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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 29.11.1886
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1886-11-29
- Erscheinungsdatum
- 29.11.1886
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
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gearteten Einrichtungen des Vertriebs veranlaßt werden; daß min dort auch alle Bücher, welche in der vorgeschlagenen Weise vertrieben werden, hohe Auflagen haben; daß überhaupt mehr Bücher dort produziert werden können und werden, als bei uns, und daß der Wert der dortigen Littcratur, soweit sie von der Produktionskraft des Buchhandels selbst und seinen Vertriebs einrichtungen abhängig ist, und namentlich der Wert der Bücher, die dort zu hohen Auflagen gelangen, den der unsrigen im all gemeinen übersteigt. Da können wir wohl einige Fragezeichen hinsetzen; aber es kann Herrn —l— zugegeben werden, daß das Ansichtsversenden auch seine Schattenseiten hat. Ich gestatte mir ein Beispiel anzuführen. Ein Vetter von mir ist Ingenieur. Sein Buchhändler schickt ihm alle Novitäten seines Fachs aufmerksam zu, das Neueste über Brückenbau und Brückenwagen, Straßenasphaltierung, Eisenbahnschienen,Schrauben dampfer u. s. w. Trotzdem ist er fuchswild wegen dieser An sichtssendungen, denn er hat die Beschränktheit nur Bergwerks- Pumpen zu bauen. In solchem Falle ist es natürlich, daß der Buchhändler anfängt über das Vergebliche der Ansichtssendungen verdrossen zu werden, und ebenso auch die Verleger, von denen der Betreffende alle Bücher über Jngenieurwissenschaft für meinen Vetter verschreibt, und welche dann regelmäßig, ebenso wie der Sortimenter, ihre Bücher zur Ostermesse zurückbckomme», wenn dieser nicht das Unglück gehabt hat zu übersehen, sie zu remit tieren oder zu disponieren. Dann hat er, wenn er von einem charakterfesten Verleger bezogen hatte, zu den vergeblichen Fracht kosten auch noch die Annehmlichkeit, den Wert seines festen Lagers um ein wissenschaftliches Buch bereichert zu haben. Es ist mir auch häufig vorgekommen — die Art des buch händlerischen Vertriebs ist ja eine Quelle stehenden Spottes, dem man als Angehöriger unseres ehrenwerten Standes beim Publikum begegnet —, daß mir gesagt worden ist: »Jeden Schund erhalte ich von einem halben Dutzend Buchhandlungen aus einmal zuge schickt, nur nicht das, wofür ich mich interessieren könnte und würde.« Oder diese Klage kleidet sich etwa so ein, wie es mir vor ein paar Tagen begegnete, daß mir ein Bibliothekar sagte: »Ich habe mich fast geschämt, als ich heute den und den Fach katalog durchblätterte und bemerkte, wie viele Bücher von Be lang, die wir haben müssen, mir im Lause des Jahres ent gangen waren. Unsere Buchhändler haben sie uns natürlich nicht zugeschickt. Die schicken uns vor allem das zu, von dem sie aus Erfahrung wissen, daß wir es nicht nehmen«. Also, das Ansichtsversenden kann freilich ein Unsinn sein, und das ist nichts Neues. Denn es haben schon viele Leute ins Börsenblatt geschrieben, daß es nicht auf das Ob, sondern auf das Wie ankäme. Ja, das ist leicht gesagt, wird man mir entgegenhalten. Es erscheint heutzutage eine solche Unmasse von Litteratur auf allen Gebieten, daß es unmöglich geworden ist, sich darin zurecht zufinden und zu unterscheiden, was gut und was böse ist. Die wahnsinnige Überproduktion, die z. B. nicht einmal gestattet zu erkennen, welches der(!) diesjährige Weihnachtsroman ist, für den man in früheren Jahren so leichte Verwendung hatte, weil er von selbst ging, legt auch den Sortimenter vollständig lahm. Nun, ich kenne noch Sortimenter, die auch aus dem all gemeinen Brei, welcher jetzt alle vernünftige Produktion zu er sticken droht, noch das Wertvolle und mit gutem Bedacht Ge schriebene und Verlegte herauszufinden verstehen, aber ich will zugeben, daß viele Sortimenter von heute nicht mehr die Leute hierzu sind. In der That ist es