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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 09.12.1909
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1909-12-09
- Erscheinungsdatum
- 09.12.1909
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- Deutsch
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- Saxonica
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28«, 9. Dezember 1909. Nichtamtlicher Teil, Börsenblatt s. b. Drschn. Buchhandel. 15331 Nichtamtlicher Teil. Buchhandel und Hansabund. Vortrag, gehalten im Berliner Sortimenterverein von R. L. Prager. Das heftige Fiir und Wider den Hansabund, die Frage, ob der Buchhandel, seine einzelnen Vereine oder die ein zelnen Buchhändler sich ihm anschließen sollen oder nicht, hat nunmehr einer ruhigeren Erwägung Platz gemacht. Da scheint es an der Zeit, noch einmal sich darüber klar zu werden: was will der Hansabund, sind seine Ziele zu unter stützen oder nicht? Um aber eine Entscheidung treffen zu können, um Klarheit zu schaffen, ob die Ziele des Hansa bundes politische sind oder wirtschaftliche, erscheint es ge raten, die Umstände, die zu seiner Gründung geführt haben, etwas näher zu beleuchten. Das deutsche Volk hat an den Finanzen des Deutschen Reichs bisher wenig Freude gehabt. Die Grundlage für diese Finanzen beruhte von vornherein auf fremden Mitteln, nämlich auf den sogenannten Matrikularabgaben der einzelnen Staaten. Sonstigen werbenden Besitz hat das Deutsche Reich gar nicht, wie es z. B. der preußische Staat in seinen Eisenbahnen, seinen Kohlengruben usw. besitzt. Dadurch waren von vornherein die Grundlagen sehr schwankende, und wenn auch die Einnahmen wuchsen durch den zu nehmenden Wohlstand des Volkes, so wuchsen doch die Ausgaben noch mehr. Die Wehrhaftigkeit des Reichs sollte und mußte auf alle Fälle gesichert werden, die unglückliche Sucht der einzelnen Staaten Europas, es einander in Rüstungen zuvorzutun, konnte auch in Deutschland nicht un beachtet bleiben. Dazu kamen die sozialpolitischen Verpflich tungen, die das Reich auf sich genommen hatte, Erhöhung der Bezüge der Beamten und vieles mehr. Es erschien unmöglich, alle diese Bedürfnisse durch Steuern decken zu lassen, um so mehr, als namentlich die kleineren Staaten Deutschlands schon genug mit sich zu tun hatten und es ihnen sowieso schon recht schwer fiel, ihre Finanzen im Gleichgewicht zu erhalten. Da war es nur natürlich, daß Volksvertretung und Regierung zu dem Mittel des Schulden- machens griffen, um so mehr, als dieses Mittel ja vorläufig ungefährlich erschien und damals kaum jemand annahm, daß die Schulden zu einer solchen Höhe anwachsen würden, wie sie tatsächlich angewachsen sind, und daß allein durch die Zinsen die Mittel des Reichs in ganz unerhörter Weise in Anspruch genommen werden würden. So wurde ganz munter geborgt und immer wieder geborgt, bis die Zinsen eine Höhe erreichten, die zu ernsten Bedenken Veranlassung geben mußte. Das Reich hat heute 2l5,6 Millionen jährlich an Zinsen zu zahlen, und man braucht bloß diese Summe zu nennen, um die allerschwerstenBedenken gerechtfertigt zu staden. An eine Rückzahlung dieser Schulden konnte unter solchen Um ständen nicht gedacht werden. Was kein guter Hausvater in seinem Haus und Geschäft als richtig betrachten würde, betrachteten die Volksvertretung und die Regierung wohl als ein Übel, aber als ein unvermeidliches. Es konnte nicht fehlen, daß sich Stimmen fanden, und dieser Stimmen wurden immer mehr, die aussprachen, daß eine solche Wirtschaft unmöglich zu einem guten Ende führen könne. Man mutzte sparen und vor allen Dingen daran denken, eine Schuldentilgung vorzunehmen, wollte man nicht durch die Zahlung der Zinsen aufgefressen werden. Diese Überzeugung hatte sich nach und nach so dem ganzen deutschen Volk