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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 13.12.1909
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1909-12-13
- Erscheinungsdatum
- 13.12.1909
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
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.4/ 289. 13. Dezember 1909. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. 15507 Wald in prächtigstem Schmucke prangen! Wie verändert sich das I Bild auf einmal, wenn sich vor die Sonne Wolken schieben, zu nächst prächtige schneeweiße Gebilde, die einzeln oder in Gruppen am blauen Himmel dahinziehen und auf den Fluren geheimnis volle Schatten erzeugen. Wie jauchzt unsere Seele, wenn nun die Sonne wieder sieghaft in vollstem Glanze die Landschaft über strahlt und die Schatten weiterziehen, bis das Spiel des Lichts sich in immer wechselnder Form wiederholt! Nun ballen sich die Segler der Lüfte enger zusammen, hie und da kleine Sonnen blicke durchlassend, die manchmal nur einen kleinen Fleck in einer großen Landschaft beleuchten. Allmählich schließen sich auch die kleinsten Lücken, und die Sonne ist für heute unseren Blicken ent schwunden. Aber das Licht bleibt bis zum Abend, fortwährend wechselnd, ein unruhiger Gast auf den prangenden Gefilden, Was ist das? Am fernen Horizont steigt ein Gewitter auf, dunkle, bleigraue Wolken ziehen drohend herauf, sie geben allmählich der Landschaft ein düsteres Gepräge, unheilschwangere Lust umgibt uns, da zuckt auch schon der erste Blitz in die Landschaft, die sich uns jetzt in einem giftigen Grün zeigt. Lautes Krachen des Donners und Beben des Bodens, auf dem wir stehen, gemahnt uns, daß wir uns den großen und unfaß baren Naturgewalten gegenüber befinden, die ohne Wahl jederzeit uns vernichten können. Die Seele wird tief erschüttert, wir fühlen uns in unserer ganzen Kleinheit. Nun prasselt unendlicher Regen hernieder, der unsere Stimmung noch mehr verdüstert. Alles erscheint jetzt grau in grau, unser vorher so schönes Landschaftsbild in ein trauriges Gewand kleidend. Nach und nach verändert sich das Bild, liebliche Umriffe erscheinen, Farben tauchen nunmehr satt und frisch hervor, der Regen hat gewissermaßen alles überlackiert. Jetzt dringt das Licht wieder stärker durch die Wolkendecke, das Gewitter ist vorbei, wir atmen in vollen Zügen die herrlichste Luft, und unser Auge kann sich nicht satt sehen an der üppigen Farbenpracht. Nun zieht der Abend herauf, geheimnisvolles Dämmerlicht umfließt alles, und wie ein schöner Traum versinkt vor unseren trunkenen Augen das liebliche Bild. »So erweist sich wohl Natur, — Künstlerblick vernimmt es nur!« Was ist nun Künstlerblick? Was ist künstlerisches Sehen in der Natur? Der Künstlerblick ist niemand angeboren, wohl aber die Veranlagung dazu. Die Natur selbst ist ja die größte Künstlerin, sie hat den Sinn für das Schöne in uns hineingepflanzt. Es ist Sache der Erziehung, ihn zu wecken, und der Erfahrung, ihn weiterzubilden. Da nun jeder Mensch das Produkt seiner Er ziehung und Erfahrung ist, erzeugt auf dem Boden seiner durch Vererbung übernommenen Seele, so erklärt es sich, daß die Seelen kaleidoskopartig verschieden sind und jeder aus einem anderen Seelenmilieu heraus die Welt ansieht. Wer hiervon überzeugt ist, muß mit Bezug auf seine Meinung bescheiden werden und sich daran gewöhnen, daß seine Meinung nicht die einzig richtige ist. Hieraus resultiert dann die für den harmonischen Verkehr der Menschen untereinander so nötige Toleranz und Achtung vor des anderen Ansicht, und hier finden wir auch den Schlüssel zu unserer Frage: »Was ist künstlerisches Sehen in der Natur?« Die Natur hat uns ausgerüstet mit Schönheitsgefühlen, die wir mehr oder weniger in der Lage sind weiterzubilden. Da kommt uns der Künstler zu Hilfe: seine Seele ist durchtränkt mit der Sehnsucht nach dem Schönen, Wahren, Guten; hinter seinem schönheitsdurstigen Auge steht dieses Sehnen wie ein loderndes Licht, er pflückt sich seine Bilder aus dem Kunstgarten der Natur und gießt in das Geschaute hinein seine ganze Seele und seine ganze Sehnsucht. Hier wird er selbst zum schaffenden Gott. Was er in der Natur sieht und wie er es sieht, genügt ihm noch nicht, er gibt noch etwas aus den Tiefen seiner Sehnsucht hinzu, er will ein Kunstwerk im wahren Sinne des Wortes schaffen. Der echte und wahre Künstler wird in der Darstellung der Natur darum doch wahr bleiben, aber er strebt danach, sie zu idealisieren. Hier kommen wir auf das Gebiet der Farben symphonie. Wie z. B. durch eine Beethovensche Symphonie unsere Seele in eine ganz eigenartige Stimmung versetzt wird, so wirkt auch die Farbensymphonie des wahren Künstlers ganz eigenartig auf unsere Seele, und zwar, und das ist das Wichtigste, was wir hier ins Auge fassen müssen: »sie wirkt anders, als wenn wir das Naturobjekt, das seine Symphonie verherrlicht, betrachten?