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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 08.01.1910
- Strukturtyp
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- 1910-01-08
- Erscheinungsdatum
- 08.01.1910
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- Deutsch
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5, 8. Januar 1910. Nichtamtlicher Teil. Trotz dieser erschwerenden Verhältnisse und der völligen Schutzlosigkeit gegen Nachdruck finden wir in jener Zeit doch einzelne sehr ansehnliche Verlegervermögen. Irgendwelche Rechte konnten, wie gesagt, nicht veräußert werden; dagegen spielte die Absatzmöglichkeit des betreffenden Buches beim Verkauf eine Rolle. So verkaufte die Witwe des ersten Didot nach dem Tode ihres Mannes drei, allerdings recht umfang reiche Nachschlagewerke und Wörterbücher für den hohen Preis von 230 000 Frcs. War der Autor selbst Besitzer seines Werkes geblieben, was also ungesähr unserm heutigen Selbstverleger entsprechen würde, so lag der Fall für ihn noch günstiger. Aus dem Verkauf des lateinisch-französischen Wörterbuchs von Boudot, das allerdings in 30 Auflagen er schien, haben dessen Erben die Summe von 48000 Frcs. gezogen. Keins der genannten Werke war gegen Nachdruck geschützt; wenn sie trotzdem so hohe Summen abwerfcn konnten, so liegt das daran, daß die Nachdrucker sich an um fangreiche Werke mit großen Herstellungskosten und lang samem, wenn auch sicherem Absatz nicht heranwagten. Schon damals fehlte es nicht an energischen Klagen von seiten der Autoren Uber die Verleger, denen nicht nur vor geworfen wurde, daß sie Uber die vereinbarte Anzahl hinaus druckten, sondern daß sie auch keine angemessenen Honorare zahlen wollten. »Die Verleger», sagt ein besonders unzu friedener Autor, Guy Patin, »sind ein Fluch für die Schrift steller; der Buchhandel wird ausgeübt von großen Lügnern und Gaunern». Diese Vorwürfe sind ebenso ungerechtfertigt wie unbegründet. Auch im achtzehnten Jahrhundert, wo die Schriftsteller und ihre Werks noch nicht durch so zahlreiche Gesetze wie heute vor Ausbeulung durch Verleger geschützt waren, kamen Freundschaftsverhältnisse zwischen beiden Parteien vor, und mancher Verleger wurde der Vertraute und Testamentsvollstrecker seines Autors. Im allgemeinen hatten es die Verleger bei der da maligen Rechtslage ebenso schwer, wenn nicht schwerer, als die Autoren. Der feste Kauf von Manuskripten, bei dein der Verleger das ganze Risiko allein tragen mußte, kam erst gegen 1850 auf. Wenn der Absatz groß war, wurden auch entsprechende Honorare gezahlt. Für ein Schulbuch erhielt ein Jesuitenpater in Lyon die Summe von 6000 Frcs., also bedeutend mehr, als für die »Houvslle Helolse» jemals bezahlt worden ist. Im Anfang des neunzehnten Jahrhunderts wurden durchschnittlich für Schulbücher etwa 15 Frcs. für den Bogen gezahlt, also für einen Umfang von zwanzig Bogen etwa 800 Frcs., und in unseren Tagen bezieht der Autor eines sehr bekannten Geographiebuches, das allerdings in fast allen französischen Schulen eingesührt ist, schon seit fünsundzwanzig Jahren ein Einkommen von nicht weniger als SO 000 Frcs., jährlich. Das kommt daher, weil seit einigen Jahrzehnten der feste Kauf von Manuskripten, namentlich bei aussichtsreichen Werken, wieder im Abnehmen begriffen ist und der Autor prozentualiter am Gewinn be teiligt wird. Den stärksten Absatz erreichten zweifellos Bücher geistlichen Inhalts. Ein solches, die »Viertes au 8-ünt 8»ersurevt et ä In 8aiute Visrge» von Alphons de Liguori, das zum ersten Male im Jahre 1777 aus dem Italienischen ins Französische übersetzt wurde, erscheint seit 1811 alljähr lich in fünf bis zehn neuen Auflagen, nie unier füns; dieses Buch allein füllt im Katalog der Libliotlrdgue Uatiovale nicht weniger als 80 Kolumnen. In scharfem Gegensatz zu Büchern dieser Art stehen solche streng wissenschaftlichen Inhalts. Wenn ein Gelehrter von Weltruf ein Werk über Mathematik oder Physik