auch für einen großen Teil der Verleger, wenn nicht für alle, eine wahre Kalamität, daß sie nicht mehr wissen, wie sie ihre Bücher auf den Markt bringen sollen. Was nicht mit Lärm und Geschrei in die Welt gesetzt werden kann, was nicht von selbst geht, was gar gegen die Richtung des Modewinds segelt, das gelangt gar nicht mehr zu der Ehre, zur Ansicht versandt und überhaupt verschrieben zu werden. Man wird bereits gezwungen, sich nach anderen VertricbS- mitteln umzusehen, und vielleicht wird das direkte Einwirken auf das Publikum durch Cirkulare und Inserate in größerem Maß- stabe das einzig mögliche Mittel für die Verleger sein, die nicht dabei stehen bleiben können, den Absatz ihrer Bücher davon ab- hängen zu lassen, ob ein Teil der Sortimenter die Möglichkeit hat und fähig ist zu erkennen, daß gerade ihre Werke vertriebs würdig sind. Ein Mißstand dabei ist nur, daß auch die Ver leger von wertloser Litteratur Inserate und Prospekte in die Zeitungen bringen können, und daß unsre unparteiischen Zeitungen von heute es ihnen ermöglichen, ihre Prospekte mit den wärmsten »Anerkennungen der Presse« zu spicken. Aber es ist noch ein weiterer Mißstand dabei. Kommen denn die Inserate und Prospekte, welche man drucken läßt, überhaupt noch in die Hände des Publikums? Es scheint immer mehr üblich zu werden, daß sie aus den Blättern, welche sie dem Publikum übermitteln sollen, entfernt werden. Der Sortimenter, welcher rechnen kann, wirft sie einfach hinaus oder giebt seinem Kommissionär Auftrag, sie hinauszuwerfen. Das wissen viele Verleger noch gar nicht; aber sie sollten nur einmal zusehen, wenn ihre Remittenden ausgepackt werden, oder die Ballen bei ihren Kommissionären, und sie werden mit Erstaunen bemerken, wie zweckmäßig viele der vergeblich gedruckten Prospekte zur Ver wendung kommen. Die Sortimenter haben aber völlig recht, daß sie die Bei lagen zu den Zeitschriften ihren Beruf verfehlen lassen; es wird nicht mehr lange dauern, daß jeder derselben sich kurzer Hand von diesem Ballast befreit, der ihm allwöchentlich auf seine Kosten in die Ballen und Postpakete gepackt wird, und den er dann größtenteils wieder auf seine Kosten an die Kunden weiter be fördern soll. Ja wären es nur Bücheranzeigen, die seine Ver triebsbemühungen unterstützen könnten, so würde er wohl gern die Frachtkosten an ihn und weiter tragen. Aber das doppelte Porto für die doppelt schweren Zeitschriften (manche findet man ja jetzt kaum mehr aus ihren Jnseratenbeilagen und Prospekt zugaben heraus) zu gunsten der Herren Mey L Edlich, von Kämmerichs Fleischextrakt, Hertzogs Weihnachtsausverkanf, Gottes Segen bei Cohn, Gummiwaren und Sleinbaukästen mit Rand bemerkungen an Fr. A. Perthes und dergleichen Schönheiten mehr zu tragen, unter denen die verschämten Büchertitel kaum mehr zu entdecken sind, ist allerdings viel zugemutet, und es darf ihnen fraglich erscheinen, ob alle unsre Zeitschriften wert sind, durch ein solches Opfer aufrecht erhalten zu werden, wenn sie ohne den Sauerstoff der Inserate eines traurigen Erstickungstodes sterben würden. Ich als Verleger würde mich im Interesse meiner Bücher freuen, wenn es einige hundert Jnseratenzeitungen und Zeitschriften in Deutschland weniger gäbe. Dann würde ich es besser wissen, wie ich meinen Novitäten im Publikum den Boden bereiten könnte. Aber auch abgesehen von dem Hinausgeworfenwerden bleibt es, wenigstens bei den jetzigen Vertriebseinrichtungen, eine schwierige Sache, durch Prospekte und Inserate den Absatz oder eine Steigerung desselben herbeiznführen, abgesehen von Aus nahmefällen, da der erforderliche Kostenaufwand bei den meisten Büchern zu groß wäre. Und wenn es dennoch der einzige Weg bliebe, so müßte überlegt werden, wie es zu machen wäre, ohne die Steuern für den Vertrieb zu erhöhen. Und da wird dem Verleger denn der Gedanke kommen, ob er sich nicht — wenn
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