten besteht der Vorsatz in dem Bewußtsein des Verpflichteten, daß sein Handeln oder Unterlassen der bestehenden Verpflichtung zuwiderläuft, daß der Erfolg seines Verhaltens die Nichterfüllung der Verpflichtung ist. Der Vorsatz schließt demnach begrifflich die Kenntnis des Verpflichteten vom Bestehen seiner Verpflichtung in sich (vgl, Planck, BGB, 2, Ausl,, I Vorbemerkungen S, 37 i, V, m. Anm, 2, 5 zu A 278, Staudinger 8/4, Ausl, Anm, I zu Z 276), Davon kann hier keine Rede sein, vielmehr ist der Beklagten ohne weiteres zu glauben, daß sie auch jetzt noch der Überzeugung ist, zu einer Lieferung ihres Verlags an die Klägerin nicht verpflichtet zu sein, Ihre Verteiligung gegenüber der Klage stützt sich ja in erster Linie darauf, daß es dem Verleger jederzeit sreistehe, jedem Sortimenter oder andern Buchhändler die Lieferung zu sperren, gleichviel ob der andre Teil dem Börsenverein als Mitglied angehöit oder nicht (vgl, den Tatbestand des oberlandes gerichtlichen Urteils S, 4 oben II Bl. 311b), Aber auch eine Fahrlässigkeit der Beklagte», d, h, eine aus nicht entschuldbarem Irrtum beruhende Unkenntnis ihrer Lieferungspflicht ist nicht dar getan, Es ist zu berücksichtigen, daß die Frage der Lieserungs pflicht des Verlegers gegenüber einem gleich ihm dem Börsenverein Deutscher Buchhändler angehörenden Sortimenter eine der um strittensten Fragen ist und daß über diese Streitfrage hervorragende Autoritäten auf juristischem Gebiet, wie die beiderseits von den Parteien überreichten und sich direkt widersprechenden Privat gutachten beweisen, zu ganz verschiedenen Ergebnisse» gelangen. Dazu kommt, daß bereits zwei Gerichte, die 3, Kammer sür Handelssachen beini Landgericht Leipzig und der 4, Senat des Oberlandesgerichts Dresden, insofern der Beklagten Recht gegeben haben, als sie übereinstimmend annehmen, sie habe gegründeten Verdacht gehabt, daß die Klägerin schleudere, und habe aus diesen! Grunde die Geschäftsverbindung mit der Ktägerin abbrechen dürfen (vgl, das landgerichtliche Urteil I Bl, 244b und das obcrlandes- gerichtliche II Bl, 316b, 318b, 19-r S, 14, 18, IS), Da hiernach der Beklagten ein subjektives Verschulden nicht nachzuweisen ist, muß die Annahme, die Beklagte habe der Klägerin in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise vorsätzlich Schaden zugefügt (Z 826 BGB,) erst recht als un haltbar zurückgewiesen werden. Auch die Anwendung des tz 823 Abs, 1 BGB, würde nur im Falle der Bejahung der Schuld srage in Betracht kommen können. Der von der Klägerin geltend gemachte Schadenersatzanspruch kann daher auch aus dem Gesichts punkt der unerlaubten Handlung nicht als begründet anerkannt werden. Demzufolge war die Klage, soweit sie auf Schadenersatz gerichtet, ist als unbegründet abzuweisen. Die Klage ist dagegen begründet, soweit die Aufhebung der von der Beklagten verhängten Lieserungssperre verlangt wird (Klagantrag unter 3), Nach dem Dargclegten stellt sich die Lieserungssperre als ein objektiv widerrechtlicher Eingriff in die Rcchtssphäre der Klägerin dar. Diese wird, solange die Lieferungs sperre sortdauert, in der Ausübung ihres selbständigen Gewerbe betriebes erheblich beeinträchtigt. Sie ist daher, gleichviel ob die Beklagte ein Verschulden trifft oder nicht, berechtigt, die
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