schreibt, das in einer Auflage von 2000 Exemplaren gedruckt und abgesetzt wird und 15 Frcs. kosten soll, so erhält der Autor, wenn wir den hohen Satz von 20 Prozent des Ladenpreises annehmen, ein Honorar von 6000 Frcs. Etwas mehr werfen medizinische Unterrichtswerkc ab, aber auch diese wenig, wenn wir bedenken, daß der Autor — immer seine Berühmtheit vorausgesetzt — in der Zeit, die er auf Konsultationen ver wenden würde, bedeutend mehr verdienen könnte, als durch Schreiben seines Werkes. Die reine Wissenschaft ist eben weniger lukrativ als der Feuillctonroman. So groß der Absatz an populären Büchern auch sein mag, so könnte er doch sehr viel größer sein, wenn nicht die Zeitungen und Zeitschriften mit ihrer Masse das Buch geradezu erdrücken würden. Diese bieten, wenigstens in Frank reich, ihren Abnehmern einen Lesestoff, der etwa zwanzigmal größer ist als der aller Bücher zusammengenommen. Nehmen wir von den jährlich erscheinenden 11 000 Büchern, von denen jedes etwa 350 Seiten umfaßt, eine durchschnittliche Auflage von 2500 an, so würde das eine Summe von 27 500 000 Bänden repräsentieren. Eine gewöhnliche Pariser Tageszeitung bietet ihren Lesern einen Stoff, der an Ausdehnung etwa 100 Seiten in einem gewöhnlichen Buchformat umfaßt; in einem Jahre würde das also 36 500 Seiten oder 100 Bände zu je 365 Seiten ausmachen. Wenn also eine Zeitung eine Tages auflage von einer Million druckt (und der Lotit Larision druckt IV» Million), so würde das mehr als 100 000 000 Bände repräsentieren; mit anderen Worten: diese Zeitung allein würde einen Lesestoff bedeuten, der viermal größer wäre als alle im Laufe eines Jahres erscheinenden Bücher zusammengenommen. Wenn die Bevölkerung auch nur den zehnten Teil der Summe, die sie sür Zeitungen ausgibt, in Büchern anlegen würde, so wären das ideale Zustände für uns. Daraus folgt, daß das ertragfähigste Buch dasjenige ist, das sich an die weiten Kreise des Volkes wendet, in erster Linie also der allen verständliche volkstümliche Roma». Victor Hugo starb als siebenfacher Millionär; aber er hatte seinen Reichtum nicht seinem Ruhm als Dichter zu ver danke», sondern dem Umstande, daß seine gemeinverständ lichen Romane mit etwas sozialer Tendenz eine bis dahin ungekannte Verbreitung unter dem Volke fanden. In bezug aus ihr materielles Einkommen waren Dichterheroen wie Goethe und Schiller auffallend bescheiden gegenüber den Houoraransprüchen, die Meister des Feuilletonroinans wie Alexandre Dumas und Eugi-ne Suc sür die Arbeit ihrer Feder stellten. Es ist eben auch im Buchhandel wie anderswo, nicht die Qualität, sondern »die Menge tut es». Durch diese Massenauflagen bei populären Werken hatte der Buchhandel nach und nach seinen ursprünglich rein literarischen Charakter verloren und etwas mehr Kauf männisches und Fabrikmäßiges angenommen; das sehen wir nicht nur bei der französischen, sondern auch bei den in andern Ländern zahlreich entstandenen billigen Kollektionen. Bleiben wir bei den französischen, so ergibt sich heute für Autor und Verleger folgendes Bild: Bis jetzt war für einen guten Autor ein Honorar von 20—25 Prozent vom Laden preis und sogar mehr keine Seltenheit. Bei dem beliebten Einheitspreise von 3 Frcs. 50 Cts. und bei entsprechend hohen Auflagen bildeten diese Honorare also ein beneidens wertes Einkommen. Aber cs zeigte sich, daß jeder dieser Autoren mit dem besten seiner W-rle immer nur eine be stimmte Absatzziffer erreichte, die sich einfach nicht über schreiten ließ. Das brachte unternehmungslustige Ver leger auf den Gedanken, die besten Werke zeitgenössischer Autoren in einer sehr billigen Ausgabe im Preise von 1 Fr. und weniger einem weiten Publikum zugänglich zu machen. Herr Arthl-me Fayard war der erste, der im Jahre 1904 einen Versuch in dieser Richtung unter nahm. Dieser Versuch glückte, und zwar über alles Erwarten gut; es zeigte sich, daß gutgehende Werke, deren Absatz- 32'
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