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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 22.11.1909
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1909-11-22
- Erscheinungsdatum
- 22.11.1909
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- Deutsch
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14356 Börsenblatt f. v. Dtschn. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. 271, 22. November ISOS haar, dessen Locken wie eine Flut lebendiger Gedanken zu beiden Seiten des Halses herniederfließen. Über diesem großen Werke hat man aber den Meister säst vergessen, und nur wenige wissen, welche reiche, ge segnete Kllnstlerlaufbahn er vollendet hat. Nur in großen Zügen sei an der Hand von Spemanns Werk dieses Leben gezeichnet. Danneker ist aus einfachen, ja ärmlichen Verhältnissen hervorgegangcn. Sein Vater, ein Bauernsohn aus Walden buch (zwischen Stuttgart und Tübingen gelegen), war als Stallknecht und Borreiter in den Diensten des Herzogs von Württemberg angestellt. Er war seit 1753 mit Anna Katharina Schempp, der Tochter eines Webers aus Holz maden <Amt Kirchheim), verheiratet, die ihm am 15. Oktober 1758 in Stuttgart einen Sohn, Johann Heinrich, gebar. In Stuttgart besuchte der kleine Heinrich in der evan gelischen Hospitalkirche den ersten Religionsunterricht, der Len Grund legte zu der tiefen Frömmigkeit, die sein ganzes Leben erfüllte. In dankbarer Erinnerung stiftete später der greise Künstler das Modell seiner zweiten Christusstatue in den Chor der Kirche, wo es noch jetzt steht. Als Herzog Karl 1771 beschloß, die neugegritndete militärische Pflanzschule aus der Solitüde auch Kindern seiner ärmeren Bedienten zugänglich zu machen, nahm er auch den flinken kleinen Danneker darin aus, da er ihn für das Ballett auszubilden wünschte. Man erkannte aber schon bald sein künstlerisches Talent und teilte ihn anfänglich den Malein, dann aber den Bildhauern zu. Die Akten der Karlsschule lauten allerdings nicht sonderlich günstig über ihn. Einen Kollegen bekam er 1772 in dem zwei Jahre älteren Philipp Jacob Scheffauer, und die Schicksale der beiden blieben beinahe durch zwei Jahrzehnte eng verbunden. Die Künstler an der Pflanzschule bestanden aus Archi tekten, Malern, Bildhauern, Stukkateuren, Kupferstechern, Gärtnern, Musikern und Tänzern. Schon aus dieser merk würdigen Zusammenstellung ersieht man, daß damals die eigentlichen Künstler noch keine allzu hohe soziale Stellung inne hatten. Danneckers erste Lehrer waren der Stukkateur Sonnen schein und der Bildhauer Adam Bauer, weiter der belgische Bildhauer Lejeune, der Maler Harper und vor allem der sranzösische Maler Nicolas Guibal, ein vorzüglicher Lehrer Als 1775 Herzog Karl die Militärakademie nach Stutt gart verlegte, wurden die Zöglinge der bildenden Künste von den geringeren -Professionisten» gelrennt. Zu den Kame raden Danneckers zählten Viktor Heidelofs, Hetsch und Schlotterbeck, seine besonderen Freunde waren Zumsteeg und Scharffenstein, vor allem aber Schiller. Mit diesem schloß er innige Freundschaft, der ec sein Bestes verdankte und die uns das herrliche Bildnis des Dichters schenkte. Über die erste Zeit der Freundschaft sind uns keine Doku mente überliefert; bekannt ist nur das Aquarell K. Heideloffs, das Schiller bei der Vorlesung der Räuber im Kreise der Freunde zeigt, unter denen sich auch Dannecker befindet. 