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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 31.01.1910
- Strukturtyp
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- 1910-01-31
- Erscheinungsdatum
- 31.01.1910
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- Deutsch
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24, 31. Januar 1910. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt s. d. Dtschn. Buchhandel. 1303 (vr. Möntleberg) sehr interessante und sehr einschneidende Kritik des ersten Satzes des Ausschußantrages zu geben, welcher sich mit unsittlichen Schriften beschäftigt. Der Ausschußantrag unterscheidet ja und mit Recht zwischen unsittlichen und sog. Schundschriften, von denen Herr Krause zuletzt und fast ausschließlich gesprochen hat. Insofern der Au-Zchußantrag aber beginnt damit und sagt, diejenigen Schriften und Bildwerke und was dahin gehört, ich meine natürlich alles, diejenigen Schriften, ich sage nur Schriften, um nicht alles zu wiederholen, die in sittlicher Beziehung Ärgernis erregen, die sollen verboten sein, so hat er in der Tat damit garnichts Neues Worte, und zwar wörtlich abgeschrieben aus der Gewerbeordnung, entnommen aus einem unserer ältesten und würdigsten Gesetze, denn unsere Gewerbeordnung ist aus dem Jahre 1869. Es ist meines Erachtens eine unberechtigte Kritik, dem Ausschuß daraus sittlich, was verstehen wir denn unter sittlich, darüber sagt der Ausschuß garnichts. Ich glaube, Herr vr. Popert wird recht haben, wenn er erwidert: da diese Bestimmung seit 40 Jahren in der Gewerbeordnung steht, habe ich angenommen, daß jedermann wüßte, was darunter zu verstehen sei, und man wird nicht von mir verlangen können, daß ich die viel älteren Juristen noch darüber aufkläre. Dieser Vorwurf ist wohl nicht berechtigt, und Herr vr. Popert würde es leicht haben, wenn er es noch wünscht, weiter darauf einzugehen, diesen Vorwurf zurückzuweisen, und von dem andern kleinen Versehen, das Herrn vr. Wolffson passiert ist, will ich natürlich nicht reden. Ich glaube nicht, daß der geehrte Herr sich vier Monate darauf vorbereitet hat, ich habe es auch nicht getan, noch glaube ich, mit Herrn Krause, daß etwas Außer ordentliches passiert sein soll. Es genügt, festzustellen, daß wir uns nicht bange machen zu lassen brauchen, daß, wenn die Polizei ein unsittliches, ein unpassendes Buch konfisziert, irgend jemand 14 Tage oder überhaupt nur eingesteckt werden könnte, um ist in der Tat nicht möglich, und davor brauchen wir uns auch nicht zu fürchten. Aber, m. H., damit ist auch mein Lob für den Ausschußantrag beendet. (Heiterkeit.) Es bleiben immer noch drei so große Bedenken übrig, daß ich in der Tat den beiden Kritikern nur zustimmen und Ihnen nur raten kann, den Ausschußantrag in seiner ersten Nummer abzulehnen, denn weder kann ich es für zulässig halten, die Straßenordnung hier in Bewegung zu setzen, noch kann ich es für glücklich halten, die Schundliteratur in der hier vorgeschlagenen Form anzufechten, nämlich dann, wenn sie die Phantasie besonders errege, und drittens kann ich mich nicht für den neu vorgeschlagenen Ausschuß interessieren, trotz der Er klärung, die Herr Krause soeben dafür abgegeben hat. Über den Ausschuß nur noch zwei Worte. Es ist gar keine Frage, daß die Polizei gut tut, sich unter Umständen bei Sach verständigen zu erkundigen; soviel ich weiß, tut sie es heute schon. Deshalb braucht man aber nicht einen Ausschuß, von der Bürger schaft gewählt mit gänzlicher Hintansetzung aller staatsrechtlichen Bedenken, einen von uns gewählten Ausschuß, der der Polizei in dieser Weise zur Seite träte; einen Ausschuß, von dem Herr I)r. Wolffson sehr mit Recht gesagt hat, daß er immer zu früh oder zu spät kommen würde. Zu früh dann, wenn die Polizei ihn fragen soll, bevor sie das unpassende Buch konfisziert, und zu spät, wenn wir absehen müssen, und ebenso werden wir davon absehen müssen von dem gesetzgeberischen neuen Gedanken, der die Schundliteratur treffen soll und mit den Worten des Ausschusses solche, die die Phantasie der Kinder in bedenklicher Weise erregt, erledigen will. M. H.1 Das Gesetzgeben ist eine ganz verzweifelt schwierige Sache. (Heiterkeit.) Vor reichlich 100 Jahren hat einer unserer größten Juristen, der jedem anwesenden Juristen bekannt ist, ein sehr schönes Buch geschrieben und den Beruf zur Gesetzgebung seiner Zeit gänzlich abgesprochen. Das war natürlich übertrieben, und wenn der geehrte Herr wiederkäme, und die Flut von neuen Gesetzen ansähe, und darunter auch sehr gute Gesetze, so würde er vielleicht etwas anderer Meinung sein. Wenn er aber hörte, daß heutigen Tages Ausschüsse, bestehend aus sechs Laien, sechs ausgezeichneten Laien, und