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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 26.03.1923
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- 1923-03-26
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- 26.03.1923
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72, 26. März 1923. Redaktioneller Teil. «»UnNN-U,. d. Dttchn. vachk-w-k. Kleine Mitteilungen. Poststreik in Österreich. — Wie uns der Verein der österreichischen Buch-, Kunst- und Musikalienhändler telegraphisch mitteilt, ist in Öster reich ein Poststreik aungebrochen (passive Resistenz), der die öster reichischen Buchhändler daran verhindert, Postsendungen zu expedieren. Der reichsdeutsche Buchhandel wird gebeten, hierauf Rücksicht zu nehmen. Die Schulbüchrrnot. — Die Stadtverordnetenversammlung in Ber lin hat sich kürzlich erneut mit der Frage der Schulbllchcrnot beschäftigt. Am 7. September vorigen Jahres hatte» die Kommunisten unter Be zugnahme aus die ungeheure Teuerung der Schulbücher den Antrag cin- gebracht, den Magistrat zu ersuchen, »sofort eine Zentralstelle für Beschaf fung und Verteilung von Lehr- und Lernmitteln einznrichteu, um die ver fassungsmässig geforderte Belieferung der Gemeinde- und Fortbil dungsschulen mit Lernmitteln endlich in Angriff zu nehmen«. Der Ausschuß hat am 24. Februar beschlossen, der Versammlung vorzu schlagen, daß der Magistrat ersucht werden soll, i. noch im Laufe deS März eine Vorlage wegen Belieferung der Schulen mit den notwendigsten Lehrmitteln und wegen ^verbilligter Belieferung der Schüler mit Büchern und Lernmitteln zu machen; 2. sofort mit der Einrichtung der Zentralstelle zu beginnen und 3. erneut und sofort Mittel zur Verfügung zu stellen, um Lehr- und Lernmittel schleunigst zur Abgabe an bedürftige Schulkinder zu beschaffen. Oberstadtschul rat Paulsen legte nunmehr dar, daß der Magistrat der Sache dauernd ernsteste Aufmerksamkeit geschenkt und durch Verhandlungen mit den Sortimentern auch einige Zugeständnisse erreicht habe; die Errich tung einer Zentralstelle aber sei nicht von heute auf morgen zu schaffen, sie begegne erheblichen finanziellen und technische» Schwierigkeiten, und schließlich habe auch das Ministerium initzureden; man müsse dem Magistrat Zelt lassen. Von den Ver tretern der linken Parteien wurde ein energischeres Vorgehen ge fordert; dabei fiel sogar der Ausdruck, alle Bedenken würden nur vorgetragcn, »um einer kleinen Erwerbsgruppe die Fortexisteuz zu er möglichen«. Zum Glück sind aber die cnlgegenstehendcn Tatsachen so schwerwiegend, baß alle »schönen Wünsche« daran zerschellen müssen. Immerhin wird der Buchhandel diese Bestrebungen weiter aufmerksam beobachte» müssen. Lchrniittclsreihcit oder Verbilligung der Lehrmittel in Leipzig. — Die Ortsgruppe Leipzig des Netchsbundes deutscher Papier- und Schreibwarenhändler gibt bekannt: Die Frage: Lehrmittelfreiheit oder Verbilligung der Lehrmittel beschäftigt zurzeit die Gedanken aller interessierten Kreise. Die Wei marer Verfassung will die kostenlose Belieferung mit Lehr- und Lern mitteln sllr die Kinder sicherstellcn. Um dies in Leipzig Lnrchzufiih- ren, hat vor etwa zwei Jahren der Verein der Schrcibwarenhäudler dem Rat der Stadt die Einführung eines G u t s ch c t n s y st c m S vor- gcschlagsn. Gedacht war dieser Vorschlag so, daß die Kinder von ihrem Lehrer einen Gutschein über das erhalten, was sie für den Schulbedarf