Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 31.01.1910
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1910-01-31
- Erscheinungsdatum
- 31.01.1910
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19100131
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-191001313
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19100131
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1910
- Monat1910-01
- Tag1910-01-31
- Monat1910-01
- Jahr1910
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Nichtamtlicher Teil. ^ 24, 31. Januar 1910. (De. Mönckebcrg) selbst, wenn Sie noch 4 Juristen hineinschicken, daß die alle der selben Meinung sein werden? (Heiterkeit! Ruf: Gibt es gar nicht!) Was wird daraus wieder zutage kommen? Gerade so wenig wie vorher. Es ist das einzig Richtige, davon abzusehen! Nun will ich bei dem Gerechtigkeitssinn, der uns alle gegen über dem Ausschuß beseelt und mich ganz besonders beseelt hat, gerne zugeben, daß der Weg, den meine Freunde und ich Vor schlägen, vom Ausschuß bereits angedeutet ist; der ist auch nicht neu entdeckt, sondern etwas ganz Selbstverständliches. Glaubt man und muß man glauben, daß die Bestimmungen der Reichs- geseßgebung nicht ausreichen, so muß man dafür sorgen, daß sie verbessert und amendiert werden. Das ist ein sehr guter Ge danke, den Sie selbst gehabt haben. Wenn Sie sagen: Den Weg haben wir nicht gewählt, weil der andere Weg schneller ist, da werde ich doch wohl fragen dürfen: Welcher Weg ist der bessere, der, der weiter ist, aber zum Ziele führt, oder der kurze Weg, der abseits führt? Ich glaube, auch Sie werden im gewöhnlichen Leben den ersteren nehmen, und das wird ganz gewiß der beste sein. Nun, m. H., komme ich zu unserem Antrag, um Ihnen den zu empfehlen. Gestatten Sie, da leider unsere Beratungen sich immer etwas verzögern, ganz kurz zu rekapitulieren, wie es mit der Neichsgesetzgebung ist. Also, wir haben vier verschiedene Be stimmungen. Erstens in der Gewerbeordnung, die wir ersten schon angezogen haben, weitgehend, durchaus brauchbar, juristisch zulässig und eine seit 40 Jahren geltende Bestimmung: Auf der Straße sollen verboten werden, solche Bücher und solche Bilder und was dahin gehört, die in sittlicher Beziehung Ärgernis zu erregen geeignet sind. M. H.! Ich sage: Eine vollkommen klare und in ihrer Art geeignete Bestimmung, aber sie hat leider einen Haken! Die Sache bezieht sich nur auf den Trödelverkauf und ist durch § 42 b ausgedehnt auf den Betrieb von Haus zu Haus, auf den Kleinverkauf. Aber es handelt sich dabei, immer nach dem Gesetz, nur um dasjenige, was auf der Straße geschieht, und dasjenige, was der Ausschuß und wir mit dem Ausschuß treffen wollen: Dasjenige, was an der Straße geschieht, sei es im Schau- fenster der Bücherläden, sei es, wie Herr Krause richtig bemerkt, in diesen Aushängekästen, das wird nicht getroffen! Und nun bitte ich Sie, sich zu vergegenwärtigen, ob das ein verständiger oder auch nur erträglicher Zustand ist: Wenn ich über die Straße gehe, dort auf der linken Seite auf einer Karte darf ein Bild oder ein Buch nicht ausgelegt werden, was in sittlicher Beziehung nicht einwandfrei ist; rechts im Bücherladen darf es ausgelegt werden? Ich glaube, jeder von Ihnen wird selbst sagen, wo liegt denn da der Unterschied? Dem Richter ist gar kein Vorwurf zu machen, denn wenn im Gesetz gesagt wird »auf der Straße«, dann kann der Richter nur das nehmen, was auf der Straße passiert. Aber der Gesetzgeber soll einen Schritt weiter gehen, und wenn er ver ständig ist und das eine verhindert, daß nämlich solche Bücher auf der Straße gehandelt werden sollen, dann soll er auch den Worten »auf der Straße« die Worte »an der Straße« hinzufügen. Darum meine ich, daß Herr vr. Philippi in seiner Kritik zu weit gegangen ist, wenn er sagte: Mit der Gewerbeordnung ist gar nichts anzu fangen. Gewiß, sehr viel ist mit der Gewerbeordnung anzufangen, wenn man so verfährt, wie ich eben angedeutet habe! Und dann die weiteren Bestimmungen des Strafgesetzbuches: 8 184 gegen direkt unzüchtige Schriften usw., 184 a. gegen die zwar nicht un züchtigen, aber schamlosen Werke und 184 b! Ja, das ist wieder ein Paragraph, von dem Herr vr. Philippi sagt: Hiermit ist nichts anzufangen, der gehört nicht hierher! Der gehört außerordentlich hierher, das ist nämlich die Bestimmung, daß aus den Gerichts verhandlungen, bei denen die Öffentlichkeit ausgeschlossen ist, kein Bericht in die Zeitungen kommen soll. Wenn man das Mandat des Ausschusses so auffaßt, wie es gegeben ist, wenn man sich nicht sowohl an die Straßen als an den Schutz der Jugend klammert, so darf ich Sie in der Tat fragen, ob diese Bestimmung des Reichsgesetzes, die auf dem richtigen Wege ist, wirklich weit genug geht. Ich darf Sie fragen, und ich glaube, allseitiger Zustimmung sicher zu sein, wenn ich sage: daß sie nicht weit genug geht. Sehen wir nicht