1776 wurde dieser auf Lebenszeit sür die herzoglichen Dienste verpflichtet. Die früheste Arbeit, die auf uns gekommen ist, ist sein Milo von Krvton, sür den er 1777 einen Preis erhielt. An diesem Erstling läßt sich die spätere Entwicklung Danneckers noch nicht erkennen. Bemerkenswert ist aber das klare Herausarbeiten des Motivs; zugleich kann man trotz der unruhigen Komposition bereits ein Streben nach monumentalem Ausbau wahrnehmen. Der Preis bestand übrigens in einer großen kupfernen Taschen uhr, die Dannecker sein ganzes Leben lang getragen hat Am 15. Dezember 1780 wurde Dannecker, ebenso wie Scheffauer, als Hofbildhauer mit einem Gehalt von 300 Gulden aus der Anstalt entlassen. Beide wandelten 1783 zu Fuß nach Paris, wo sie in dem Atelier von Augustin Pajou sich während zweier Jahre weiter vervollkommneten. Herzog Karl gestattete ihnen dann, ihr Studium in Rom fortzu setzen. Auch dorthin gingen sic zu Fuß, denn ihre Mittel waren sehr knapp. Gerade zu jener Zeit vollzog sich der allgemeine große Umschwung zu gunsten des Klassizismus, und besonders Canova hat Dannecker auf dem Wege zur Antike bestärkt. Ob unser Künstler in Rom auch mit Goethe in Berührung kam, wissen wir nicht; zu einer näheren Be kanntschaft zwischen ihnen ist es wohl erst zehn Jahre später in Stuttgart gekommen. Für Dannecker und für Scheffauer waren die vier römischen Jahre die wichtigste Zeit ihres Lebens; sie bestimmten ein für allemal ihre künstlerische Richtung. Die beiden Hofbildhauer wurden mit einem Ge halt von 800 Gulden an der Karlsschule angestellt. Vermutlich im Winter 1790/91 entstand der erste »echte Dannecker--' das Mädchen, das um seinen toten Vogel trauert. Es ist eine der reizendsten Schöpfungen, die Dannecker je hervorgebracht hat, ein Werk, ganz aus dem Geiste der hellenischen Kunst heraus geboren. Dannecker hatte immer wieder nach Rom zurllckzukehren gesucht, und erst als er die siebzehnjährige Heinerike Char lotte Rapp heiratete, entschloß er sich, in der Heimat zu bleiben. Seine Frau war übrigens vermögend, da sie 6365 Gulden in die Ehe brachte, während er nach Tilgung seiner Schulden nur 66 Gulden hatte. Der ältere Bruder seiner Frau, der Kaufmann Heinrich Rapp, wurde Danneckers Freund. Er war ein Mann von feiner Bildung, der einen günstigen Einfluß auf den Bildhauer ausübte, ihm auch in geschäftlicher Beziehung viele Dienste leistete. Nicht immer arbeitete Dannecker unter günstigen Ver hältnissen. Herzog Karl war im Alter sparsam geworden und geizte mit Aufträgen. Zudem überstieg die Anzahl der angestellten Künstler weit die Bedürfnisse der damals noch kleinen Stadt Stuttgart. Herzog Friedrich Eugen und Herzog Friedrich II. (der spätere Kurfürst und König), die von Kunst wenig verstanden, bevorzuglen Scheffauer. Diesen suchte auch der »Deutsche Merkur» in den Vordergrund zu schieben, während Schiller und Goethe sich über die überragende Bedeutung Danneckers vollständig klar waren. Die Karls schule war übrigens 1794 ausgehoben worden, und damit hatte auch Dannecker seine Professur verloren. Am 8. Sep tember 1793 war Schiller, damals bereits ein berühmter Dichter, nach Ludwigsburg gekommen, wo er seinen Freund Dannecker traf. Schiller kam während des Winters häufig nach Stuttgart und siedelte Anfang März 1794 dahin über. Hier entstand das erste Modell seiner lebensgroßen Büste. Schiller kehrte am 6. Mai nach Jena zurück, und sein Besuch hinterließ bei Dannecker einen tiefen, außerordentlichen Ein druck. Man versuchte zwar, Schiller nach Tübingen zu ziehen, allein das gelang nicht. Schiller kam nicht wieder in seine Heimat, und so haben die beiden Freunde sich nie wieder gesehen. Sie blieben jedoch in einem zwar nicht sehr lebhaften, aber überaus herzlichen Briefwechsel. Mitte September schickte Dannecker den ersten Abguß der Büste an Schiller. Er hatte schon Marmor aus Carrara, bestellt und er bat Schiller, einen Käufer ausfindig zu machen; der Preis sollte 100 Louisd'or betragen. Schiller schrieb entzückt; »Ganze Stunden könnte ich davor stehen». Er redete sehr zur Marmorausführung zu und erbot sich selbst zum Kauf. Abgüsse erhielten auch Körner, Schillers Vater und der Stabsarzt Jacobi. Die Ausführung in Marmor verzögerte sich, so daß die Büste erst nach Schillers Tode an Wolzogen abgeschickt wurde. Mit der Kolossalstatue des Hektar trat Dannecker in formaler Beziehung in eine neue Phase, insofern die zwei Seiten seiner Künstlerschaft, Naturalismus und Stil, in ernst-
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