benötigen. Gegen diesen Schein empfangen sic in den in Krage kom menden Handlungen alle Schulartikcl zu ermäßigten Preisen oder srel. Die Abrechnung dieser Scheine crsolgt durch den Verein Leipziger Schreibwarenhändler mit der Stadtkasse. Es soll hier nicht unter sucht werden, wer die Schuld trägt, daß dieser Weg nicht beschritten wurde. Jetzt ist es so wett gekommen, daß der Schulbetrieb in Frag« ge stellt ist. Vielen Eltern ist es nicht mehr möglich, die erforderlichen Summen für Lehrmittel auszubringen. Dem Rat der Stadt wiederum macht es Sorge, wo die Gelder zur Beschaffung oder Herstellung dieser Artikel hergenommen werben sollen. Dem Schrclbwarenhändler ergeht es ähnlich. Er kann sich karnn mit Lehrmitteln zum Handeln eindecken, geschweige denn ein größeres Lager hlnlegen. Scharfe Zahlungsbe dingungen der Lieferanten, von Kredit gar nicht zu reden, Geldknappheit insbesondere sorgen dasllr, daß die Warenrcgale Immer leerer werden. 188 Schreibhefte kosteten vor etwa acht Wochen 14 688 Mark, heute muß man für 38 Hefte denselben Betrag erlegen. Ähnlich wie bei Schreib heften ergeht es dem Händler bei Federn, Bleistiften, Tinte, Zeichen material. Bei Lehr- und Lesebüchern sicht es noch trauriger aus. Im Interesse der Schule und der Ausbildung der Kinder haben die Schreib- warenhändlcr versucht, die Preise niedrig zu halten und oft weit unter Fabrikpreisen verkauft. Im Stadtvcrordnetenkollegium wurde am 14. Februar beschlossen, ben notwendigen Lernmtttelbedarf der Schulen slchcrzustcllen und die notwendige» Lernmittel zu verbilligen. — Die Lehrmittelfreiheit als solche durchzusührcn, hat sich als unmöglich erwiesen, da weder Staat noch Stadt die Mittel hierzu besitzen. Gesichert und verbilligt muß aber werden. Hierzu zeigen die Papier- und Schrclbwarenhändler einen gangbaren Weg. Die Händler bzw. Gewerbetreibenden werfen ihre letzten Gelber und Warenvorräte zusammen, desgleichen tritt das Beschaffungsamt mit seinen Vorräten ein. Auf Genossen- schasts'wege wird im großen bezogen bzw. hergcstellt. Einrich tungen zur raschen Verteilung und Lagerung sind vorhanden. Neue Beamtenstellen brauchen nicht geschaffen zu werden. Für den Fall der Notwendigkeit muß die Stadtspartasse gutsagen oder für kurze Zelt Kredit geben. Die Lchrcrschast übernimmt unentgeltlich die Verteilung der erforderlichen Gutscheine an die Kinder. Im Einvernehmen mit dem Rat der Stadt werden die Abgabepreise ans längere Zeit fcstgclcgt. Ans diese Weise ist eS möglich, den Schulbetrieb aufrechtzuerhalten und den Bedarf bedeutend zu verbilligen. Dieser Vorschlag wirb allen Teilen gerecht, den Verbrauchern, dem Rat der Stadt und de» Gewerbe treibenden. Es handelt sich nicht darum, Prosttinteressen einzelner Händler wahrzunehmen, sondern eine Kulturaufgabe zu erfüllen, an der niemand gleichgültig vorlibergehen kann. Statistisches ans der Deutschen Buchdrucker-Bcrnssgcnosscnschast. — Aus der Statistik bzw. aus dem Geschäftsbericht für das Fahr 1821, der erst kürzlich erschienen ist, was wohl auf die zeitraubende Zujam- meutragung des Materials zurückzufiihren sein dürste, ist zu entnehmen, daß der Genossenschaft im Berichtsjahre 8230 Betriebe angehörten lim Vorjahre 8381). Dagegen stieg die Zahl der versicherten Personen von 185 358 im Vorjahre auf 189 738; die Zunahme beträgt demnach 4488 Personen. Aus der Zunahme der Versicherten läßt sich der Schluß ziehen, daß im Jahre 1921 der Beschäftigungsgrad in den deutschen Bnchdruckereicn kein ungünstiger war, das Jahr 1922 wird aber we niger befriedigend abschliehcn. Die Beitragszahlung, die nur den Ar beitgebern obliegt, erfolgt auf dem Wege des klmlageverfahrens. Im Jahre 1928 betrug die Gesamtumlagc 4,2 Millionen Mark, im Jahre 1921 dagegen 11,9 Millionen Mark. Auf 1086 Mark Arbeitslohn ent fielen im Jahre 1928: 3.28 Mark und im Jahre 1921: 5.48 Mark an Beiträgen. 