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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 02.03.1910
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1910-03-02
- Erscheinungsdatum
- 02.03.1910
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- Deutsch
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- Saxonica
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2690 Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. ^ 49, 2. März 1910. entstehe, und nicht Edelthat sey. So viel ich absehn kann, habe ich dadurch Herrn Goethe nichts zu nahe gethan.« Er betont, daß er dem Talent des Dichters stets Gerechtigkeit habe wider fahren lassen. »Ich habe überdies; seinen Talenten, zwar nicht in dem kindischen Trompetenton, mit dem ihn Zeitungsschreiber ausposaunen, aber in dem Ton eines vernünftigen Mannes, der sein Genie schätzt und sein Wort tief empfunden hat, Gerechtig keit widerfahren lassen. Daß ich mich anständig gegen Hrn. G. aufgeführt, darf ich mir zwar wohl gegen ihn nicht zum Verdienst rechnen. Denn Er scheint festgesetzt zu haben, daß Anständigkeit wo nicht lächerlich, doch gleichgültig sey. Doch denkt er dabey vielleicht nur auf das was er gegen andere thut, nicht was andere gegen ihn thun können.« - Nicolai versichert, daß ihn die Angriffe im Prometheus nicht kränken. »Kennen Sie mich noch nicht so gut, daß Sie wissen, ein rechtschaffner Mann könne über das was ich schreibe und thue, alles sagen, und ich könne es ohne verdrießlich zu werden er tragen und beantworten? Und vollends über den Prometheus konnten Sie mir Alles sagen. Ich bin dadurch nicht einen Augen blick unmuthig geworden. Wüßte auch nicht warum, da mich Nichts trist —.« Merck hatte inzwischen schon Nicolai über sein Stillschweigen beruhigt; als Freund der beiden Beteiligten hat er es vermieden, sich in den Streit zu mischen, obwohl er es in beider Interesse für besser gehalten hätte, wenn er bei Goethe gewesen und diesen beeinflußt hätte. Er hält übrigens Goethe für den Verfasser des Prometheus und verurteilt diese Schrift- Er schreibt u. a.: »Verzeihen Sie mir mein langes Stillschweigen, besonders über das mir *überschickte Exemplar von den Freuden des I. W., ich wollte Ihnen Anfangs darüber schreiben, allein es entstand sogleich ein unvermuthetes Kriegsfeuer darüber in Sachsenhausen und der Orten, daß ich kein Wort auf beyden Seiten darüber verliehren wollte, aus Furcht, mich in fremde Händel zu mischen, u. den Verdacht einer Trätscherey auf mich zu laden. Wenn ich bey Goethe und nicht Jacobi bey ihm gewesen, so will ich hoffen, daß der Lärm nicht so laut geworden seyn würde. Er scheint indessen die Folgen schon zu empfinden, weil er sogar gegen mich als Herzensfreund auf Ehre und Treue lüugnet, daß er der Ver fasser des Prometheus sey. Aus einer gedruckten Erklärung werden Sie gesehen haben, daß ein gewisser Wagner der Verfasser davon st, ob ichs gleich nicht glaube. — Mir, und allen Leuten, die um partheyisch dachten, schien ihre kleine Schrift ein wohlgerathenes Gegengift gegen alle das Gewäsch der unmündigen u. kraftlosen Seelen, die That u. Entschluß ewig auf der Zunge tragen, u. doch dem geringsten Strich auf ihrem Schnecken- Wege nicht entgegenzukriechen vermögen. Das Gesumse der Buben und das Gewimmere der Mädchen hat lange genug ge dauert, daß man endlich aus Ungeduld ein wenig Stillschweigen gebieten konnte. — Ich habe bey der Nec. nichts vom Inhalte der beyden Schriften gedenken wollen, weil sie in jedermanns Händen sind. »Haben Sie nöthig, irgend jetzo wegen geänderter Umstände anders von beyden in ihrer Bibl. öffentl. reden zu lassen, so unter drücken Sie meine Recension, und es geschieht mir dadurch ein wahrer Gefallen, weil mich Goethe gewiß erkennt und in seiner eigenen Sache so blind ist, daß ihn auch das kälteste seinem Gegner gegebene Lob aufbringen kann. Ein Genie ist einmal ein böser Nachbar, u. ich möchte, wie Sie leicht einsehen, es mit ihm nicht gerne verderben.