mitgetcilt, daß alle, ohne Rück sicht auf die Zugehörigkeit zu einer Partei, den Ruf nach einer Finanzreform erhoben. Jedermann wußte, daß eine solche Finanzreform nicht zu ermöglichen sei ohne Opfer seitens des Volkes, d. h. ohne eine Steuererhöhung, von der jeder seinen Teil zu übernehmen bereit sein mußte. Diese Steuerreform wurde eingeleitet. Freilich zeigte es sich sehr bald, daß es leichter sei, einen solchen Wunsch auszusprechen, als ihn zu erfüllen und dabei doch die schwächeren Kräfte zu schonen. Eine Finanzreform ist nun durch die dritte Lesung des Reichstags am 9. und 10. Juli d. I. beschlossen worden, und der Bundesrat hat am 12. Juli dem Gesetz entwurf zugestimmt. Ich übergehe die einzelnen Phasen dieses Kampfes um die Reichsfinanzreform, deren Ergebnis eine Mehrbelastung des deutschen Volkes um 500 Millionen Mark ist, welche Belastung sich aber dadurch erheblich höher stellt, daß die indirekten Steuern, die in dieser sogenannten Finanzreform enthalten sind, bei ihrer Abwälzung auf den Verbraucher noch zum Teil einen Zuschlag von 50»/« erreichen werden, so daß also die Be lastung auf etwa »st Milliarde zu schätzen ist. So einmütig das gesamte Volk eine Finanzresorm er sehnt hatte, ebenso einmütig war das Volk in der Ver urteilung der Form, in welcher die sogenannte Finanzreform ihm geboten wurde. Abgesehen davon, daß die neuen Steuern in ganz unverhälinismäßiger Weise den Mittelstand und die ärmeren Volksklassen bedrücken, erscheint der Zweck der Auflage, die Finanzen des Reiches zu reformieren, bzw. sie auf gesunde Grundlagen zu stellen, vollständig ver fehlt. Der Ertrag der Steuern, der ohnehin höchst wahrscheinlich durch die Einschränkungen, die jeder einzelne sich aufzuerlegen genötigt ist, erheblich unter dem Anschläge bleiben wird, wird lediglich wieder für die Be dürfnisse des Reichs gebraucht, nicht aber zur Verminderung der Schuldenlast und zur Schaffung gesunder Finanzen. Wie stark die einzelnen Steuern gerade auf den Mittel stand drücken, kann jeder, der es nicht selbst weiß, bei seiner Frau erfahren, die alle Bedürfnisse des Haus halts infolge der durch die erhöhten Auflagen eingetretenen Teuerung aller Lebensmittel doppelt und dreifach bezahlen muß. Aber nicht nur im Haushalt machen sich diese er höhten Ausgaben bemerkbar, im Geschäftsbetrieb ebenso. Steuern wie die auf Beleuchtungsmittel, aus Schecks, die Erhöhung des Mietstempels erhöhen die Ausgaben des Geschäftsbetriebs, abgesehen davon, daß die Einnahmen infolge der Einschränkung, die die erhöhten Kosten der Lebenshaltung jedem einzelnen auferlegen, kaum imstande sein werden, die Mehrausgaben auszugleichen. Die endlich wenigstens zum großen Teil durchgeführte Verbesserung der Beamtengehältsr ist ein Schlag ins W isser gewesen. Die erhöhten Ausgaben sür die Lebenshaltung werden in vielen Fällen größer sein als die Gehaltserhöhung, die die einzelne Beamtenkategorie erhalten hat. Nicht lange wird es dauern, daß auch die Arbeiter versuchen werden, ihre Löhne zu steigern, und so treibt ein Keil den andern, der hauptsächlich Leidtragende ist der kleine und mittlere Handwerker und Geschäftsmann, der weder seinen Umsatz erheblich ausdehnen kann, namentlich unter den gegenwärtigen Verhältnissen, noch auch eine Aussicht hat, von Staats- oder Gemeindc- wegen seine Einnahmen erhöht zu sehen. Daß ein Schrei der Empörung sich im ganzen deutschen Volk über die sogenannte Finanzreform erhob, ist nach diesen Darlegungen nicht zu verwundern. Ich glaube sogar sagen zu können, daß auch den eigentlichen Veranstaltern nicht ganz wohl bei der Sache war. Dies zeigt das Bestreben der Parteiführer, ihre Tätigkeit vor ihren Parteimitgliedern zu erklären und zu entschuldigen. Die politischen Parteien 1988»
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