1921 wurden ermittelt: 5788 Setzmaschinen s542 mehr als 1928), 11 788 Tiegeldruckpressen <545 mehr als 1920), 28 688 Buch druck-Schnellpressen <888 mehr als 1920), 2057 Notatlonsmaschlnen <379 mehr als 1820), 890 Steindruck-Schnellpressen (180 weniger als 1920) und 18174 Schneidemaschinen (121 mehr als 1928). Wie aus dieser kurzen Übersicht hervorgeht, waren die Druckereien im Jahre 1921 lebhaft bemüht, neue Maschinen anzuschafsen, was einerseits wiederum auf einen zufriedenstellenden Geschäftsgang schließen läßt, während andererseits die immer mehr fühlbar werdende Entwertung des Geldes die Veranlassung zur Anschaffung von Sachwerten war. Die Rentenzahlungen und die sonstigen Aufwendungen für die Ver sicherten stiege» mit der Zunahme der Geldentwertung, wie das ja auch bei der Festsetzung der Umlage für das Jahr 1921 der Fall war. ck. Der Allgemeine Deutsche Gewerkschafts-Bund (LV66) zählte nach einer vorläufige» Feststellung an: Schlüsse des vergangenen JahccS 8 877 175 Mitglieder, darunter 1 788 676 weibliche. Der LVOIS. um saßt als Spitzcnorganisaliou die freien Gewerkschaften. Im vierten Vierteljahr hat gegen das dritte eine Zunahme der weiblichen Mit glieder um 8215, dagegen hat eine Abnahme der männliche» Mitglieder nm 81 902 ftallgefnnden. Es ist aber zu berücksichtigen, daß von 7 der 49 Verbände, die dem EOL. allgeschlossen sind, erst dfc Zahlen vom 3. Quartal vorlicgcn und auch sonst ein ganz genauer Abschluß über die Mitgliederzahl noch nicht zu ermöglichen war. Trotzdem ist aus der Entwicklung des Mitgliederstandes zu ersehen, daß ein nennenswerter Zustrom zu den freien Gewerkschaften, wie er sich i» der ersten Zett nach Eintritt der Revolution so auffällig zu erkennen gab, nicht m e h r sta t t s i nd e t. Als damals der Masseneintritt etwas.abgeflaut hafte, war man in Gewerkschaftskrciscu der Ansicht, daß der Zufluß au neuen Mitgliedern nun hauptsächlich auf den junge» Nachwuchs beschränkt sei. Da aber viele »Revolutionsmitglieder« ihrer Organisation wieder de» Rücken gekehrt haben, so wird jetzt in der sozialdemokratischen und freigcwerkschaftlicheu Arbeiterpresse erklärt, daß das AgitatiouSscld zur Gewinnung neuer Mitglieder für eine ganze Reihe von Gewerkschaften noch nicht abgeschlossen sei. Es ist auch zu berücksichtigen, daß »ach der Revolution weniger von einer Koalitions- freiheitals von einem Koalltions zwangdie Rebe sein konnte »nd daß viele Arbeiter »nd Arbeiterinnen sich i» den sozialdemokratisch-frei- gcwerkschaftlichsn Organisationen nicht wohlfiihltc» und später Organi sationen beitraten, die -der Weltanschauung nicht sozialdemokratisch ge sinnter Arbeitnehmer mehr entsprechen, z. B. den christlichen oder de» Hirsch-Dunckerschen Gewerkschaften. Die christlichen Gewerkschaften, die im Deutschen Gewerkschafts-Bund (VOlZ.) zusammeugeschlosscn sind, haben in den letzten Jahren gleichfalls einen sehr beachicus- werten Aufschwung genommen." 381
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