« — Nicolai hat fortan an allem etwas auszusetzen, was Goethe unternimmt; er stichelt über das Gedicht zum Schluß des ersten Bandes von Lavaters Physiognomik: »Was hat Hr. Goethe gedacht, als er das Lied am Ende des ersten Theils der Physiognomik schrieb? Im Ernste kann er so etwas fast unmöglich schreiben, und war's Frauenblick, so — doch ich mag hier Nichts weiter sagen. In dem XXVI. Bd. der Bibl. habe ich über seine kleine Pasquille meine Meinung ganz frei- müthig gesagt. Ich kann zu vielen Dingen öffentlich ganz wohl schweigen, aber, wenn ich rede, so sage ich meine Meinung ganz frei heraus. So ist meine Art. Was Hr. Göthe über diese Re cension denkt, werde ich vielleicht nicht erfahren; aber ich wünschte sehr, Ihre offenherzige Meinung davon zu wissen, so wie auch über die Anzeigen, die ich Ihrer Recension der beiden Werther's angehüngt habe. »Ein fliegendes Blatt: .Menschen, Thiere und Göthe' hat mir, ich will es nicht läugnen, gefallen, weil es voll Geist ist, und auch, weil es mich vertheidigt. Ich versichere Sie aber bei meiner Ehre, der ich den Verfasser nicht kenne, daß ich es auf keine Weise, nur wissend, veranlaßt habe, daß ich noch nicht weiß, was den Verfasser dazu mag veranlaßt haben, der mir ganz unbekannt ist- In Zürich bei Orell ist es gedruckt. Wofern Sie etwas von dem Vers, hören, so ist's mir angenehm, wenn Sie mir's melden.« — Nicolai beabsichtigte, seiner Bibliothek ein Porträt Goethes beizufügen und fragte Merck, ob er dies billigen würde: »Ich besitze ein Profil von Goethe's Kopf, allem Ansehn nach von Lavater mit Bleistift und sehr wenigem Schatten gezeichnet. Es mag wohl ähnlich seyn, wenigstens enthält es sehr individuelle Züge. Ich wollte es für die Bibl. stechen lassen, wenn ich gewiß wäre, daß Er es nicht für Schmeichelei und Andringlichkeit an nehmen wollte. So sehr ich das Wohlwollen eines Mannes von Talenten schätze, so mag ich doch nicht durch Hinterwege hinein dringen. Man meldet mir ohnedies Wunderdinge von seinem Zorn wider mich, die, wenn sie wahr sind, mich nicht zu gleichem Zorne, aber vielmehr zu wahrem Mitleide bewegen würden; denn ich habe von meiner ersten Jugend an keine Ader davon em pfunden, Groll über ein Urthell, das von mir gefällt wird, zu schöpfen.« — Einige Wochen später kommt Nicolai dann nochmals ans den Groll Goethes gegen ihn zurück und bedauert wiederum, daß es ihm ferngelegen habe, Goethe zu kränken und zu be leidigen, er habe nur getan, wozu jeder selbständige Schriftsteller befugt sei. »Man meldet mir glaubwürdig«, — heißt es in diesem Schreiben von; 28. Dezember 1775 — »welche sehr ungezogenen Reden Hr. Goethe in Frankfurt gegen mich ausgestoßen hat, der ich ihn nie beleidigt, sondern mich nur des Rechts bedient habe, das jeder Schriftsteller hat, zu schreiben, was ihm gut dünkt, und dabei die größte Hochachtung für Hrn. G. Talente bezeugt habe. »Man meldet mir eben so glaubwürdig, G. habe D. Jung zu der Herausgabe des erbärmlichen Dinges .Die Schleuder des Hirtenknaben' aufgemuntert, und, da er Schimpfworte ausstreichen wollen, die Worte gesagt: ,Er wolle ihn in Schutz nehmen, wenn er angegriffen würde.' ki^um teueg-bis. »Ich habe einen Brief in Händen gehabt, worin ein namentliches Pasquill auf mich: »Ourang Outang von einem vertrauten Freunde des Herrn G.« einem Buchhändler zum Ver lage angeboten wird. Eben dies Ding wird schon in den Hamburger neuen Zeitungen, Nro 204, im Voraus angekündigt. »Ich schreibe Ihnen dieses, m. bester Fr., damit Sie es wissen, und es allenfalls durch Sie auch Hr. Göthe wisse, daß ich von allen den kleinen Menöen, die ihm wahrhafte Schande machen, unterrichtet bin, und daß ich sie verachte. Ich leide oabei freilich, aber nicht meinetwegen, sondern weil es mir wehe thut, daß ich einen Mann, den ich so gern hochschätzen möchte, verachten muß. »Übrigens werde ich allemal geradezu gehen, wie ich bisher gethan habe. Ich halte mich zu gut, einen solchen Streit zu führen, und meine Zeit zu gut, sie daran zu wenden; daher schweige ich, so lange es möglich ist. Wenn es aber Herrn G. einfallen sollte, mit mir zu spielen, wie die Katze mit der Maus spielt, oder wie er mit Wieland gespielt hat, und noch spielet, so dürfte es ihn gereuen. Denn ich weiß, ohne mich rühmen zu wollen, daß ich vor dem Publikum sehr bald mit ihm fertig werden wollte. Unbändige Eitelkeit hat die ganze Welt wider Wielanden aufgebracht. Hui! daß es Goethen nicht auch so gehet! Und wie leicht kann er dann zurücksteigen, Erwin und Stella sind schon Stufen hernieder, nicht herauf! »Wenn Sie, m. bester Fr., nicht der brave, rechtschaffene Mann wären, der Sie sind, so wäre meine Offenherzigkeit unbescheiden. Aber ich rede zu Ihnen, wie ich zu mir selbst rede. Es thut mir wehe, daß ein so treffliches Genie aus Eigensinn, Eitelkeit und Seltsamkeitsbegierde seine großen Talente nicht braucht und miß braucht. Die Beleidigungen gegen mich rechne ich an sich wenig, denn sie schaden mir nicht.« — Merck kann nicht umhin, Freund Goethe in Schutz zu nehmen und zu entschuldigen, er schiebt Zwischenträgereien die Haupt schuld zu und verurteilt aufs herbste die vermeintlichen Freunde,
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