einem Juristen, daß die ansingen, Gesetze zu geben, dann würde er, glaube ich, sofort in sein Grab zurückkehren. (Heiterkeit.) M. H.! So leicht ist die Sache wirklich nicht, und auch nicht so leicht, wie sie Herr Krause uns schildert von seinem Rektor, ich habe den Namen vergessen. (Ruf: Wolgast!) Das ist gewiß ein vorzüglicher Mann, es ist auch an sich ein sehr fruchtbarer Ge danke, daß man das aber so ohne weiteres gesetzlich regeln könnte, daß eine solche Kommission wirklich darüber beschließen soll, welche Bücher verkauft werden dürfen, scheint mir doch unmöglich zu sein. Und vor allen Dingen, um mich zum Ausschuß zu wenden, wie ist es denkbar und wie kann es zu Recht bestehen, daß wir diese Sache bei der Straßenordnung erledigen? M. H., die Straßenordnung hat doch wirklich einen ganz anderen Zweck, darauf hat Herr l)r. Philippi ja mit Fug und Recht hingewiesen, wenn auch nicht in sehr höflicher Form gegeüber seinem Frak tionskollegen (Heiterkeit), aber so trefflich hingewiesen wie nur irgend möglich, und ich meine von einem anderen Gesichtspunkte aus, von einem sozusagen höheren Gesichtspunkte aus sollte der Ausschuß diese Vorschläge fallen lassen. Herr vi-. Popert ist ganz davon überzeugt, daß es möglich sei, im Wege der Polizeigesetz gebung zur Ergänzung der Bestimmungen der Reichsgesetzgebung zu gelangen. Es mag sein, daß er darin recht hat, und bis zu einem gewissen Grade folge ich ihm; aber damit ist doch nicht ge sagt, daß die Sache in die Straßenordnung hineingehört; und der Gedanke von unserem verehrten Herrn O. Rode, »weil wir die Straßen reinhalten wollten nach unserem Mandat, das wir im Ausschuß bekommen haben, deshalb haben wir zur Straßen ordnung gegriffen«, der ist auch ein kleines bißchen vorbeigehend. So ist das natürlich nicht gemeint. Aber ich will nicht weiter darauf eingehen. Ich möchte nur den höheren Gesichtspunkt be tonen und fragen: ob es wirklich richtig ist, daß wir hier in Ham burg ein Spezialgesetz machen. Ich glaube, Herr Krause hat es auch schon gesagt: ist denn das wünschenswert, ist das empfehlenswert, sind denn Schmutz und Schund eine hamburgische Eigentümlich keit? (Heiterkeit.) Ist es denn in dieser Beziehung, in sittlicher Be ziehung so schlimm gerade bei uns mit derartigen gefährlichen und bedenklichen Büchern für die Jugend bestellt? Das gerade Gegenteil ist ja der Fall! Den Beweis hat uns ja der Ausschuß geliefert. Hier sind die verschiedenen Schriften und Klagen aus ganz Deutschland aufgeführt, aus Düsseldorf, München, Dresden, Basel, überall! Mit großem Geschick hat der Herr Berichterstatter des Ausschusses diese Schriften gesammelt und damit den Beweis geliefert, daß es sich nicht um Schriften handelt, die gerade uns Hamburger interessierten, sondern die jede andere gute deutsche Stadt genau so interessieren, und deshalb ist meiner Ansicht nach der einzig richtige Weg, daß wir die Sache durch die Reichsgesetz gebung regeln, selbst dann, wenn es möglich sein sollte, mit unserem Polizeigesetz dagegen vorzugehen. Und das trifft auch zu auf den verehrten Kollegen Herrn Wolfhagen, der die Straßen ordnung vermeiden will, aber ein spezielles hamburgisches Polizeigesetz zur Reinigung der Straßen und Schaufenster, der ein Polizeigesetz geben will, — immer vorausgesetzt, daß es möglich wäre, was ich jedoch für zweifelhaft halte. Wenn nun zwei Juristen in so eingehender, so überzeugender und wohlmotivierter Weise wie die Herren Vorredner gegen die Zulässigkeit gesprochen haben, dann darf ich wohl wirklich mit Fug und Recht fragen: Wie gedenkt denn der Ausschuß damit weiter zu kommen? Schließlich kann er doch nichts weiter tun, und wenn er mit Engelszungen redete, bis morgen früh 7 Uhr, als zu sagen: es kann sein und es kann nicht sein. (Zuruf.) Sie sind überzeugt, daß es richtig ist, die anderen Herren sind über zeugt, daß es nicht richtig ist! Wollen Sie es unternehmen, die beiden Herren Gegner, Herrn vr. Wolffson und Ihren Fraktions genossen Herrn I)r. Philippi, zu überreden? Also, es bleibt zweifelhaft, und man kann der Bürgerschaft nicht zumuten, den Antrag anzunehmen, der zum mindesten doch sehr zweifelhaft ist. Das werden wir nicht tun, Herr vr. Popert, und deshalb halte ich es für das einzig Richtige, daß Sie Ihren Antrag zu rückziehen. Sie können nicht verlangen, daß 160 — so viele sind wir nicht ganz heute abend, aber 100 und einige — Mitglieder zu Gericht sitzen über eine juristische Frage und entscheiden sollen, was zulässig ist nach der Neichsgesetzgebunq und was nicht. Aber deswegen, glaube ich, ist auch der zweite Antrag Wolfbagen abzu lehnen: Zurückverweisung an den Ausschuß! Öllauben Sie denn 169*
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