alle Tage, daß über Sensationsprozesse, die immer häufiger zu tage treten, Zeitungsberichte erscheinen, die wirklich in jeder Beziehung geeignet sind, auf das allerschädlichste zu wirken? (Sehr richtig!) Nicht in allen Zeitungen, selbstverständlich nicht; es gibt Zeitungen, die in der Weise sehr anständig und sehr taktvoll Vorgehen. Aber Sie wissen, daß es eine Menge Zeitungen gibt, die nicht taktvoll und nicht anständig Vorgehen, die wahrhaft in Schmutz wühlen; ich darf nur an den Eulen burg- und den Steinheil-Prozeß (Zurufe: Hau!) erinnern. Wenn ein solcher Prozeß in den Zeitungen mit allen Details des Vor lebens solcher kriminellen Persönlichkeiten wiedergegeben wird, so daß wir über eine Pariser Courtisane unterrichtet werden, als wenn sie die bedeutendste Persönlichkeit der Welt wäre, so frage ich: ist das erträglich? Mir haben Familienväter oft gesagt, daß sie die Zeitungen verstecken und verschließen müßten, damit sie nicht ihren Kindern in die Hände fielen! (Sehr richtig!) Nun ist es gewiß sehr schwierig, dagegen einzuschreiten; gewiß ist es nicht nur Neugierde, sondern ein allgemeines Recht der Er- wachsenen, zu hören, was in der Welt vorgeht; aber die Sache darf nicht übertrieben werden. Hier stimme ich mit Herrn v. Rode und dem allein gesunden sozialen Standpunkt überein, daß Rücksichten genommen werden müssen, daß man nicht zu gunsten der Alten die Kinder einfach beiseite lassen kann, daß sie in dieser Weise durch die Zeitungslektüre verderbt werden. Ein kleiner Rückblick auf den zweiten Antrag des Ausschusses und den des Herrn vr. Philippi, der sich speziell damit be schäftigt, daß die Jugend ermahnt werden soll. M. H.! Ich frage Sie — und hier sitzen so viele Schulmänner —: Ver sprechen Sie sich viel davon? An Ermahnungen fehlt es schon heute nicht! Es ist schon lange her, daß ich zur Schule ging, aber wenn ich durch die Straßen gehe und sehe solche unzüchtigen Bilder aushängen, oder ich lese in den Zeitungen solche Skandal prozesse, da frage ich: was nützen da alle Ermahnungen! Die Versuchung wirkt viel mehr als ein Dutzend Ermahnungen. Und wenn Herr vr. Philippi sagt: Vor jeder Versuchung können wir die Kinder doch nicht schützen, deshalb sollen wir garnichts tun, so glaube ich daraus entnehmen zu dürfen, daß der geehrte Herr wohl niemals Kinder erzogen hat, sonst würde er hierüber sehr viel strenger denken und mit uns sagen: Was geschehen kann, um derartige Versuchungen von den Kindern abzuwenden, das wollen wir tun. (Sehr richtig!) Es bleibt dann, das ist unzweifelhaft der Hauptpunkt, der Paragraph, der sich mit den schamlosen und unzüchtigen Büchern beschäftigt. M. H.! Was die wirklich unzüchtigen Bücher anbelangt, so genügen meines Erachtens die Bestimmungen des Gesetzes vollkommen, denn sie verbieten den Vertrieb unzüchtiger Schriften und Abbildungen auf das weitgehendste, sie verbieten, um mich kurz zu fassen, das Feilbieten; solche wirklich unzüchtigen Bücher dürfen nicht feilgeboten werden, damit dürfen sie, was Herr v. Rode schon be tont hat, auch nicht in den Schaufenstern ausgelegt und damit nicht auf die eine oder andere Weise unter die Jugend gebracht werden. Ergänzt hat man dieses Gesetz dahin, daß nicht nur unzüchtige, sondern daß auch diejenigen Bücher und Bilder verfolgt werden sollen, die die Schamlosigkeit gröblich verletzen. Herr vr. Philippi hat Ihnen vorgelesen — es ist bekannt, es ist 10 Jahre her —, daß der Antrag weiter ging, daß die Regierungsvorlage auch hier den Vertrieb einschränken wollte. Aber es ist abgelehnt! Es ist abgelehnt worden vom Reichstage, und wir haben jetzt das merkwürdige und für den Unbefangenen wirklich kaum ver ständliche Resultat, daß schamlose Bücher vertrieben werden dürfen, daß die Schamhaftigkeit gröblich verletzende Werke aus gelegt werden dürfen mit der einzigen Einschränkung, daß sie nicht speziell einem Kinde unter 16 Jahren verkauft oder über liefert werden dürfen. Und wenn man nun fragt: wie ist diese Unterscheidung möglich, wie ist es denkbar, wie kann ein sittlich denkendes Volk sich dabei beruhigen, daß Werke, die die Scham haftigkeit gröblich verletzen, in dieser Weise feilgehalten werden dürfen? Ja, m. H., wenn man nicht wüßte, wie es entstanden ist, dann würde es kein vernünftiger Mensch verstehen. Es liegt das daran, daß man gefürchtet hat, damit Kunst und Wissenschaft, die Künstler und die Literaten, zu beschränken, daß man in der Tat gemeint hat, wenn es nicht erlaubt wäre, solche Werke aus zulegen, würde die Wissenschaft erheblich behindert werden! Und unser verehrter Herr vr. Wolffson hat uns in dieser Beziehung Schreckbilder vorgemalt und gemeint, wenn das nicht möglich wäre, würde keine Universität nach Hamburg kommen. Ob eine Universität nach Hamburg kommen wird, weiß ich nicht; — ich glaube es nicht, ich werde es ganz gewiß nicht erleben
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder