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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 24.02.1910
- Strukturtyp
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- 1910-02-24
- Erscheinungsdatum
- 24.02.1910
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44, 24. Februar 1910. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt f. d. Dlschn. Buchhandel. 2395 Es ist bekannt,'wie der durch den Nachdruck schwer gereizte Lessing der Meinung war, daß angesehene Buchhändler, u. a. Reich, sich verbündet hätten, um ihn zu schädigen. Er glaubte sich dazu berechtigt durch die »Nachricht an die Herren Buchhändler«, die dem Nachdruck beigefügt war und in der die Nachdrucker ihren Raub als die wohlverdiente Strafe eines Schriftstellers hinstellten, der sich unterfangen habe, seine Schrift selbst zu verlegen und so den Buchhandel zu schädigen. Die Frage, wer nun eigentlich Dodsley und Compagnie sei, wird in den Briefen, die Lessing und Nicolai im Herbst 1769 wechselten, lebhaft erörtert, im Anschluß an die Anzeige, in der Nicolai in der »Allgemeinen deutschen Bibliothek« die Hambur- gische Dramaturgie und zugleich ihren Nachdruck besprochen hatte, und in der er den Schlägen, die Lessing selbst am Schluß der Dramaturgie gegen die Nachdrucker ausgeteilt hatte, nach Kräften sekundierte. Lessing war durchaus nicht davon zu über zeugen, daß hinter Dodsley L Co. sich keine hervorragenden Buchhändler verbargen. »Suchen Sie mir es doch nur ja nicht auszureden, daß Reich und mehrere Buchhändler, wenn schon nicht unter der Compagnie von Dodsley begriffen, dennoch für ihre Unter nehmungen, den Gelehrten den Selbstdruck zu verleiden, sehr wohlgesinnt sind.« Nicolai widerspricht dem ganz entschieden und bricht eine Lanze für seinen Beruf. Nachdem er schon am 24. Oktober 1769 Lessing geschrieben: »Der Aufsatz wider Dodsley hat eine gute Wirkung gehabt. Die verkappten Dodsley müssen sich schämen wofern sich dergleichen verkappte Schleicher noch schämen können. Die andern Buchhändler haben mir Beifall gegeben, und Reich hat den Bogen aus der Bibl. nach Dresden ans Ober- consistorium geschickt, damit dem Nachdrucke in Sachsen gesteuert werde«, fährt er unterm 8. November fort: »Es ist mir sehr lieb, daß Sie mit meiner Rede wider Dodsley zufrieden sind. Da ich mich einmal als Buchhändler erklären wollte, so sehen Sie selbst, daß ich von verschiedenen Sachen auch als Buchhändler sprechen mußte. Ich wollte den Buchhändlern gern zugleich einige nöthige Wahrheiten sagen; also mußte ich ganz unpartheiisch zeigen, wie die Sache steht.« .... »Die verkappten Dodsley haben gar keine wirkliche Unter nehmung gemacht, den Selbstdruck der Gelehrten zu verhindern. Der Brief ist ein leeres Gewäsche, das bei keinem Buchhändler den geringsten Eindruck gemacht oder nur den geringsten Erfolg gehabt hat. Ich weiß aus vielen Proben, daß Reich, so wie alle Buchhändler, der Dodsleyschen Schleichhandlung sehr zuwider ist. Er hat noch diese Messe die Mad. Dyk (deren Curator und Vormund ihrer Kinder er ist) dahin gebracht, daß sie versprochen hat, ihren Diener, der eigentlich die Dodsleyische Commission be sorgt, auf Ostern zu verabschieden.« In einer Anmerkung zu einem Lessingschen Briefe vom 30. Oktober kommt Nicolai dann nochmals auf Lessingsche irr tümliche Auffassung und auf das mißglückte Lessingsche Unter nehmen überhaupt zurück. »Er machte«, heißt es da, »sich einen ganz falschen Begriff von der Buchhandlung und vom Verlagswesen. Daß seine Unter nehmung in Gesellschaft mit Bode nicht gelang, lag freilich daran, daß sie ihrer Natur nach nicht gelingen konnte, und daß auch in der Ausführung ganz gewaltige Fehler vorgingen. Aber Lessing glaubte fest, durch seine Unternehmung, die nur der erste Schritt zu mehreren ähnlicher Art sein sollte, würde der Handel mit Büchern eine ganz andere Gestalt gewinnen; daher bildete er sich ein, die Buchhändler hätten die Unternehmung gestürzt. Uber Reich war Lessing sehr empfindlich, weil ihm derselbe bei Gelegen heit einiger Komödien, die er der Weidmannschen Handlung in Verlag geben wollte, in der Tat ziemlich unartig begegnet hatte. Es war bekannt, daß Reich der Diktator der Buchhändler sein und in Allem, was dieselben anging, den Ton angeben wollte, und da Lessing sich einbildete, die Buchhändler in eoi-pors hätten die Dodsleysche Ankündigung vom Nachdruck angestiftet, so hatte er auch den Argwohn, Reich stecke dahinter. Aber er tat diesem sehr Unrecht. Welche Fehler auch Reich gehabt haben könnte, den Fehler, Nachdruck begünstigen zu wollen, hat er gewiß nicht.« Nicolai war aber dem Freunde nicht nur Berater und Mahner, er ist ihm auch Verleger gewesen, u. a. hat er die antiquarischen Briefe verlegt, und auch hier tritt Nicolais generöse Art zutage, obwohl er in jenen Tagen, 1769, selbst schwer zu kämpfen hatte und an Lessing damals schrieb, daß er seine Schrift über die Ahnenbilder in Verlag nehmen würde, wenn es dem Dichter an einem Verleger fehlen sollte; lieber wäre es ihm, wenn er sie einem anderen gäbe, da er (Nicolai) schlimmer Schulden halber seinen Verlag jetzt möglichst beschränken müsse. Die Fortsetzung der anti- quarischen Briefe würde jedoch erscheinen. »Ich werde Ihnen dann nie sagen«, bemerkt Nicolai dazu, »welcher Teil der anti quarischen Briefe der letzte sein soll. Das ist bloß des Verfassers Sache, und es taugt nichts, wenn sich der Verleger hineinmischt. Ich thue dies niemals, am wenigsten bei einem Freunde. Noch weniger kann es auf unsere Berechnung Einfluß haben. Ihre Assignation wird bezahlt werden, unsere Berechnung mag stehen, wie sie will. Auch künftig assignieren Sie, wenn Sie brauchen, und vergessen Sie nicht, daß dieFreundschaft Sie dazu berechtigt. Ich sehe die Notwendigkeit ein, wenn ich die Unternehmung meiner Handlung im ganzen überlege, streng als Kauf mann zu denken, aber es wäre für meinen Verstand immer als Kaufmann denken wollte. Ich hoffe, Sie werden nie vergessen, daß ich Ihr Freund bin, und seien Sie versichert, daß ich bei allen Gelegenheiten daran denke.« So könnte man viele Stellen aus dem Briefwechsel anführen, die davon Kunde geben, wie sehr Nicolai sich des großen Dichters angenommen und ihm seinen Rat gewährt hat. Auch gegen Samuel Georg Heinzmann, den Berner Buch händler und Kompilator, der gleichfalls Lessings Dramaturgie nachdruckte (Analekten für die Litteratur. Von Gotthold Ephraim Lessing. Dritter und vierter Teil. Bern und Leipzig, in der Haller'schen jBuchhandlung), ist er für den Freund ins Feld ge zogen und hat in jenem einen erbitterten Gegner gefunden. In seinem »Appell an meine Nation«, Bern 1795, kommt Heinzmann auf diesen Streit zurück. Da mir bekannt ist, daß Herr Fr. Kuhles in Dresden-Strehlen über Heinzmann arbeitet und seine Studien veröffentlichen will, nehme ich davon Abstand, näher auf die Streitfrage ein zugehen. Heinzmanu ist wohl nicht als gewöhnlicher Nachdrucker zu bezeichnen; ihn leiteten edlere Motive und nicht bloße Ge winnsucht. Nicolai hat sich später vielleicht zu sehr damit gebrüstet, auf Lessing, wie auf Moses Mendelssohn großen Einfluß ge habt und sie zu manchen Arbeiten angeregt zu haben; in den Lernen ist diese Sucht mit Recht verspottet und gegeißelt worden. Zu leugnen ist nicht, daß er in seinen jungen Jahren als litera rischer Fortschrittler den Platz neben Lessing würdig ausgefüllt hat, dann allerdings immer einseitiger, trotziger, rechthaberischer wurde und fast mit jedermann in Streit und Fehde geriet. Selbst Lessing wurde in seinen letzten Lebensjahren gegen Nicolai immer einsilbiger und kühler. Die Theologie, sagt Lessings Bio graph Erich Schmidt, von andern Hindernissen abgesehen, trat auch hier dazwischen; ja Lessing fragte den Verleger der All gemeinen deutschen Bibliothek einmal schroff, ob er die Partei seiner geistlichen Kämpen nehme, die den Fragmentenstreit an fangs totgeschwiegen, bis er mit größerem Arger sah, »wie arm selig die Blindschleiche (Lüdke) dahergerutscht« kam. Es ist ein Vorklang der »Lenien« und der romantischen Treibjagd, wenn Herder nun freundschaftlich eine fortwirkende Schuld Lessings darin erblickt, »daß er sich einst in den Literaturbriefen die Schuhe von Nicolai habe nachtragen und verschleißen lassen. Lessing verleugnete den alten Kumpan oder meint spaßhaft: Nicolai kümmere sich im Grunde weit mehr um einen guten Braten und um lächerliche Schnurren als um Kunst und Wissen schaft — und wenn ihr ihn nicht leiden mögt, so schafft ihn doch weg!« Ganz im Gegensatz zu seiner Unverträglichkeit mit den litera rischen Größen der späteren Zeit ist es, wenn er denen, mit denen er einst Freundschaft geschlossen, der treue Freund zeitlebens bleibt, (mit der einzigen Ausnahme von Woellner, der, als er der allmächtige Günstling Friedrich Wilhelms II. wurde, aus einem Freund ein Gegner wurde), und wenn er mit den vielen, beinahe zweihundert Mitarbeitern an der »Allgemeinen Deutschen Bibliothek« die vielen Jahre lang ein ungetrübt freundliches Ver hältnis aufrecht erhält. Diese schwere Aufgabe hat Nicolai mit völliger Unterordnung seiner eigenen Person getan, er hat 309*
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