«, sie weckt in uns Seelenstimmungen, die wir dem Künstler nach, empfinden, die wir beim Betrachten der Natur nicht fanden, die uns erst durch das Kunstwerk, durch den Künstler beglückt. Dadurch, daß wir nun häufiger solche Kunstwerke betrachten, wird unser Schönhcitsgefühl nach und nach immer mehr idealisiert, und wenn wir dann durch die Natur streifen, wird sie für uns auf dem Grunde unserer Seele immer inhaltsreicher; wir sehen mehr als früher, wir sehen relativer. Letzteres namentlich, wenn wir nicht achtlos an den Erscheinungsformen der Natur Vorbeigehen, sondern bemübt sind, auf Grund der neuesten Forschungen der Natur- Wissenschaft immer mehr in das Wesen der Natur einzudringen, unsere Stellung in der Natur begreifen lernen. Unsere Seele verkettet sich enger mit ihr, und eine unendliche Liebe der Natur durchfließt unser Wesen. Jetzt sind wir auf dem Gipfel des künst lerischen Sehens angelangt, Natur und Kunst vereinigen sich zu den schönsten Bildern. Reproduktionen guter Kunstwerke werden heute durch Zeit schriften, Kunstmappen, Künstlerkarten usw. in so großer Zahl wohlfeil verbreitet, daß die Erziehung zum künstlerischen Sehen in die weitesten Schichten des Volkes eindringt. Der gute Ge schmack bildet sich immer mehr aus, und was das Kunstgewerbe auf diesem Gebiete leistet, namentlich auch durch die Kunst- gewerbeschulen, das brauche ich hier nicht besonders zu betonen, es ist genügend bekannt. Die Erziehung zum künstlerischen Sehen sollte schon in frühester Jugend einsetzen, die Schule sollte sich diesem Gebiete in hohem Maße zuwenden durch Beschaffung reichhaltigsten An schauungsmaterials. Die Gemäldegalerien sollten unter Führung warmherziger Lehrer mit den Schülern durchwandert werden, und das regelmäßige Durchstreifen der Natur, verbunden mit An schauungsunterricht, sollte in den Stundenplan mit ausgenommen werden. Wer die Freude an der Natur erweckt und fördert, wer das Auge zum künstlerischen Sehen erzieht, pflanzt in die Jugend edle Keime und fördert die Freude am Leben Und so lassen wir zum Schlüsse dieser Ausführungen wieder Goethe in Tischbeins Idyllen reden: Was die Alten pfeifen, das wird ein Kind ergreifen; Was die Väter sungen, das zwitschern muntre Jungen. O, möchten sie zum Schönen sich früh und früh gewöhnen! Wir kommen nun zur Photographie in natürlichen Farben, die uns die Natur mit all ihren Reizen, die durch Form und Farbe sich darbieten, wiedergibt. Es ist dies die Erfindung der Gebrüder Lumiere in Lyon, die sich inzwischen kräftig weiter vervollkommnet hat und von all den vielen anderweitigen Versuchen, die Natur in ihren Farben wiederzugeben, bis heute auch nicht annähernd erreicht wurde. Deshalb wollen wir hier auch nur von diesem Verfahren reden, ich werde mich in der Erklärung des Prinzips ziemlich kurz fassen. Den Schlüssel zu der Lumiereschen Erfindung finden wir im menschlichen Auge; hier hat die Natur, die größte Erfinderin, den Weg gewiesen. Betrachten wir einmal kurz das menschliche Auge. Es beruht auf dem Prinzip der Oamsra obsoura. Hier machen es die Anordnung der brechenden Medien und ihre Be ziehungen zur Pupille möglich, daß nicht nur die in der Rich tungslinie des Auges liegenden Objekte, sondern auch ein Teil der daneben liegenden auf der in Form einer Kugelschale aus- gebreiteten Netzhaut sich abbilden. Die Gesamtheit dieser Ein drücke bildet das Gesichtsfeld des Auges. Die Netzhaut, eine Ausbreitung des Sehnerven, der auf der Rückwand ins Auge, etwas von der Seite, eintritt und mit dem Gehirn in Verbindung steht. Die äußerste Schicht der Netzhaut ist von palisadenartig dicht nebeneinanderstehenden, äußerst feinen Stäbchen und Zapfen besetzt. Die Stäbchen und Zapfen sind als die eigent lichen Endorgane des Sehnerven, als die lichtempfindlichen Elemente des Auges zu betrachten und bilden mit ihren in einer dunkel gefärbten Schicht wurzelnden Fußenden ein zierliches Mosaik. Diese feinen Stäbchen und Zapfen, von denen viele Tausend auf einen Quadratmillimeter gehen, haben die Eigenschaft, das auf ihnen ruhende bunte Bild an seinem jeweiligen kleinsten Pünktchen daraufhin zu untersuchen, was von den drei Grundfarben, aus denen sich alle Farben mischen lassen, enthalten ist. Die Stäbchen und Zapfen bestehen also aus drei i Sorten, von denen die erste die roten, die zweite die gelben und 2009*
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